Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung der Zustimmung zu einem Rechtserwerb sowie durch die Verneinung der Zuständigkeit zur Feststellung der Anwendbarkeit des Grundverkehrsrechtes durch die Grundverkehrsbehörde als Kollegialbehörde aufgrund einer Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten; Vorliegen einer tauglichen Berufung; keine Zuständigkeit der Grundverkehrsbehörde zur Genehmigung eines als nichtig zu qualifizierenden Umgehungsgeschäftes; zutreffende Annahme des Vorliegens eines Umgehungsgeschäftes; keine Verletzung des Eigentums- und des GleichheitsrechtesRechtssatz
Es liegt eine taugliche Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten vor. Die belangte Behörde hat demgemäß zu Recht die Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten zum Anlaß der Erlassung der bekämpften Entscheidung genommen.
In erster Instanz schritt in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise nicht der Vorsitzende gemäß §2 Abs2 Tir GVG 1983, sondern die Grundverkehrsbehörde Tulfes als Kollegialorgan nach §2 Abs1 leg.cit. ein. Dies ergibt sich laut dem im Akt erliegenden Durchschlag des erstinstanzlichen Bescheides aus dessen Kopf und Fertigungsklausel ebenso wie aus dem im Verwaltungsakt erliegenden Beratungsprotokoll.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte (primär) den Antrag auf Erteilung einer schriftlichen Bestätigung gemäß §2 Abs2 Tir GVG 1983 gestellt. Da "Zweifelsfreiheit" im Sinne des §2 Abs2 Tir GVG 1983 nicht bestand, ist die Grundverkehrsbehörde Tulfes als Kollegialbehörde gemäß §2 Abs1 leg.cit. tätig geworden.
Aus der Qualifizierung des zugrundeliegenden Rechtsgeschäftes seitens der belangten Behörde als Umgehungsgeschäft und damit als nichtig auf Grundlage des §2 Abs1 Tir GVG 1983 resultiert rechtlich zwingend, daß für die Grundverkehrsbehörde - und zwar beider Rechtsstufen - kein Raum (mehr) für eine Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung eines Rechtsgeschäftes gemäß §3 leg.cit. besteht.
Trotz der nach außen in Erscheinung tretenden Rechtsform ist die Annahme berechtigt, daß die ausländischen Gesellschafter faktisch alle maßgeblichen Entscheidungen im Innenverhältnis allein zu treffen in der Lage sind. Dabei verschlägt es nichts, wenn die Vertragsparteien nach außen gegenüber den wahren Absichten veränderte Ziele anstreben und Rechtsbeziehungen eingehen. Vielmehr handelt es sich dabei um ein Spezifikum eines Umgehungsgeschäftes.
Da die belangte Behörde das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes zutreffend angenommen hat, wurde der Antrag auf grundverkehrsbehördliche Zustimmung zum Rechtsgeschäft zu Recht zurückgewiesen. Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde demgemäß nicht in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Auch keine Verletzung des Eigentums- und des Gleichheitsrechtes.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Kollegialbehörde, Behördenzuständigkeit, Ausländergrunderwerb, Umgehungsgeschäft, Landesgrundverkehrsreferent, BerufungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B976.1990Dokumentnummer
JFR_10088999_90B00976_01