RS Vfgh 1991/10/4 G176/90

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Veröffentlicht am 04.10.1991
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8230 Abwasser, Kanalisation

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Allg
Bgld KanalanschlußG 1989 §2 Abs2 Z2 und Z3
Bgld KanalanschlußG 1989 §3 Abs2 Z4
Bgld KanalanschlußG 1989 §4 Abs1 Z1
Bgld KanalanschlußG 1989 §13 Abs2, Abs3 und Abs4
Bgld L-VG 1981 Art10 Abs1
Bgld L-VG 1981 Art36

Leitsatz

Abweisung eines Antrags von Landtagsmitgliedern auf Aufhebung von Bestimmungen des Bgld KanalanschlußG 1989; keine Kompetenzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen mangels wasserrechtlichen Charakters; keine Unsachlichkeit der Ausnahmen bzw. der Befreiung von der Anschlußpflicht und der Fristen für den Anschluß; kein Verstoß der rückwirkenden Ausnahme oder Befreiung hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Vorgangsweise gegen das Determinierungsgebot

Rechtssatz

Der von 17 Landtagsabgeordneten eingebrachte Antrag auf Aufhebung des §2 Abs2 Z2 und Z3, §3 Abs2 Z4, §4 Abs1 Z1 und §13 Abs2, Abs3 und Abs4 Bgld KanalanschlußG 1989 ist zulässig (Nach Art10 Abs1 Bgld L-VG 1981 besteht der Burgenländische Landtag aus 36 Mitgliedern.), unabhängig davon, ob nach der Einbringung durch die darauffolgende Landtagswahl Veränderungen in der Zusammensetzung des Landtages eingetreten sind (vgl. VfSlg. 8644/1979, S 112f.).

Keine Kompetenzwidrigkeit des §2 Abs2 Z2 und Z3, §3 Abs2 Z4, §4 Abs1 Z1 und §13 Abs2, Abs3 und Abs4 Bgld KanalanschlußG 1989.

Mit den bekämpften Bestimmungen hat der Landesgesetzgeber bloß eine Abgrenzung geschaffen, unter welchen Voraussetzungen eine Anschlußpflicht von Liegenschaften besteht.

Keineswegs trifft der Landesgesetzgeber aber damit bereits eine Regelung, wie Abwässer abzuleiten sind, damit eine Einwirkung auf fremde Rechte oder auf öffentliche Gewässer vermieden wird (VfSlg. 4387/1963). Diese Bestimmungen haben daher keinen wasserrechtlichen Charakter.

Keine Unsachlichkeit des §2 Abs2 Z2 und Z3 Bgld KanalanschlußG 1989.

Die von den Antragstellern vorgenommene Auslegung ist keinesfalls zwingend. Anders als die Z2 nimmt die Z3 nicht ein Grundstück schlechthin von der Anschlußpflicht aus, sondern nur bestimmte Bauten auf einer Liegenschaft, bei denen nur Niederschlagswässer anfallen. Es wäre eine Auslegung durchaus naheliegend, daß auch in diesem Fall das Versickern und Verrieseln auf eigenem Grund möglich sein muß.

Aber selbst wenn die Auslegung der Antragsteller zuträfe, wäre die Differenzierung nicht unsachlich. Nach Z2 sind Grundflächen von der Anschlußpflicht ausgenommen, bei denen typischerweise Vorkehrungen für eine Ableitung der Abwässer nicht erforderlich sind. Für Bauten besteht hingegen grundsätzlich Anschlußpflicht; nur dann, wenn aus den besonderen, unter Z3 genannten Umständen für (einzelne) Bauten der Anschluß nicht erforderlich ist, besteht die Anschlußpflicht nicht. Insoweit sind die Z2 und 3 nicht vergleichbar.

Keinesfalls ist der Gesetzgeber von vornherein verpflichtet, eine Anschlußpflicht von unbebauten Grundstücken vorzusehen, unabhängig davon, ob das Versickern oder Verrieseln durch natürliche Gegebenheiten erschwert wird oder nicht.

Keine Gleichheitswidrigkeit des §2 Abs2 Z2 und Z3 und des §4 Abs1 Z1 Bgld KanalanschlußG 1989.

Das Gesetz trifft gerade eine (sachlich) differenzierende Regelung, indem es die Anschlußpflicht an die öffentliche Kanalanlage nicht schematisch für sämtliche Grundstücke vorsieht, sondern von den örtlichen Gegebenheiten abhängig macht.

Der Verfassungsgerichtshof vermag die behauptete Gleichheitswidrigkeit des §3 Abs2 Z4 Bgld KanalanschlußG 1989 nicht zu erkennen: diese Bestimmung legt Fristen für den Anschluß fest, und zwar ab dem Zeitpunkt, ab dem der Anschluß möglich ist (vgl. §3 Abs1). Zu diesem Zeitpunkt bestehen zwei Möglichkeiten:

Die anzuschließenden Bauten bestehen bereits oder sie bestehen nicht. Wenn der Gesetzgeber hiebei nicht auf den seltenen Fall Rücksicht nimmt, daß ein zum Zeitpunkt der Schaffung der Anschlußmöglichkeit bereits bestehendes Gebäude noch niemals benützt wurde, kann ihm Unsachlichkeit nicht vorgeworfen werden.

Dem Vorbringen, die Abs2, Abs3 und Abs4 des §13 Bgld KanalanschlußG 1989 seien deswegen unbestimmt im Sinne des Art18 B-VG, weil in ihnen nicht detailliert die verfahrensrechtliche Vorgangsweise bei der rückwirkenden Ausnahme oder Befreiung von der Anschlußpflicht geregelt ist, ist zu erwidern, daß nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes das Verwaltungsverfahrensrecht genügend Möglichkeiten bietet, den inhaltlichen Geboten des Gesetzgebers in §13 Abs2 bis Abs4 Rechnung zu tragen.

Mit dem Hinweis, daß die rückwirkende Herausnahme aus der Kanalanschlußverpflichtung auch abgabenrechtliche Auswirkungen hätte und hiedurch gravierende Folgen für die Gebührenhaushalte der Gemeinden eintreten könnten, wird nicht dargetan, daß die Regelung unsachlich wäre, zumal gegen die Sachlichkeit des von §13 Abs2 Abs3 und Abs4 Bgld KanalanschlußG 1989 umfaßten Personenkreises, dem diese Begünstigung zukommt, nichts einzuwenden ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Kompetenz Bund - Länder Wasserrecht, Kompetenz Bund - Länder Kanalisation, Kanalisation, Anschlußpflicht (Kanal), Fristen Anschluß- (Kanal), Anschlußfrist (Kanal), Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G176.1990

Dokumentnummer

JFR_10088996_90G00176_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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