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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs3Leitsatz
Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch Festnahme der Beschwerdeführer; kein Nachweis für die vertretbare Annahme des Verharrens in der Fortsetzung einer strafbaren Handlung; keine ernsthafte Weigerung der Bekanntgabe der IdentitätRechtssatz
Angesichts der Ergebnisse des Beweisverfahrens sieht sich der Verfassungsgerichtshof nicht in der Lage, die - in starkem Kontrast zu den Angaben der Beschwerdeführer stehenden - Aussagen der Sicherheitswachebeamten über die Geschehnisse vor der Festnahme mit der für gerichtliche Feststellungen erforderlichen Sicherheit als erwiesen anzunehmen. Es steht hier Aussage gegen Aussage. Dazu kommt, daß die von der belangten Behörde und den Beamten vorgebrachte Version über den Beginn der Geschehnisse kein hohes Maß an innerer Wahrscheinlichkeit für sich hat: es entspricht nicht gerade der Lebenserfahrung, daß jemand - wie es vor allem der Sicherheitswachebeamte I darstellt - ohne ersichtlichen Grund mit den Händen auf ein Polizeifahrzeug einzuschlagen beginnt. Überdies spricht der Umstand eher für die Glaubwürdigkeit der im wesentlichen völlig gleichlautenden Aussagen der Beschwerdeführer vor dem Konzeptsbeamten des Bezirkspolizeikommissariates Innere Stadt am darauffolgenden Morgen, daß für die Beschwerdeführer keine Gelegenheit bestanden hat, diese Aussagen allenfalls vorher in ausreichender Weise und im einzelnen miteinander abzusprechen.
Es kann weder als erwiesen gelten, daß - selbst wenn der die Festnahme der Beschwerdeführer aussprechende Sicherheitswachebeamte vertretbarerweise annehmen konnte, den Erstbeschwerdeführer auf der Fahrbahn bei Begehung einer Verwaltungsübertretung nach §76 Abs5 StVO auf frischer Tat betreten zu haben - die Beschwerdeführer in der Fortsetzung einer strafbaren Handlung verharrten noch daß sie sich ernsthaft geweigert haben, ihre Identität bekanntzugeben (beide Beschwerdeführer hatten Ausweise bei sich).
Da der Verfassungsgerichtshof den Beschwerden stattgegeben hat und die Abtretung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art144 Abs3 B-VG nur bei einer Abweisung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde in Betracht kommt, war der Antrag der Beschwerdeführer, die Beschwerden "bezüglich der ungerechtfertigten Aufforderung zur Ausweisleistung nach Durchführung des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof jedenfalls an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten", abzuweisen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, VfGH / Abtretung, IdentitätsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B580.1990Dokumentnummer
JFR_10089383_90B00580_01