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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / StaatsangehörigkeitLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Ausländergrunderwerbs mangels Bestehens eines kulturellen Interesses einer Gemeinde am Rechtserwerb durch den AusländerRechtssatz
Die Beschwerde ist auch, soweit sie von einer niederösterreichischen Gemeinde erhoben wurde, zulässig.
Wenn der Gesetzgeber unter der Geltung der (Verwaltungs-)Verfahrensgesetze jemandem in einer Verwaltungsangelegenheit das Recht auf Gehör und das Recht zur Berufung gibt, macht er diesen zur Partei an der Sache.
Nach §15 Abs1 Nö GVG 1989 und §22 lite Nö GVG 1989 kommt der Gemeinde im Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden die Stellung einer Partei zu, wobei der Gemeinde ein subjektives Recht auf die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung eingeräumt wird, falls sie ein kulturelles Interesse am Rechtserwerb durch den Ausländer besitzt (§5 litb Nö GVG 1989) und dieses in ihrer Stellungnahme bekundet hat.
Aus der Sicht des Art6 MRK reicht es aus, wenn die - zur Entscheidung in oberster Instanz berufene - Ausländergrundverkehrskommission den Anforderungen des Art6 Abs1 MRK entspricht.
Dies ist der Fall. Die Ausländergrundverkehrskommission beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung ist eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Kollegialbehörde, die auch als "Tribunal" iS des Art6 Abs1 MRK zu qualifizieren ist (siehe §9 Nö GVG 1989, §16 Abs1 Nö GVG 1989 iVm §14 Abs4 Nö GVG 1989).
Keine Verletzung der beschwerdeführenden Gemeinde im Gleichheitsrecht. Da der Zweitbeschwerdeführer unbestrittenermaßen die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, kann er durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden sein.
Keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Die Behörde hat in einer Zusammensetzung beraten und Beschluß gefaßt, die dem §9 Abs1 Nö GVG 1989 entsprach. Der Umstand, daß die Mitglieder der Kollegialbehörde, die an der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitgewirkt haben, in der Ausfertigung des Bescheides nicht genannt sind, verletzt weder das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter noch ein sonstiges verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht.
Die gerügten Verfahrensmängel können nicht als in die Verfassungssphäre reichende Fehler qualifiziert werden. Aus der Sicht des Art6 MRK kommt es nicht darauf an, ob die belangte Behörde die Rechtslage richtig beurteilt, die erforderlichen Beweise vollständig aufgenommen und richtig gewertet und ihren Bescheid ausreichend begründet, also den einfachgesetzlichen Vorschriften entsprochen (s. zB VfSlg. 11414/1987) hat.
Aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles sind Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §5 litb Nö GVG 1989 nicht entstanden.
Die von der belangten Behörde der Sache nach vertretene Auffassung, das behauptete kulturelle Interesse der beschwerdeführenden Gemeinde an dem in Rede stehenden Eigentumserwerb des Zweitbeschwerdeführers sei nicht ausreichend dargetan und werde nicht durch diesen Eigentumserwerb als solchen erfüllt, beruht nicht auf einer denkunmöglichen Auslegung des Gesetzes.
Schlagworte
Ausländergrunderwerb, Parteistellung Grundverkehrsrecht, Parteibegriff, VfGH / Parteien, Grundverkehrsrecht, Bescheiderlassung, Behördenzusammensetzung, fair trial, Tribunal, KollegialbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B479.1990Dokumentnummer
JFR_10089693_90B00479_01