Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs mangels Selbstbewirtschaftung; keine Bedenken gegen §4 Abs1 und §6 Abs1 litc Tir GVG 1983Rechtssatz
Der Verfassungsgerichtshof sieht sich durch das Beschwerdevorbringen nicht veranlaßt, von seiner Rechtsprechung, wonach er §4 Abs1 Tir GVG 1983 und §6 Abs1 litc Tir GVG 1983 als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet hat, abzugehen.
Im Rahmen der Verankerung des bundesstaatlichen Prinzips steht es jedem zuständigen Gesetzgeber frei, eigenständige rechtspolitische Zielsetzungen zu verfolgen, womit auch unterschiedlich ausgerichtete Regelungssysteme auf der einen und der anderen Ebene vereinbar sind.
Aus dem Umstand, daß der Verfassungsgerichtshof produktionsbeschränkende Eingriffe in die durch Art6 StGG gewährleistete Erwerbsausübungsfreiheit ua. mit der Begründung der Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes in einem funktionierenden ländlichen Raum iSd ArtII §1 Z1 LandwirtschaftsG 1976 als zulässig angesehen hat (E v 20.06.89, B941/88), kann nicht abgeleitet werden, den Gesetzgeber treffe von Verfassungs wegen die Pflicht, solches in schematischer Weise auf allen Gebieten des Rechts undifferenziert anzuordnen.
Die belangte Behörde hat die Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung darauf gestützt, für den vorliegenden Rechtserwerb liege ein zureichender Grund im Sinne des §6 Abs1 litc, zweiter Fall, Tir GVG 1983 nicht vor. Diese Auffassung vermag durch die Behauptung, dem Grundstück komme keine praktische Bedeutung zu, nicht als gleichheitswidrig erwiesen zu werden.
Zu der Behauptung der "finanziellen Notlage" des Erstbeschwerdeführers (Verkäufers) ist der Meinung der belangten Behörde zuzustimmen, daß ein Verfahren nach §8 Tir GVG 1983 nicht durchzuführen war, weil seitens des Verkäufers im gesamten Verwaltungsverfahren niemals vorgebracht wurde, daß die Voraussetzungen dafür, nämlich die Unabwendbarkeit eines drohenden gänzlichen Verfalls seines Gutes, gegeben seien.
Der belangten Behörde kann auch bei der von ihr vorgenommenen Interessenabwägung nicht entgegengetreten werden, wenn sie in der wirtschaftlichen Lage des Verkäufers keinen zureichenden Grund dafür sah, dem Verkauf des gegenständlichen landwirtschaftlichen Grundstückes die Zustimmung zu erteilen, weil es dem Verkäufer möglich wäre, durch Grundverkäufe anderer, den Interessen der Landwirtschaft weniger oder überhaupt nicht abträglichen Art und Weise in den Besitz der von ihm gewünschten finanziellen Mittel zu gelangen.
Daß die von der Zweitbeschwerdeführerin angestrebte "Arrondierung" ihres Zweitwohnsitzes keinen zureichenden Grund im Sinne des §6 Abs1 litc Tir GVG 1983 darstellt, liegt auf der Hand (vgl. auch VfSlg. 10.902/1986).
Die belangte Behörde kam zum Ergebnis, wirtschaftliche Gründe allein vermöchten im vorliegenden Fall nicht zwingend die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zum Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstückes an einen das Grundstück nicht selbst bewirtschaftenden Käufer zu rechtfertigen. Diese Auffassung kann nicht als denkunmöglich erachtet werden.
Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid nur dann berührt worden sein, wenn die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb des Grundstückes zu bevorzugen (VfSlg. 9070/1981, 10.902/1986, 11.516/1987). Dies kommt im Beschwerdefall offensichtlich nicht in Frage.
Schlagworte
Landwirtschaftsrecht, Grundprinzipien der Verfassung, Bundesstaatsprinzip, Grundverkehrsrecht, SelbstbewirtschaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B1003.1990Dokumentnummer
JFR_10089696_90B01003_01