RS Vfgh 1991/6/17 B1223/90

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Veröffentlicht am 17.06.1991
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Index

10 Verfassungsrecht
10/10 Grundrechte, Datenschutz, Auskunftspflicht

Norm

B-VG-Nov 1988 BGBl 685 ArtIX Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
StGG Art8
MRK Art5
VStG §54b Abs2

Leitsatz

Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit durch die Vorführung und Anhaltung zum Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe trotz bezahlter Geldstrafe; kein Instanzenzug bei Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt für vor dem 01.01.91 anhängige Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof

Rechtssatz

Ein Instanzenzug kommt vorliegendenfalls nicht in Betracht. Das gegenständliche verfassungsgerichtliche Verfahren war beim Verfassungsgerichtshof am 01.01.91 anhängig und ist deshalb gemäß ArtIX Abs2 des BVG BGBl. 685/1988 nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.

Der Beschwerdeführer hatte die über ihn verhängte Geldstrafe am 16.07.90, also zwei Monate vor der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe beglichen. Eine gesetzmäßige Vollstreckung der Geldstrafe kam nach diesem Zeitpunkt somit überhaupt nicht mehr in Betracht, insbesondere durfte die nur für den Fall der Nichteinbringung verhängte Ersatzfreiheitsstrafe nicht vollzogen werden. Die Verhaftung und Anhaltung des Beschwerdeführers war allein schon deshalb, weil sie trotz Fehlens der Voraussetzung der Nichtbezahlung der verhängten Geldstrafe vorgenommen wurde, gesetzwidrig.

Sie ist aber auch aus dem weiteren Grund rechtswidrig, weil das VStG 1950 (vgl. früher §53 Abs4 VStG 1950, seit der Novelle BGBl. 516/1987 §54b Abs2 leg.cit.) nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe anstelle der Geldstrafe keineswegs in das Belieben der Vollzugsbehörde stellt. Vielmehr hat diese Behörde, ehe sie die Ersatzfreiheitsstrafe in Vollzug setzt, entweder ein Vollstreckungsverfahren (iS des §3 VVG 1950) durchzuführen oder aber Erhebungen zu pflegen, deren Ergebnis die Annahme rechtfertigen muß, die verhängte Geldstrafe sei mit hoher Wahrscheinlichkeit uneinbringlich (mit Vorjudikatur).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Unabhängiger Verwaltungssenat, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, VfGH / Instanzenzugserschöpfung, Verwaltungsvollstreckung, Ersatzfreiheitsstrafe, Vorführung Strafantritt, Verwaltungsstrafrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B1223.1990

Dokumentnummer

JFR_10089383_90B01223_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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