RS Vfgh 1991/11/30 B728/91

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Veröffentlicht am 30.11.1991
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
KStG 1988 §8 Abs4 Z2
KWG §23
EStG 1988 §27 Abs1 Z4
EStG 1988 §37 Abs1 Z3

Leitsatz

Keine Verletzung im Gleichheits- und Eigentumsrecht durch Vorschreibung von Einkommensteuer auf Zinserträge ohne Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Einkünfte aus offenen Ausschüttungen und ohne Abzug der entrichteten Vermögensteuer als Sonderausgabe analog dem KStG 1988; keine Unsachlichkeit der Regelung infolge erschwerter Erfaßbarkeit der Abgabe

Rechtssatz

Im Erkenntnis VfSlg. 10827/1986 hat der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertreten, daß die Nichtanrechnung entrichteter Zinsertragsteuer auf die Einkommensteuer zu einer - im Ergebnis dem Gleichheitsgrundsatz widersprechenden - doppelten Besteuerung des Abgabepflichtigen führt. Gegen das System der durch das Bankgeheimnis erschwerten einkommensteuerlichen Erfaßbarkeit von Einkünften aus Kapitalvermögen hat der Gerichtshof jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken geäußert, auch nicht gegen die Besteuerung von Zinsen an sich. Der Verfassungsgerichtshof sieht auch im vorliegenden Fall keinen Anlaß zu verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Gesetzgeber überschreitet nicht den ihm zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, wenn er bei Abwägung der mit dem Bankgeheimnis (§23 KWG) verbundenen Konsequenzen (etwa der Vermeidung der Kapitalflucht ins Ausland sowie der Wahrung des Datenschutzes) mit der dadurch verursachten erschwerten einkommensteuerlichen Erfaßbarkeit von Einkünften aus Kapitalvermögen diese erschwerte Erfaßbarkeit in Kauf nimmt.

Der Umstand, daß eine - an sich sachliche - Regelung (möglicherweise in größerem Ausmaß) nicht befolgt wird, macht eine solche Regelung noch nicht unsachlich. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9006/1981 S. 23, 9121/1981 S. 424, 11727/1988 S. 599, 11912/1988 S. 564 sowie 11998/1989 S. 217) ist der Hinweis, eine Gesetzesbestimmung könne gesetzwidrig oder mißbräuchlich vollzogen werden, nicht geeignet, Bedenken gegen deren Verfassungsmäßigkeit hervorzurufen. Dieser Grundgedanke gilt auch dann, wenn es - wie hier - nicht um eine mißbräuchliche Anwendung des Gesetzes durch die Behörde geht, sondern wenn der Steuerpflichtige die erschwerte Erfaßbarkeit der Abgabe mißbräuchlich ausnützt.

In den von der Beschwerdeführerin kritisierten Fällen dienen die Regelungen dem - keineswegs unsachlichen - Ziel, wirtschaftliche Doppelbelastungen zu entschärfen (im Falle des §37 Abs1 Z3 EStG bei ausgeschütteten Gewinnen von Kapitalgesellschaften, im Fall des §8 Abs4 Z2 KStG 1988 betreffend die Abzugsfähigkeit der Vermögensteuer bei Anteile ausgebenden juristischen Personen).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Einkommensteuer, Kapitalertragsteuer, Zinsertragsteuer, Kreditwesen, Körperschaftsteuer, Bankgeheimnis, Tarif (Einkommensteuer)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B728.1991

Dokumentnummer

JFR_10088870_91B00728_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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