RS Vfgh 1992/2/28 WI-6/91

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Veröffentlicht am 28.02.1992
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0300 Landtagswahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 lita
EMRK 1. ZP Art3
Stmk LandtagswahlO 1960 §40 Abs1
Stmk LandtagswahlO 1960 §40 Abs3 Z1
Stmk LandtagswahlO 1960 §41
Stmk LandtagswahlO 1960 §46 Abs2 und 4

Leitsatz

Keine Stattgabe der Anfechtung einer Wahl zum Stmk Landtag; Zulässigkeit der Nichtbesetzung eines Listenplatzes mangels Identität der Wahlpartei mit der zuletzt auf diesem Listenplatz in den Landtag gewählten Wahlpartei; Rechtmäßigkeit der aus den Anfangsbuchstaben aller Wörter der Parteibezeichnung gebildeten Kurzbezeichnung; hinreichende Unterscheidbarkeit zweier Parteibezeichnungen

Rechtssatz

Anfechtung der Wahl zum Stmk Landtag vom 22.09.91 - keine Stattgabe.

§40 Stmk LandtagswahlO 1960 ("Kreiswahlvorschlag") spricht in seinem Abs1 von "wahlwerbenden Parteien", also von sogenannten Wahlparteien. Dem Wort "Partei" in der Bestimmung des §46 Abs2 Stmk LandtagswahlO 1960, die von §40 Abs1 ausgeht, kann kein anderer Inhalt beigelegt werden. Nur eine solche Wahlpartei war folglich im letzten Landtag "vertreten" in der Bedeutung des §46 Abs2, hier also die "Grün - Alternative Liste Steiermark (Grüne)

(VGÖ-AL)":

Den Listenplatz 4 hätten die im Jahr 1986 als gemeinsame Wahlpartei kandidierenden zwei Parteien also nur dann beanspruchen können, wenn sie 1991 wieder als (gemeinsame) Wahlpartei aufgetreten wären. Denn es liegt auf der Hand, daß die - nur einmal mögliche - Vergabe des strittigen Listenplatzes (4) an eine der beiden Parteien die andere so stellen müßte, als wäre sie im zuletzt gewählten Landtag gar nicht vertreten gewesen.

Den Wahlbehörden ist darum keine Gesetzesverletzung vorzuwerfen, wenn sie die Kreiswahlvorschläge gemäß §46 Abs4 Stmk LandtagswahlO 1960 mit "Liste 4 LEER" veröffentlichten.

Die Anfechtungswerberin ist mit ihrer Rüge nicht im Recht, daß die Kandidatur der wahlwerbenden Partei "Grünweiß - Recht überleben - Natur erhalten" unter der Kurzbezeichnung "GRÜNE" der Vorschrift des §40 Abs3 Stmk LandtagswahlO 1960 widersprochen habe und darum nicht zuzulassen gewesen wäre.

Im vorliegenden Fall bildete eine Wahlpartei (Grünweiß - Recht überleben - Natur erhalten) ihre Kurzbezeichnung (nicht aus willkürlich ausgewählten Buchstaben, sondern) aus den Anfangsbuchstaben aller Wörter ihrer Parteibezeichnung; nicht ein (einzelnes) Wort aus der Parteibezeichnung wurde - anders als in VfSlg. 12.064/1989 - als Kurzbezeichnung gewählt und übernommen. Insbesondere darf die hier tatsächlich aus Anfangsbuchstaben gebildete Kurzbezeichnung mit dem in der Parteibezeichnung aufscheinenden Wort "Grünweiß" sprachlich nicht gleichgesetzt werden. Angesichts des Umstands, daß für Wahlordnungen das Gebot strikter Wortinterpretation gilt, läßt sich die Rechtmäßigkeit der strittigen Kurzbezeichnung unter den Verhältnissen des konkreten Falls nicht mit Grund verneinen: Da es sich um eine in wörtlicher Auslegung des §40 Abs3 Z1 Stmk LandtagswahlO 1960 zulässige Kurzbezeichnung aus Buchstaben, nämlich aus den Anfangsbuchstaben aller Wörter der Parteibezeichnung handelt, kann es auf die Absicht der Wahlpartei bei der Bestimmung (Wahl) des Parteinamens - so etwa das naheliegende Bestreben, einen Parteinamen zusammenzustellen, der eine erwünschte und vorgegebene Kurzbezeichnung aus aneinandergereihten Anfangsbuchstaben der Wörter ebendieser Parteibezeichnung ermöglicht - nicht mehr ankommen. Eine andere Interpretation, die eine Erschwerung der Wahlbewerbung zur Folge hätte, verbietet sich schon im Hinblick auf das Verfassungsprinzip der Freiheit der Wahlwerbung, wie es sich aus Art3 des 1. ZP EMRK ergibt.

Der Wahlbehörde kann auch nicht vorgeworfen werden, sie habe die in §41 Stmk LandtagswahlO 1960 vorgeschriebene Vorgangsweise zu Unrecht unterlassen, weil es an den in dieser Gesetzesstelle vorausgesetzten "schwer unterscheidbaren" Parteibezeichnungen fehlt. Die hier relevanten Parteibezeichnungen, nämlich "Grünweiß - Recht überleben - Natur erhalten (GRÜNE)" und "Die Grüne Alternative, Grüne im Parlament (GAL)", die jeweils als unteilbares Ganzes zu sehen sind (vgl. VfSlg. 8848/1980 uam.), heben sich voneinander schon dadurch hinreichend deutlich ab, daß nur die zweite eine von anderen "Grüngruppierungen" merkbar und nachdrücklich abgrenzende Bezeichnung, und zwar das einprägsame Wort "Alternative", enthält und dieses Kennzeichnungsmerkmal zudem besonders augenfällig in den Vordergrund rückt (: "Die Grüne Alternative ...").

Entscheidungstexte

Schlagworte

Wahlen, Wahlvorschlag, Auslegung, Parteibezeichnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:WI6.1991

Dokumentnummer

JFR_10079772_91W00I06_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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