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27 RechtspflegeNorm
MRK Art10Leitsatz
Gesetz- (bzw Verfassungs-)widrigkeit des Verbotes jeglicher Werbehandlungen eines Rechtsanwaltes in §46 RL-BA 1977; gesetzes-(verfassungs-)konforme Auslegung im Sinne der Meinungsäußerungsfreiheit nicht möglichRechtssatz
In §46 RL-BA 1977 waren das Wort "sich" und die Wortfolge "zu einer Vertretung anbieten oder" gesetzwidrig.
Auch die kommerzielle Werbung fällt in den Schutzbereich des Art10 MRK. Demnach kann der Gesetzgeber (bei Vorliegen einer Verordnungsermächtigung auch der Verordnungsgeber) Werbebeschränkungen für Rechtsanwälte vorsehen.
Während der Wortlaut des ersten Halbsatzes des §45 RL-BA 1977 einer gesetzes-(verfassungs-)konformen Auslegung zugänglich ist (vgl. E v 27.09.90, V95,96/90: Von der Werbebeschränkung ist nur ein Verhalten des Anwaltes betroffen, bei dem die Person des Anwaltes als solche in den Vordergrund gestellt und die Person nicht lediglich im Zusammenhang mit der Sachinformation über die berufliche Tätigkeit des Anwaltes erwähnt wird.), erlaubt der Wortlaut des ersten Tatbestandes des §46 RL-BA 1977 ("sich zu einer Vertretung anbietet") ein solches Verständnis nicht. Der eindeutige Wortlaut dieser Bestimmung umfaßt nicht nur verpönte, sondern jegliche, also auch sachbezogene Werbung und ist somit einer gesetzes-(verfassungs-)konformen Auslegung nicht zugänglich.
Damit aber halten sich die in Prüfung gezogenen Worte des §46 RL-BA 1977 nicht mehr im Rahmen eines verfassungskonformen Verständnisses des §10 Abs2 RAO sowie §2 DSt 1872.
(Anlaßfall: B86/90, E v 12.12.91, Aufhebung des angefochtenen Bescheides)
Schlagworte
Meinungsäußerungsfreiheit, Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, Werbeverbot (Rechtsanwälte), Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V575.1990Dokumentnummer
JFR_10088788_90V00575_01