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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Zuständigkeit der OBDK zur Entscheidung über eine Berufung gegen eine Weisung des Ausschusses einer Rechtsanwaltskammer sowie über einen Antrag auf Hemmung des Vollzugs dieser Weisung; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung dieser Berufung; Zuständigkeit der OBDK als Rechtsmittelinstanz gegen Entscheidungen des Kammerausschusses nur in den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen; Zurückweisung der eventualiter bekämpften Weisung als verspätetRechtssatz
Die dem Beschwerdeführer erteilte Weisung (Verfassung einer Aufstellung über alle Ein- und Ausgänge von Fremdgeldern seiner Kanzlei; Offenlegung aller Konti, über welche Fremdgelder ein- und ausgegangen sind) wurde vom Ausschuß und nicht vom Disziplinarrat der Tiroler Rechtsanwaltskammer erteilt; es handelt sich also um einen Akt des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer, der gemäß §67 Abs1 DSt 1990 in Vollziehung einer Entscheidung des Disziplinarrates, nämlich eines Beschlusses, mit dem eine einstweilige Maßnahme verfügt wurde (Überwachung der Kanzleiführung des Beschwerdeführers; §17 Abs3 Z1 lita DSt 1872, §19 Abs3 Z1 lita DSt 1990), gesetzt wurde.
Gegen einen solchen Vollzugsakt kann die OBDK nicht angerufen werden. Denn sie ist zwar allgemein berufen, über Beschlüsse und Erkenntnisse des Disziplinarrates nach Maßgabe des Sechsten Abschnittes des DSt 1990 (§§46 ff.) zu entscheiden, gegen Entscheidungen des Kammerausschusses ist die OBDK jedoch nur in den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen Rechtsmittelinstanz (s. §1a, §5a und §30 Abs4 RAO; vgl. zu der vergleichbaren Rechtslage nach dem DSt 1872 VfSlg. 3311/1958).
Der belangten Behörde kam somit keine Zuständigkeit zu, über die an sie gerichtete Berufung und über den unter einem gestellten Antrag, den Vollzug der bekämpften Weisung zu hemmen, zu entscheiden.
Da die Berufung und der Antrag somit zu Recht zurückgewiesen worden sind, ist der Beschwerdeführer im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt.
Die Erledigung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer ist dem Beschwerdeführer am 11.02.91 zugegangen. Sie enthielt keine Rechtsmittelbelehrung, daß gegen diesen Akt eine Berufung an die OBDK zulässig sei. Wenn der Beschwerdeführer darlegt, die Frist zur Einbringung einer Beschwerde sei von ihm gewahrt, da vor Vorliegen des am 31.05.91 zugestellten Beschlusses (der OBDK), mit dem seine Berufung mangels Zuständigkeit der OBDK zurückgewiesen wurde, der Beschwerdeführer nicht hat wissen können, daß ein Rechtsmittel gegen Beschlüsse und Weisungen der Rechtsanwaltskammer nicht möglich ist, so wird damit nicht die rechtzeitige Einbringung der Beschwerde gegen die Weisung des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltkammer belegt. Da die eventualiter bekämpfte Weisung am 11.02.91 zugestellt wurde, war die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde, die erst am 15.07.91 hg. eingegangen ist, seit langem verstrichen.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Rechtsanwaltskammer, VfGH / Fristen, Weisung, Berufung, BehördenzuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B792.1991Dokumentnummer
JFR_10088875_91B00792_2_01