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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine sachliche Rechtfertigung der Festlegung einer weitgehend unbeschränkten Haftung des Erwerbers eines Unternehmens oder Betriebes für rückständige Abgaben nach der WAORechtssatz
Der Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung des §12 Abs1 WAO ist zulässig, soweit er die lita erfaßt. Darüber hinaus ist er zurückzuweisen.
Der nach einer Aufhebung der allein präjudiziellen lita des Abs1 verbleibende Text des §12 WAO würde eine - nicht präjudizielle - Norm bilden, die mit anzugreifen der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlaß hat.
§12 Abs1 lita der Wiener Abgabenordnung (WAO), LGBl. Nr. 21/1962, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Der Erwerber eines Betriebes kann häufig die Rückstände an landesrechtlich geregelten Abgaben feststellen und beim Erwerbsvorgang berücksichtigen. Er kann aber auch in bezug auf diese Abgaben selbst bei Anwendung aller zumutbarer Sorgfalt nicht sichergehen, daß die ihn treffende Haftung nicht wesentlich größer ist, als den ihm vorliegenden Unterlagen zu entnehmen ist, und er kann darum die zu erwartende Belastung dem Veräußerer gegenüber gleichfalls nicht angemessen in Anschlag bringen oder sich sonstwie dagegen absichern. Die in §12 Abs1 lita WAO festgelegte unüberschaubare Haftung bürdet in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise dem Erwerber eines Unternehmens (Betriebes) das Risiko des Bestandes offener Abgabenschulden auf. Das im Erkenntnis G3/91 vom 20. Juni 1991 zu §14, §20 BAO Gesagte gilt gleicherweise für §12, §18 WAO und zwischen Bundes- und Landesabgaben besteht kein für die Frage der Vorhersehbarkeit wesentlicher Unterschied.
Schlagworte
Finanzverfahren, Haftung, Steuerpflicht unbeschränkteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:G210.1991Dokumentnummer
JFR_10088996_91G00210_01