Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung einer Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Kuchl betreffend die Umwidmung des "Brennhoflehens" von "Grünland" in "Bauland" mit der Nutzungsart "Gewerbegebiet" mangels Auftretens neuer Tatsachen seit Erlassung der Planungsgrundlagen bzw infolge Unterbleibens der gebotenen Grundlagenforschung als Voraussetzung für eine Änderung des räumlichen EntwicklungskonzeptesRechtssatz
Für den Bereich der Verwaltung des Landes Salzburg wurde die Volksanwaltschaft mit dem LandesverfassungsG vom 24.10.79, LGBl. Nr. 86, für zuständig erklärt.
Der unter Berufung auf Art148e iVm Art148i Abs1 B-VG gestellte Antrag der Volksanwaltschaft auf Aufhebung der gemäß Art15 Abs1 B-VG als Verordnung einer Landesbehörde iS des Art139 B-VG geltenden Verordnung über die Änderung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Kuchl wegen Gesetzwidrigkeit ist somit zulässig.
Die Verordnung der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Kuchl vom 22.08.89 betreffend die zweite Teilabänderung des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Kuchl, mit der der Bereich des "Brennhoflehens" in der Katastralgemeinde Kellau als "Bauland" mit der Nutzungsart "Gewerbegebiet" gewidmet wird, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 06.03.90, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Kuchl in der Zeit vom 28.03. bis 17.04.90, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die rechtliche Zulässigkeit der bekämpften Änderung des Flächenwidmungsplanes kann nicht aus §18 Abs1, zweiter Fall, Sbg RaumOG 1977 (Änderung der Planungsgrundlagen infolge Auftretens wesentlicher neuer Tatsachen) nachvollziehbar hergeleitet werden.
Bereits im Zuge der Erstellung des räumlichen Entwicklungskonzeptes 1983 der Marktgemeinde Kuchl, das eine der Grundlagen des hier maßgeblichen, am 06.09.84 in Kraft getretenen Flächenwidmungsplanes bildete, hatten die Miteigentümer der zum "Brennhoflehen" gehörenden Grundflächen deren Umwidmung in Bauland angestrebt, dessen ungeachtet aber im Siedlungsleitbild des räumlichen Entwicklungskonzeptes 1983 ua. festgelegt wurde, daß im Talboden größere Grünflächen in ihrem Zusammenhang ungestört der Landwirtschaft erhalten bleiben sollten.
Der Umstand, daß die im Flächenwidmungsplan 1984 als Gewerbegebiet ausgewiesenen Grundflächen infolge unterschiedlicher Preisvorstellungen der Grundeigentümer und der Interessenten tatsächlich nicht für Betriebsansiedlungen verfügbar sind, bildet keine die vorgesehene Änderung des Flächenwidmungsplanes rechtlich ermöglichende Änderung der Planungsgrundlagen. Dies gilt gleichermaßen für die Tatsache, daß für die zum "Brennhoflehen" gehörigen Grundflächen nach dem Wunsch ihrer Eigentümer und dem durch eine Bürgerbefragung ermittelten Willen eines erheblichen Teiles der Gemeindemitglieder die Möglichkeit einer gewerblichen Nutzung eröffnet werden soll.
Die von der Gemeindevertretung am 04.07.89 beschlossene "Modifikation" des räumlichen Entwicklungskonzeptes 1983 in der Weise, daß bei im übrigen unveränderter Beibehaltung des Siedlungsleitbildes das Gebiet des "Brennhoflehens" die Funktion "geeignet für Betriebsansiedlung" erhalten (und von einem Grüngürtel umgeben sein) soll, bewirkt eine inhaltliche Widersprüchlichkeit des modifizierten Siedlungsleitbildes. Insbesondere steht die Änderung im Gegensatz zur Aussage, daß im Talboden größere Grünflächen in ihrem Zusammenhang ungestört der Landwirtschaft erhalten bleiben sollen.
Auch die in §18 Abs1, erster Fall, Sbg RaumOG 1977 umschriebenen Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Änderung des Flächenwidmungsplanes (Änderung des räumlichen Entwicklungskonzeptes aus wichtigen Gründen) liegt nicht vor.
Wenn - wie hier - das Gesetz die vom Verordnungsgeber zu erlassende Planungsnorm nur final, dh. im Hinblick auf bestimmte zu erreichende Planungsziele determiniert, sind die auf der Grundlage solcher Ermächtigungen erlassenen Planungsmaßnahmen strenge darauf hin zu prüfen, ob die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers in ausreichendem Maße erkennbar sind (VfSlg. 10711/1985 mit Hinweisen auf Vorjudikatur)).
Daß eine Strukturuntersuchung gemäß §9 Abs2 dritter Satz Sbg RaumOG 1977 vor der Beschlußfassung über die Änderung des räumlichen Entwicklungskonzeptes in ausreichendem Umfang stattgefunden hätte, ist nicht ersichtlich. Die Koordinationsbesprechung im Amt der Salzburger Landesregierung am 10.04.87 vermag, da sie sich lediglich auf eine bestimmte Teilfläche des "Brennhoflehens" bezog und zudem die Notwendigkeit näherer Prüfungen und Untersuchungen durch die Marktgemeinde Kuchl erkennen ließ, die Vornahme der gesetzlich vorgeschriebenen Strukturuntersuchung der Gemeinde nicht zu ersetzen.
Infolge des Unterbleibens der gebotenen Grundlagenforschung fehlt, wie die Volksanwaltschaft zutreffend hervorhebt, der Nachweis für das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der iS des §18 Abs1, erster Fall, Sbg RaumOG 1977 eine Voraussetzung für die Änderung des räumlichen Entwicklungskonzeptes und für eine darauf aufbauende Änderung des Flächenwidmungsplanes zu bilden vermöchte.
Der Volksanwaltschaft ist beizupflichten, wenn sie aus der Vorgangsweise der zuständigen Organe der Marktgemeinde Kuchl (ua. Kundmachung der beabsichtigten Änderung des Flächenwidmungsplanes noch vor der Beschlußfassung über die Änderung des räumlichen Entwicklungskonzeptes 1983) den Schluß zog, das mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes angestrebte Ergebnis sei bereits zu einem Zeitpunkt festgestanden, in dem noch nicht einmal die formellen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien.
Schlagworte
VfGH / Prüfungsgegenstand, Volksanwaltschaft, Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Planungsakte Verfahren (Flächenwidmungsplan)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V16.1991Dokumentnummer
JFR_10088798_91V00016_01