Index
27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Verlängerung der erforderlichen Verwendungszeit eines Rechtsanwaltsanwärters auf sechs bzw sieben Jahre wegen Verstoß gegen den Gleichheitssatz; Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung dieser Bestimmung mangels Legitimation; Zumutbarkeit der Beschreitung des VerwaltungsrechtswegesRechtssatz
§2 Abs2 RAO idF BGBl 556/1985 (ArtII Z2 RechtsanwaltsprüfungsG) war verfassungswidrig.
Bei der gesetzlichen Regelung, welche Dauer einer praktischen Verwendung ein Rechtsanwaltsanwärter vor der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte nachzuweisen hat, handelt es sich um eine Anordnung, die in den rechtspolitischen Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers fällt; der Gesetzgeber ist aber auch insofern vom Gleichheitsgebot nicht ausgenommen.
Die in Prüfung gezogene Regelung ist deshalb mit einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz belastet, weil sie die Dauer der praktischen Verwendung von fünf Jahren auf sieben bzw. sechs Jahre verlängert, ohne daß sich für diese Änderung eine sachliche Rechtfertigung findet.
Die Behauptung, die Reduzierung der Dauer der zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erforderlichen praktischen Verwendung von sieben auf fünf Jahre durch die RAO-Novelle 1973 habe zu Einbußen der fachlichen Qualifizierung der auszubildenden Rechtsanwaltsanwärter geführt, fand keine Bestätigung.
Die Änderung der Dauer der praktischen Verwendung auf sieben Jahre wurde vielmehr deshalb vorgeschlagen, um den Wünschen der Rechtsanwaltschaft entgegenzukommen.
Die berufliche Ausbildung der Rechtsanwaltsanwärter, die im Anschluß an eine universitäre Ausbildung zu erfolgen hat, ist in allen Staaten des Europarates nicht länger als in Österreich nach der RAO-Novelle 1973.
Die nach dem RechtsanwaltsprüfungsG vorgesehenen Teilprüfungen können in einem Zeitraum von vier Jahren und drei Monaten abgelegt werden, sodaß unter Berücksichtigung einer neunmonatigen Tätigkeit als Rechtspraktikant bei Gericht die fünfjährige Ausbildungszeit nicht verlängert zu werden brauchte.
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung des §2 Abs2 RAO idF BGBl 474/1990; Zumutbarkeit der Erwirkung eines Bescheides über die (Un-)Zulässigkeit der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (vgl. B v 12.10.91, G80,81/91).
(Anlaßfälle: E v 11.03.92, B520/90, E v 07.03.92, B355/91, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte, VfGH / Individualantrag, Rechtsanwälte AusbildungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:G315.1991Dokumentnummer
JFR_10079697_91G00315_01