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58 Berg- und EnergierechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit 278,10 € bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die Vorschreibung von Beiträgen gemäß §10 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl. II Nr. 354/2001 (in der Folge: Stranded Costs-Verordnung II), für den Zeitraum vom 19. Februar 1999 bis 30. September 2001 als unbegründet ab.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab, weil die Beschwerde im Wesentlichen gegen die dem angefochtenen Bescheid "zugrunde liegenden Verordnungsbestimmungen" gerichtet sei.
II. Aus Anlass der zu B531/03 protokollierten Beschwerdesache beschloss der Verfassungsgerichtshof, die Gesetzmäßigkeit des §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II von Amts wegen zu prüfen. Mit Erkenntnis vom 11. Juni 2004, V3/04, hat der Verfassungsgerichtshof §10 Abs1 Stranded Costs-Verordnung II als gesetzwidrig aufgehoben.
III. 1. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, VfGH vom 13. März 1990, B1266/89 uva.).
Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren V3/04 begann am 11. Juni 2004. Die vorliegende Beschwerde langte bereits vor diesem Zeitpunkt beim Verfassungsgerichtshof ein, war also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnungsbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass dadurch die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei nachteilig beeinflusst wurde. Sie wurde somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.
Der Bescheid war daher aufzuheben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr von 180,- € und unter sinngemäßer Anwendung des §15 RATG (Streitgenossenzuschlag) ein Betrag von 5 % eines Pauschalsatzes sowie Umsatzsteuer in Höhe von 16,35 € enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B587.2003Dokumentnummer
JFT_09958994_03B00587_00