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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art133 Z4Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Auferlegung der gesamten Verfahrenskosten in einem Verfahren betreffend WildschadensersatzSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem im Rechtszug ergangenen Bescheid der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 29. März 2004 wurde dem Beschwerdeführer der beantragte Ersatz eines Wildschadens in der Höhe von € 93,91 zuerkannt. Gleichzeitig wurde der geschädigte Beschwerdeführer jedoch zur Tragung der Verfahrenskosten in der Höhe von € 66,89 verpflichtet. Die Behörde begründete die Kostenentscheidung im Wesentlichen damit, dass der Abbruch des in den §§108ff Nö. Jagdgesetz vorgesehenen Schlichterverfahrens dem Beschwerdeführer zuzurechnen sei und daher nicht §117 Nö. Jagdgesetz (Aufteilung der Verfahrenskosten), sondern §76 AVG (Kostentragung durch den Antragsteller) zur Anwendung käme.
2. Gegen diesen letztinstanzlichen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, worin die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§120a Abs5 Nö. Jagdgesetz) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, "soweit er die Auferlegung der Verfahrenskosten zu Lasten des Beschwerdeführers betrifft", beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der den Bedenken der Beschwerde entgegengetreten und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
II. Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des Nö. Jagdgesetzes 1974 idF. LGBl. 6500-17 lauten samt Überschrift wie folgt:
"§117
Aufteilung der Kosten des Verfahrens
(1) Kosten, die einer Partei aus ihrer eigenen Teilnahme sowie aus jener eines Vertreters, allenfalls eines Rechtsbeistandes, erwachsen, hat die Partei selbst zu tragen (Parteienkosten).
(2) Hinsichtlich der Tragung aller übrigen Kosten, die aus dem Verfahren über Schadensersatzansprüche vor der Bezirkskommission, der Landeskommission und vor dem Schlichter erwachsen (Amtskosten), gelten folgende Bestimmungen:
a)
Der zur Leistung eines Schadenersatzes verpflichtete Jagdausübungsberechtigte hat vorbehaltlich der Bestimmungen der litb und c diese Kosten zu tragen.
b)
Hat der Geschädigte einen Vergleichsversuch (§107) unterlassen oder wird sein Anspruch auf Schadenersatz dem Grunde nach abgewiesen, so hat dieser die Amtskosten zu tragen, sofern der Gegner nicht einer anderen Kostenentscheidung zustimmt.
c)
Wenn der Geschädigte nach der Befundaufnahme des Schlichters keinen ziffernmäßig bestimmten Ersatzanspruch geltend macht, hat er die Verfahrenskosten zu tragen. Wenn der Geschädigte mit seinem Ersatzanspruch teils obsiegt, teils unterliegt, sind die Kosten zwischen Geschädigtem und Jagdausübungsberechtigtem in jenem Verhältnis zu teilen, das sich jeweils gemäß §110 Abs4 aus der vom Geschädigten begehrten Schadenssumme und der vom Jagdausübungsberechtigten anerkannten Schadenssumme zur Höhe der Schadensfeststellung der Bezirkskommission ergibt. Die Bezirkskommission kann jedoch auch bei solchem Ausgang des Verfahrens der einen Partei den Ersatz der gesamten Verfahrenskosten auferlegen, wenn der Gegner nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil seines Anspruches, dessen Geltendmachung überdies besondere Kosten nicht veranlasst hat, unterlegen ist.
...
§120a
Landeskommission für Jagd- und Wildschäden
(1) Die Landeskommission wird beim Amt der Landesregierung auf die Dauer von sechs Jahren gebildet und besteht aus folgenden, von der Landesregierung zu bestellenden Mitgliedern:
a)
einem rechtskundigen Beamten des Amtes der Landesregierung als Vorsitzenden;
b)
einem rechtskundigen Beamten des Amtes der Landesregierung als Berichterstatter;
c)
einem Richter, nach Anhörung des Präsidenten des Oberlandesgerichtes;
d)
zwei auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft sachkundigen Personen, nach Anhörung der Landes-Landwirtschaftskammer;
e)
zwei auf dem Gebiet des Jagdwesens sachkundigen Personen, nach Anhörung des Landesjagdverbandes.
Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) haben vor Beginn ihrer Tätigkeit dem Vorsitzenden mit Handschlag die gewissenhafte und unparteiische Ausübung ihres Amtes zu geloben. Sie bleiben bis zur Neubestellung der Landeskommission im Amt.
(2) Die Mitglieder der Landeskommission sind, auch soweit sie dem Richterstand nicht angehören, in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.
(3) Die Landeskommission entscheidet mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt. Zur Beschlussfähigkeit ist die Anwesenheit des Vorsitzenden, des Mitgliedes aus dem Richterstand und zweier weiterer Mitglieder erforderlich.
(4) Über die Verhandlung und Beratung, die in nichtöffentlicher Sitzung stattfinden, ist eine Niederschrift abzufassen. Den Parteien steht die Einsicht in die Niederschrift nicht zu.
(5) Eine Berufung gegen die Entscheidung der Landeskommission ist nicht zulässig. Die Entscheidung unterliegt nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die vorliegende Beschwerde rügt zunächst die Anwendung einer verfassungswidrigen Norm indem sie behauptet, dass der Ausschluss der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gegen Entscheidungen der Landeskommission "an sich verfassungswidrig" sei; dieser Ausschluss sei in §120a Abs5 Nö. Jagdgesetz wie folgt normiert: "Eine Berufung gegen die Entscheidung der Landeskommission ist nicht zulässig. Die Entscheidung unterliegt nicht der Aufhebung oder Abänderung i[m] Verwaltungswege".
Wie von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift richtig ausgeführt, ist die Nö. Landeskommission für Jagd- und Wildschäden als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag gemäß Art133 Z4 B-VG eingerichtet (VfSlg. 14.213/1995, 13.465/1993). Da die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausdrücklich für zulässig erklärt ist, sind Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit dieser Kommission fallen, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgenommen (vgl. VfSlg. 5031/1965). Die Beschwerde geht daher ins Leere, wenn sie offenbar davon ausgeht, dass sich der Ausschluss der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes aus §120a Abs5 Nö. Jagdgesetz ergibt.
2. Des Weiteren erachtet sich der Beschwerdeführer "durch den angefochtenen Bescheid in seinem ihm gemäß §117 Nö. Jagdgesetz zustehende[n] Recht auf Anwendung der gesetzlichen Normen über Kostentragung im Verfahren über Schadenersatzansprüche, sofern er den Kostenausspruch betrifft, verletzt". Die Beschwerde richtet sich in diesem Zusammenhang - ohne die Verletzung eines konkreten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes zu behaupten - gegen die Auferlegung der gesamten Verfahrenskosten an den Beschwerdeführer. Die von der Landeskommission getroffene Kostenentscheidung widerspreche den Aufteilungs- und Kostenkriterien des §117 Nö. Jagdgesetz.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde jedoch keinen in die Verfassungssphäre reichenden Mangel auf. Auch erweckt §117 Nö. Jagdgesetz keine verfassungsrechtlichen Bedenken (VfSlg. 15.917/2000).
3. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid somit weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Ob die Behörde das Gesetz in jeder Hinsicht richtig angewendet hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen den Bescheid einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß Art133 Z4 B-VG nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg. 3975/1961, 6760/1972, 7121/1973, 7654/1975, 9541/1982 mwN).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
4. Dem Antrag der belangten Behörde auf Zuerkennung von Kosten als Ersatz des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes war schon deshalb nicht zu entsprechen, da dies im VfGG nicht vorgesehen ist und eine sinngemäße Anwendung des §48 Abs2 VwGG im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (VfSlg. 10.003/1984).
5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Jagdrecht, Jagdschaden, Wildschaden, Kollegialbehörde, Verwaltungsgerichtshof Zuständigkeit, Verwaltungsverfahren, Kostentragung, VfGH / PrüfungsmaßstabEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B532.2004Dokumentnummer
JFT_09959072_04B00532_2_00