RS Vfgh 1991/12/13 V159/90

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Veröffentlicht am 13.12.1991
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Index

96 Straßenbau
96/01 Bundesstraßengesetz 1971

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22.08.88 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 2 Süd Autobahn-Anschlußstelle Gailtal im Bereich der Gemeinden Arnoldstein und Hohenthurn, BGBl Nr 492/1988
BStG 1971 §4 Abs1
BStG 1971 §7 Abs1

Leitsatz

Aufhebung einer Trassenverordnung betreffend die A 2 Süd Autobahn - Anschlußstelle Gailtal mangels Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens und die Umweltverträglichkeit; unterschiedliche bundes- und landesgesetzliche Regelungen hinsichtlich eines Straßenbaubewilligungsverfahrens vom Standpunkt des Gleichheitssatzes unbedenklich; Parteistellung der Anrainer im Verordnungserlassungsverfahren verfassungsrechtlich nicht geboten

Rechtssatz

Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22.08.88 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der A 2 Süd Autobahn-Anschlußstelle Gailtal im Bereich der Gemeinden Arnoldstein und Hohenthurn, BGBl Nr 492/1988, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Es verschlägt vom Standpunkt des Gleichheitssatzes nichts, wenn - anders als im Bundesstraßenrecht - einzelne Landesgesetzgeber in Wahrung ihrer Gesetzgebungshoheit ein besonderes Straßenbaubewilligungsverfahren vorsehen. Daß ähnliche Staatsaufgaben nicht nur von Land zu Land, sondern auch vom Bundes- und von den Landesgesetzgebern im Rahmen der ihnen verfassungsrechtlich zugemessenen Kompetenzen verschieden geregelt werden, liegt im Wesen des Bundesstaates.

Angesichts des verfassungsrechtlich unbedenklichen Verzichtes des Bundesgesetzgebers auf ein bescheidmäßig abzuschließendes Straßenbaubewilligungsverfahren (vgl. VfSlg. 11645/1988; siehe auch §4 Abs5 BStG 1971) gehen die Überlegungen der Antragsteller zur verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit der fehlenden Parteistellung der von der trassierten Straße betroffenen Anrainer schon deshalb ins Leere, weil derartige Parteienrechte lediglich in einem Verwaltungsverfahren, das zur Erlassung eines Bescheides führt, bestehen, im Verordnungserlassungsverfahren aber jedenfalls nicht verfassungsrechtlich geboten sind.

Die dem Bundesminister zum Zeitpunkt der Erlassung seiner Trassenverordnung vorliegenden Unterlagen reichten keinesfalls aus, Wirtschaftlichkeitsüberlegungen in dem durch §4 Abs1 BStG 1971 vorgeschriebenen Umfang anzustellen.

Mag es auch selbstverständlich sein, daß Kostenschätzungen im Jahre 1988 die (seit 1982) entsprechend gestiegenen Baukosten berücksichtigen müssen, so fehlt es dem Verfassungsgerichtshof gleichwohl an einem für den Zeitpunkt der Verordnungserlassung erstellten, entsprechend detaillierten und nach Maßgabe des Bauvorhabens aufgeschlüsselten Kostenrahmen. Darüber hinaus fehlt es schon in der vom März 1982 datierten Studie und erst recht in den im Verordnungsakt enthaltenen Unterlagen an einem Variantenvergleich, bei dem versucht wird, den Kosten der einzelnen Trassenvarianten deren jeweiligen Nutzen gegenüberzustellen. Der bloße Fahrzeitvergleich bildet jedenfalls keine ausreichende Nutzenüberlegung.

Auch die durch §4 Abs1 und §7 Abs1 BStG 1971 aufgetragene Bedachtnahme auf die "Umweltverträglichkeit" der festzulegenden Trasse war auf Grund der vorliegenden Unterlagen nicht möglich. Der "Umweltbericht" vom 15.07.83 listet zwar den direkten und indirekten Flächenbedarf der verschiedenen Trassenvarianten auf, führt jedoch zu Schadstoffimmissionen nichts aus und äußert sich in bezug auf schützenswerte Gebiete so kursorisch, daß er keine gehörige Entscheidungsgrundlage bildet.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenverwaltung, Straßenbaubewilligung, Kompetenz Bund - Länder, Kompetenz Bund - Länder Straßenverwaltung, Parteistellung Verordnungserlassung, Parteistellung Straßenverwaltung, Verordnungserlassung, Straßenverlaufsfestlegung, Trassierungsverordnung, Umweltschutz, Nachbarrechte, Bundesstaat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:V159.1990

Dokumentnummer

JFR_10088787_90V00159_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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