RS Vfgh 1991/12/12 V246/91

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Veröffentlicht am 12.12.1991
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs4
Verordnung des Bundesministers für Soziale Verwaltung vom 13.12.82, BGBl 612/1982, über die Festsetzung des Hundertsatzes der Verzugszinsen
ASVG §59 Abs1

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Verordnung über die Höhe der Verzugszinsen von rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen in den Jahren 1986 bis 1989; Außerachtlassung des gesetzlichen Gebotes der Bedachtnahme auf den jeweiligen Nominalzinssatz für Bundesanleihen

Rechtssatz

Die Verordnung des Bundesministers für Soziale Verwaltung vom 13.12.82, BGBl. Nr. 612/1982, über die Höhe der Verzugszinsen gemäß §59 Abs1 ASVG, war vom Beginn des Jahres 1986 bis Ende des Jahres 1989 gesetzwidrig.

§59 Abs1 ASVG ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil ein Vergleich zwischen dem hier geregelten Hundertsatz und den privatrechtlichen Verzugszinsen nicht zulässig ist.

Die Wahl des Begriffes 'Bedachtnahme' legt die Auslegung nahe, daß zwar in bezug auf die Höhe des Hundertsatzes auf die verschiedenen Zwecke der Festsetzung von Verzugszinsen zu sehen ist, die Anpassung aber im wesentlichen doch den Bewegungen des Nominalzinssatzes für Bundesanleihen zu folgen hat.

Der Nominalzinssatz für Bundesanleihen fiel im Durchschnitt des Jahres 1986 auf 7,26, blieb 1987 und 1988 unter 7,00 und war 1989 erst wieder auf 7,12 gestiegen. Damit erweist sich der Abstand des festgesetzten Hundertsatzes von 10,5 auch unter Berücksichtigung des zur Erreichung des Gesetzeszweckes notwendigen Abstandes zum Nominalzinssatz als zu groß.

Durch allgemeine Erwägungen über die finanzielle Lage der Sozialversicherungsträger läßt sich die Außerachtlassung des gesetzlichen Gebotes nicht rechtfertigen.

Da der Nominalzinssatz für Bundesanleihen im Jahre 1990 wieder über 8,5 gestiegen ist und sich damit der Abstand sogar unter jene Größenordnung (von zwei Prozentpunkten) verringert hat, den der Gesetzgeber selbst bei Feststellung des Hundertsatzes bis zur Erlassung der Verordnung für angemessen erachtet hat, hat sich der Verfassungsgerichtshof auf die Feststellung zu beschränken, daß die Verordnung von 1986 bis 1989 gesetzwidrig war (Art139 Abs4 B-VG).

(Anlaßfall B665/90, E v 12.12.91, Aufhebung des angefochtenen Bescheides)

Entscheidungstexte

Schlagworte

Sozialversicherung, Verzugszinsen (Sozialversicherung), Zinsen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:V246.1991

Dokumentnummer

JFR_10088788_91V00246_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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