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64 Besonderes Dienst- und BesoldungsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch einen Feststellungsbescheid betreffend die Kürzung der Bezüge eines vom Dienst suspendierten Richters; mangelnde Präjudizialität des §146 RDG; keine Bedenken gegen §150 RDG idF ArtI Z5 BGBl 259/1990; kein Strafcharakter der Bezugskürzung; öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs eines Richters auf BezügeRechtssatz
Zur Anwendung des §146 RDG ist ausschließlich das Disziplinargericht berufen. Demgemäß bringt der angefochtene Feststellungsbescheid lediglich, an die vom Obersten Gerichtshof als Disziplinargericht für Richter gemäß §146 RDG (rechtskräftig) verfügte Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst als ein Sachverhaltselement anknüpfend, zum Ausdruck, daß im Fall des Beschwerdeführers die im §150 RDG idF ArtI Z5 BGBl 259/1990 vorgesehene - danach ipso iure eintretende - Kürzung der Bezüge erfolgt ist. Die in der Beschwerde hinsichtlich §146 RDG aufgeworfenen Bedenken gehen daher mangels Präjudizialität ins Leere.
Die (ex lege eingetretene) Kürzung der Bezüge hat ihre Grundlage nicht in der durch den Verfassungsgerichtshof mit E v 05.10.89, G70/89, aufgehobenen, sondern in der durch den Gesetzgeber mit Wirkung vom 01.06.90 in Kraft gesetzten neuen Fassung des §150 RDG. Diese Regelung auch mit Wirkung für den Beschwerdeführer (der Anlaßfall im Verfahren zu G70/89 war) zu erlassen, war dem Bundesgesetzgeber durch Art140 Abs7 B-VG nicht verwehrt.
Mit Rücksicht auf das Fehlen einer Übergangsbestimmung und angesichts des Wortlautes des §150 RDG idF ArtI Z5 BGBl 259/1990 ist die Auffassung der belangten Behörde, daß diese Bestimmung vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens (01.06.90) an auf danach liegende Zeiträume von Suspendierungen vom Dienst auch in jenen Fällen anzuwenden sei, in denen die Suspendierung vor dem 01.06.90 verfügt wurde, jedenfalls nicht denkunmöglich und damit Willkür indizierend.
Es liegt im Rahmen des dem Gesetzgeber durch den Gleichheitsgrundsatz offengelassenen rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes, wenn er die Neuregelung des §150 RDG durch ArtI Z5 BGBl 259/1990 vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an - also nicht auf davor gelegene Zeiträume zurückwirkend - auch für jene Fälle wirksam werden ließ, in denen eine Suspendierung vom Dienst zwar vor diesem Zeitpunkt verfügt wurde, aber darüber hinaus andauerte. Die mit dieser Regelung von einem bestimmten, nicht in der Vergangenheit gelegenen Zeitpunkt an bewirkte rechtliche Gleichbehandlung aller gemäß §146 RDG verfügten Suspendierungen vom Dienst ist aus der Sicht des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu beanstanden.
Der Wortlaut des §150 RDG idF ArtI Z5 BGBl 259/1990 ist generell-abstrakt gefaßt und enthält keinerlei Einschränkungen, die bewirken, daß mit dieser Vorschrift nur der beim Beschwerdeführer gegebene konkrete Sachverhalt erfaßt wird.
Bei der als Folge einer Suspendierung vom Dienst eintretenden Kürzung der Bezüge handelt es sich nicht um eine Strafe. Desgleichen ist die Suspendierung eines Richters vom Dienst, als deren Folge die Bezugskürzung ex lege eintritt, keine Strafe, sondern eine sichernde Maßnahme (mit ausführlichen Judikaturhinweisen, auch des Verwaltungsgerichtshofs). Die Bezugskürzung für die Dauer der Suspendierung ist nicht die (weitere) Rechtsfolge einer (verwaltungs-)strafrechtlichen Sanktion, sondern des Umstandes, daß während der Dauer der Suspendierung vom Dienst die Arbeitsleistung des Richters für den Dienstgeber entfällt.
Mit dem Vorwurf, die durch §150 Abs1 RDG idF ArtI Z5 BGBl 259/1990 zwingend vorgesehene Kürzung der Bezüge auf zwei Drittel stehe in keinem angemessenen Verhältnis zur Disziplinarstrafe der Minderung der Bezüge (§106 Abs1 RDG), wird ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot nicht dargetan: im Fall der Bezugskürzung erbringt der Richter keine Arbeitsleistung; andererseits sieht das Gesetz die Möglichkeit der Minderung oder Aufhebung der Kürzung der Bezüge vor (§150 Abs1 zweiter Satz RDG).
Der Umstand, daß der Kürzung der Bezüge der Charakter einer Strafe mangelt, entzieht dem Beschwerdevorwurf, daß §150 RDG idF ArtI Z5 BGBl 259/1990 dem in Art7 MRK festgelegten Verbot der Erlassung rückwirkender Strafgesetze und dem aus dieser Verfassungsnorm abzuleitenden Gebot ausreichender inhaltlicher Bestimmtheit strafrechtlicher Regelungen zuwiderlaufe, von vornherein den Boden.
Die belangte Behörde hat keine Minderung der Bezüge des Beschwerdeführers verfügt, sondern lediglich den Eintritt der unmittelbar durch das Gesetz bewirkten Bezugsminderung mit Bescheid festgestellt. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde somit keineswegs eine dem Obersten Gerichtshof als Disziplinargericht für Richter zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen.
Der Vorwurf einer Verletzung des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums geht schon mit Rücksicht darauf ins Leere, daß dem Schutz dieses Grundrechtes nur private Vermögensrechte unterliegen, der Anspruch eines Richters auf Bezüge aber öffentlich-rechtlicher Natur ist (mit Judikaturhinweisen).
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Gerichtshof Oberster, Dienstrecht, Disziplinarrecht Richter, Richter, Suspendierung, Bezüge Kürzung, Strafe, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, VfGH / Aufhebung Wirkung, Übergangsbestimmung, AnlaßgesetzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B1265.1990Dokumentnummer
JFR_10089698_90B01265_01