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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung einer Gemeinderatswahl; rechtswidrige Stimmzettelbewertung in (nur) zwei Fällen; kein Einfluß auf das WahlergebnisRechtssatz
Den Wahlanfechtungen der ÖVP und der GAL hinsichtlich der Wahl zum Gemeinderat der Stadt Steyr vom 06.10.91 wird nicht stattgegeben.
Ein Wähler, der auf der für die Vergabe von Vorzugsstimmen vorgesehenen Stelle des amtlichen Stimmzettels bloß ein (liegendes) Kreuz oder mehrere derartige Kreuze oder einen unleserlichen Beisatz anbringt, bezeichnet damit keinen (bestimmten) "Bewerber" iSd §66 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991. Eine Auslegung, daß die bloße Ankreuzung des Stimmzettels in der Rubrik "Vorzugsstimmen" oder eine unleserliche Beifügung an dieser Stelle den Willen, jene Partei zu wählen, der diese Stimmzettelrubrik entspricht, auf eine der "Bezeichnung eines, mehrerer oder aller Bewerber einer Parteiliste" adäquate "andere Weise" (als in Satz 2 des §66 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991 beschrieben) eindeutig erkennen lasse (§66 Satz 3 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991), scheitert an §69 Abs1 Z3 iVm §67 Abs2 und Abs3 Z1 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991. Denn nach diesen Vorschriften ist ein solcher Stimmzettel allein schon deshalb ungültig, weil (zwar Vorzugsstimmenrubriken, aber) "überhaupt keine veröffentlichte Parteiliste angezeichnet" und "kein Bewerber daraus angeführt" wurden.
Ein Stimmzettel weist in den neben den Parteibezeichnungen ÖVP und VGÖ vorgedruckten Kreisen je ein Kreuz auf und ist somit nach §69 Abs1 Z4 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991 ungültig, weil "zwei . . . Parteilisten angezeichnet wurden".
Ein weiterer Stimmzettel wurde von der zuständigen Sprengelwahlbehörde mit Recht für ungültig befunden, da die eine angeführte Vorzugsstimme als nicht vergeben gilt, weil die bezeichnete Person in keiner veröffentlichten Parteiliste aufscheint (§67 Abs4 Z1 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991), und die andere Vorzugsstimme ungültig ist, weil nicht feststeht, welchen Bewerber der Wähler bezeichnen wollte (§67 Abs3 Z1 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991).
Wenn ein Wähler einen Stimmzettel in den Bereichen zweier Parteien derart anzeichnet, daß seine Stimme - bei isolierter Betrachtung dieser Stimmzettelabschnitte - für jede der beiden Gruppierungen gültig abgegeben wäre (einerseits mit einem (liegenden) Kreuz in dem neben der einen Parteibezeichnung vorgedrucktem Kreis und andererseits mit dem Familiennamen eines Bewerbers einer anderen Partei in der für diese Partei vorgesehenen Rubrik "Vorzugsstimmen"), so bleibt offen, für welche Parteiliste er sich, so er überhaupt gültig wählen wollte, tatsächlich entschieden hatte (§69 Abs1 Z5 Oö Statutargemeinden-WahlO 1991). Ein derartiger Stimmzettel ist daher allein schon deshalb als ungültig anzusehen.
Zusammenfassend ergibt sich, daß die Behauptung rechtswidriger Stimmzettelbewertung in jeweils nur einem der von der ÖVP bzw. der GAL gerügten Fälle zutrifft.
Die den Sprengelwahlbehörden unterlaufenen Rechtswidrigkeiten hatten insgesamt nicht zur Folge, daß eine der Anfechterinnen bei der Vergabe der Gemeinderatsmandate unzulässig benachteiligt worden wäre. Den Wahlanfechtungen der ÖVP und der GAL war daher nicht stattzugeben, weil die festgestellten Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens insgesamt betrachtet auf das Wahlergebnis nicht von Einfluß waren.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Wahlen, Stimmzettel, Parteibezeichnung, Wahlergebnis, VorzugsstimmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:WI11.1991Dokumentnummer
JFR_10079690_91W0I011_01