RS Vfgh 1990/12/6 V164/90, V165/90, V168/90, V187/90, V255/90, V297/90, V475/90

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Veröffentlicht am 06.12.1990
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art11 Abs1 Z3
B-VG Art15 Abs1
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
Tir GemeindeO 1966 §4 Abs1
Tir RaumOG §12 Abs3
Tir RaumOG §26
Tir RaumOG §28 Abs3 lita
Tir RaumOG-Nov 4., LGBl 88/1983, ArtIII

Leitsatz

Kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot durch die in §12 Abs3 Tir RaumOG vorgesehene Widmungsart "Wohngebiet für förderbare Wohnbauten"; keine Zugehörigkeit dieser Regelung zum Kompetenztatbestand "Volkswohnungswesen" mangels wohnbauförderungsrechtlichen Inhalts; bloßes Anknüpfen des Raumordnungsgesetzgebers an wohnbauförderungsrechtliche Bestimmungen; keine gesetzwidrige Änderung von Flächenwidmungsplänen hinsichtlich der Widmung von Grundstücken als "Wohngebiet für förderbare Wohnbauten"; Zulässigkeit einer Änderung in Anwendung einer neu eingeführten Ermächtigung auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes; gesetzeskonforme Wahl des vereinfachten Verfahrens zur Erlassung dieser Verordnungen; Recht der Stellungnahme zum aufgelegten Entwurf für alle Gemeindebewohner iSd Tir GemeindeO, somit auch für Liegenschaftsbesitzer von Zweitwohnsitzen; keine Bedenken gegen die mangelnde persönliche Verständigung der Gemeindebewohner von der Auflegung des Entwurfes

Rechtssatz

Kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot durch die in §12 Abs3 Tir RaumOG vorgesehene Widmung "Wohngebiet für förderbare Wohnbauten".

Der Landesgesetzgeber hat die in §12 Abs3 Tir RaumOG genannten "wohnbauförderungsrechtlichen Vorschriften" mit der Wendung "hinsichtlich ihrer Größe und ihres Verwendungszweckes" näher spezifiziert. Dadurch ergibt sich eine eindeutige Bezugnahme auf einschlägige Vorschriften des Wohnbauförderungsgesetzes 1984. Die von den Antragstellern aus Art18 B-VG abgeleiteten Bedenken treffen daher nicht zu.

Kein wohnbauförderungsrechtlicher Inhalt der in §12 Abs3 Tir RaumOG vorgesehenen Widmungsart "Wohngebiet für förderbare Wohnbauten"; keine Zugehörigkeit zum Kompetenztatbestand "Volkswohnungswesen" in Art11 Abs1 Z3 B-VG.

Die Bestimmung des §12 Abs3 Tir RaumOG knüpft vielmehr für Zwecke der Raumordnung an wohnbauförderungsrechtliche Vorschriften an. Wie der Verfassungsgerichtshof im Kompetenzfeststellungserkenntnis VfSlg. 2674/1954 festgestellt hat, fällt es in die Kompetenz des Landesgesetzgebers, die Verwendung des Raumes für Bauzwecke zu regeln. Ausgehend vom Begriff der Raumplanung in einem umfassenden Sinn, der dieser Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zugrunde liegt, zielt die Raumordnung auf eine möglichst im Sinne der öffentlichen Interessen liegende Ordnung des Raumes ab (VfSlg. 7105/1973), wobei der Landesgesetzgeber die räumlich funktionellen Erfordernisse unter den verschiedensten Aspekten berücksichtigen kann, solange er Raumordnungsvorschriften nicht ausschließlich von Aspekten abhängig macht, zu deren Regelung ihm die Zuständigkeit fehlt (vgl. VfSlg. 9543/1982).

Unter diesem Gesichtspunkt bestehen keine Bedenken dagegen, wenn der Landesgesetzgeber an eine wohnbauförderungsrechtliche Regelung anknüpft, um auch innerhalb der Wohnbauten zu differenzieren.

Keine gesetzwidrige Erlassung von Änderungen von Flächenwidmungsplänen hinsichtlich der Widmung "Wohngebiet für förderbare Wohnbauten" iSd §12 Abs3 Tir RaumOG.

§12 Abs3 Tir RaumOG wurde durch die 4. RaumOG-Nov., LGBl. 88/1983, in das Tir RaumOG eingefügt und Art III dieser Novelle sieht vor, daß - abweichend von den Bestimmungen des §28 Abs2 - Flächenwidmungs- und Bebauungspläne auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes geändert werden können, wenn die Änderung in erstmaliger Anwendung einer Ermächtigung erfolgt, die durch diese Novelle neu eingeführt wird und den Zielen der örtlichen Raumordnung nicht widerspricht.

Der Verordnungsgeber hat (gesetzeskonform) zur Erlassung der Flächenwidmungsplanänderung das in §28 Abs3 lita Tir RaumOG vorgesehene vereinfachte Verfahren gewählt.

Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang Bedenken gegen die Sachlichkeit des §26 Abs1 Tir RaumOG vorbringen, weil diese Bestimmung nur den Gemeindebewohnern, nicht aber den Eigentümern von Zweitwohnsitzen das Recht der Stellungnahme zum aufgelegten Entwurf einräumten, ist darauf zu verweisen, daß nach §4 Abs1 der Tir GemeindeO unter Gemeindebewohner auch alle jene Personen zu verstehen sind, die in der Gemeinde Liegenschaftsbesitz haben. Auch dagegen, daß §26 Tir RaumOG nur eine Verständigung der Nachbargemeinden von der Auflegung des Entwurfes vorsieht, nicht aber eine persönliche Verständigung der Gemeindebewohner, bestehen keine Bedenken.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Widmungskategorien (Raumordnung), Determinierungsgebot, Kompetenz Bund - Länder Volkswohnungswesen, Kompetenz Bund - Länder Raumplanung, Wohnbauförderung, Volkswohnungswesen, Anknüpfung an andere Rechtsnormen, Verordnungserlassung, Wohnsitz Zweit-, Anhörungsrecht (bei Verordnungserlassung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:V164.1990

Dokumentnummer

JFR_10098794_90V00164_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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