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50 GewerberechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / PrüfungsmaßstabLeitsatz
Abweisung des Antrages des VwGH auf Aufhebung von Umlagenbeschlüssen verschiedener Fachgruppen; keine Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der seinerzeitigen Konstituierung von seit Jahrzehnten von der Staatspraxis anerkannten VerwaltungsträgernRechtssatz
Der Verfassungsgerichtshof ist der Auffassung, daß der in seiner bisherigen Judikatur (VfSlg. 9751/1983, 10816/1986, 11394/1987, 12067/1989) lediglich für Gemeinden ausgesprochene Rechtsgedanke auf alle Verwaltungsträger übertragen werden muß, soll nicht eine dem rechtsstaatlichen Prinzip abträgliche Rechtsunsicherheit dadurch eintreten, daß bei jedem, von einem Verwaltungsorgan erlassenen Akt auch die Rechtmäßigkeit der Konstituierung des Verwaltungsträgers, für den das Verwaltungsorgan tätig wird, in Frage gestellt werden kann. Dies muß umsomehr dann gelten, wenn Verwaltungsträger, wie die in Rede stehenden Fachgruppen (Landesgremium Oberösterreich des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln, Landesgremium Oberösterreich des Parfümeriewarenhandels, Landesgremium Oberösterreich des Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften und Landesinnung Oberösterreich der Fleischer), von deren Bestand die Staatspraxis seit Jahrzehnten unbestritten ausgegangen ist, unter Bedingungen, wie sie in der unmittelbaren Nachkriegszeit bestanden, errichtet werden mußten (vgl. auch VfSlg. 1827/1949). Er hält es daher für unzulässig, die Rechtmäßigkeit von Akten eines Verwaltungsträgers auch im Hinblick darauf zu überprüfen, ob die Errichtung des Verwaltungsträgers selbst seinerzeit in jeder Beziehung rechtmäßig verlaufen ist. Insbesondere wird auch die Zuständigkeit der einen Bescheid oder eine Verordnung erlassenden Verwaltungsbehörde durch eine - behauptete - Rechtswidrigkeit der Vorgänge bei der Errichtung des - ebenfalls an sich zuständigen - Verwaltungsträgers nicht berührt.
Daß die betroffenen Fachgruppen rechtlich existent wurden, ist nicht zweifelhaft und wird vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht bestritten; hätte sich doch anders seine Anfechtung der Umlagenbeschlüsse von vornherein erübrigt. Der Rechtsbestand der konkreten Fachgruppen ist schon deshalb nicht zweifelhaft, weil unabhängig von den, diese Fachgruppen konstituierenden Akten der Landeskammer in der Stammfassung der Handelskammerwahlordnung, BGBl. 11/1950, im Anhang ausdrücklich von der Existenz der betreffenden Fachgruppen ausgegangen wird. Auch die Organe dieser Fachgruppen wurden mehrfach in demokratischen Wahlen bestellt, ohne daß einer dieser Wahlvorgänge mit der Behauptung angefochten worden wäre, die betreffenden Fachgruppen seien rechtswidrig errichtet worden (vgl. zur streitabschneidenden Wirkung der Nichtanfechtung von Wahlen grundsätzlich VfSlg. 7607/1975, Seite 601).
Die Errichtung von Fachgruppen stützte sich im übrigen ausschließlich auf das HandelskammerG, BGBl. 182/1946, das diesbezüglich weder eine besondere Zuständigkeitsvorschrift enthielt noch ein besonderes Verfahren anordnete.
(ebenso hinsichtlich von Umlagenbeschlüssen der Landesgremien Salzburg des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln, des Parfümeriewarenhandels sowie der Landesinnung Salzburg der Fleischer: V226-228/91, V224,225/91, V229,230/91, alle E v 16.10.91; hinsichtlich von Umlagenbeschlüssen der Landesinnung Kärnten der Fleischer: E v 16.10.91, V440,441/90).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Handelskammern, VfGH / Prüfungsmaßstab, Verordnungserlassung, Nichtigkeit absolute, Behördenzuständigkeit, Verwaltungsorgan, Rechtsstaatsprinzip, Verwaltungsträger KonstituierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V220.1990Dokumentnummer
JFR_10088990_90V00220_01