RS Vfgh 1991/10/16 G187/91, G269/91

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Veröffentlicht am 16.10.1991
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art129
B-VG Art129a
VStG §51 Abs1

Leitsatz

Keine lückenhafte bzw. unbestimmte Regelung der örtlichen Zuständigkeit der UVS zur Entscheidung über Berufungen in Verwaltungsstrafverfahren durch §51 Abs1 VStG; keine Einschränkung der Zuständigkeit der UVS auf Entscheidungen der Behörden des jeweiligen Bundeslandes durch Art129 B-VG

Rechtssatz

§51 Abs2 VStG bringt im zweiten Halbsatz deutlich und unmißverständlich den leitenden Grundgedanken zum Ausdruck, daß sich die örtliche Zuständigkeit der Berufungsbehörde nach dem Ort der Tatbegehung richten soll. Für bestimmte Fallgestaltungen besteht jedoch keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung. Es handelt sich hier also angesichts des offenkundigen Gesetzeszwecks um eine planwidrige (Regelungs-)Lücke, die sich aber an Hand der vom Gesetz selbst gegebenen Hinweise völlig zwanglos durch Analogie schließen läßt (vgl. dazu: VfSlg. 9748/1983), ohne daß von einer unbestimmten Kompetenzabgrenzung (VfSlg. 9937/1984) gesprochen werden könnte.

Erscheint der Tatort einer Verwaltungsübertretung im Erkenntnis der Strafbehörde nicht auf, ist ein Bescheid nicht nur aus dem Spruch, sondern unter Umständen auch im Zusammenhalt mit seiner Begründung auszulegen. Nennt auch die Bescheidbegründung den Tatort nicht ausdrücklich oder geht es um verfahrensrechtliche Bescheide, muß der Tatzuschreibung in örtlicher Beziehung der konkretisierte Tatvorwurf, wie er sich aus den Akten in Verbindung mit der Bescheidbegründung in der Regel notwendig ergibt, zugrundegelegt werden.

Hat nun der Beschuldigte die Tat in allen oder in mehreren Bundesländern verübt, ist zur Entscheidung über die Berufung - wie sich aus dem der Vorschrift des §51 Abs1 VStG innewohnenden Grundprinzip (: (inländischer) Tatort als Kompetenz-Bestimmungsgrund) herleiten und folgern läßt - jener Verwaltungssenat (örtlich) zuständig, in dessen Sprengel das Delikt nach den verwaltungsbehördlichen Sachverhaltsannahmen zum

ü b e r w i e g e n d e n Teil begangen wurde.

Geht es aber um Auslandstaten oder um Delikte, die in örtlicher Hinsicht letztlich wirklich unkonkretisier- und unzurechenbar bleiben, kommt in solchen Fällen - unter Bedachtnahme auf das Gebot der möglichst verfassungskonformen Interpretation - die nach Art und Gegenstand ähnlichste Regelung des VStG zur Anwendung (vgl. VfSlg. 7182/1973), nämlich die Vorschrift des §56 Abs3 VStG, die in Privatanklagesachen die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenats zur Entscheidung über die Berufung des Privatanklägers gegen die (Verfahrens-)Einstellung vom Sitz der Behörde abhängig macht, die den bekämpften Bescheid erlassen hat.

Die Bundesverfassung erfordert nicht, daß jedem unabhängigen Verwaltungssenat nur die Kontrolle der auf dem Territorium seines Landes ergehenden Entscheidungen zukomme. Mit Art129 B-VG ist der Amtssprengel der unabhängigen Verwaltungssenate (: "in den Ländern") festgelegt; er umfaßt das Gebiet des (Bundes-)Landes, von dem der jeweilige unabhängige Verwaltungssenat eingerichtet wurde. Im B-VG findet sich indessen keine Vorschrift, die konkrete Anknüpfungspunkte für die Beziehung einzelner Verwaltungsstrafsachen zum Landesgebiet und damit für die Bestimmung der örtlichen Kompetenz (der unabhängigen Verwaltungssenate) vorsieht.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Unabhängiger Verwaltungssenat, Behördenzuständigkeit, Verwaltungsverfahren, Zuständigkeit örtliche, Verwaltungsstrafrecht, Auslegung, Analogie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G187.1991

Dokumentnummer

JFR_10088984_91G00187_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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