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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / PrüfungsgegenstandLeitsatz
Zurückweisung eines Antrags auf Aufhebung einer Anweisung einer Landesregierung an bestimmte Bezirkshauptmannschaften betreffs die Erlassung von Verordnungen (Tempolimit auf Freilandstraßen); kein Verordnungscharakter einer solchen Anweisung; noch keine Veränderung der Rechtslage der Straßenbenützer; Vermeidung einer Verdoppelung von Rechtsbehelfen durch Verneinung der Zuständigkeit zur Kontrolle solcher AnweisungenRechtssatz
Eine von einer Verwaltungsbehörde erlassene Norm, wie hier die Anweisung der Vorarlberger Landesregierung an die Bezirkshauptmannschaften Bludenz, Bregenz, Dornbirn und Feldkirch, mit der diese Behörden angewiesen werden, Verordnungen betreffend die Geschwindigkeitsherabsetzung für Freilandstraßen zu erlassen, stellt selbst keine Verordnung im Sinne der Art139 und Art148e B-VG sowie des Art58 Abs2 Vlbg Landesverfassung, LGBl. Nr. 30/1984, dar.
Eine Verordnung iS des Art139, Art148e B-VG und Art58 Abs2 Vlbg Landesverfassung liegt nur vor, wenn der von der Landesregierung erlassene Verwaltungsakt für eine nach Gattungsmerkmalen, mithin allgemein bestimmte Vielzahl von Adressaten verhaltensbestimmend ist und insoweit rechtsverbindliche Wirkung besitzt.
Der von der Verfassung im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeitskontrolle des Verfassungsgerichtshofes normierte Verordnungsbegriff schließt hingegen keine Akte ein, die selbst erst auf die Erlassung einer Verordnung als verhaltensbestimmende Norm zielen.
Durch die "Anweisung" der Vorarlberger Landesregierung wird jedenfalls die Rechtslage der Straßenbenützer - noch - nicht verändert. Die Anweisung als solche äußert weder direkt noch indirekt verhaltensbestimmende Wirkungen für den Straßenverkehr. Eine derartige Rechtswirkung kommt vielmehr erst den auf Grund der Weisung von den Bezirkshauptmannschaften erlassenen Verordnungen über Geschwindigkeitsbeschränkungen auf bestimmten Straßen(-teilen) zu. Anders als der Landesvolksanwalt von Vorarlberg offenbar meint, kann somit keine Rede davon sein, daß durch die Anweisung selbst bereits Pflichten der Verkehrsteilnehmer begründet würden und ihr daher ein rechtsgestaltender Inhalt (wie etwa den in VfSlg. 8647/1979 oder VfSlg. 11467/1987 aufgehobenen Durchführungserlässen) beizumessen wäre.
Ein von einem Verwaltungsorgan an unterstellte Verwaltungsorgane gerichteter Auftrag des Inhalts, eine Verordnung zu erlassen, ist selbst (noch) keine - vor dem Verfassungsgerichtshof anfechtbare - Verordnung. Andernfalls gelangte man zu einer verfassungsrechtlich nicht belegbaren Verdoppelung von Rechtsbehelfen, weil dann nicht nur die letztendlich verhaltensbestimmende Verordnung, sondern auch die auf die Erlassung einer derartigen Verordnung abzielende Weisung - unabhängig von dieser - anfechtbar wäre (hingegen: VfSlg. 6291/1970, 11467/1987).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Verordnungsbegriff, RechtsV, VerwaltungsV, GeschwindigkeitsbeschränkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:V25.1989Dokumentnummer
JFR_10098787_89V00025_01