RS Vfgh 1992/3/10 B696/91

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Veröffentlicht am 10.03.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/11 Vereins- und Versammlungsrecht

Norm

StGG Art12 / Vereinsrecht
VereinsG 1951 §4 Abs2 litj
EMRK Art11
ZPO §577 ff
ZPO §599 Abs2

Leitsatz

Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsfreiheit durch Untersagung der Bildung eines Vereines wegen der Art der Bestellung der Mitglieder des Streitschlichtungsorganes (Vorstand bestellt 3 der 5 Mitglieder); keine Anwendbarkeit des vierten Abschnittes der ZPO auf "Vereinsschiedsgerichte"; Unabhängigkeit der Organwalter nicht in selbem Maße gefordert; einziges gesetzliches Kriterium - Eignung des Organs zur Konfliktlösung - erfüllt

Rechtssatz

§4 Abs2 litj VereinsG 1951 ordnet an, daß den Statuten die Art der Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis zu entnehmen sein muß. Eine weitergehende gesetzliche Regelung besteht nicht. Eine solche Statutenregelung muß so beschaffen sein, daß das dort vorgesehene Organ grundsätzlich zur Schlichtung solcher Streitigkeiten in der Lage sein muß; daß die Organwalter im Effekt die gleiche Unabhängigkeit aufweisen müßten, wie dies für Schiedsgerichte (gemäß den §577 ff ZPO) gilt, ist aus dieser gesetzlichen Regelung aber nicht abzuleiten. Vielmehr ordnet §599 Abs2 ZPO ausdrücklich an, daß die in Gemäßheit des Vereinsgesetzes zur Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnisse errichteten Schiedsgerichte den Bestimmungen des vierten Abschnittes der ZPO nicht unterworfen sind. Wiewohl nämlich die auf Grundlage von §4 Abs2 litj des VereinsG 1951 eingerichteten Organe üblicherweise als "Vereinsschiedsgericht" bezeichnet werden, handelt es sich bei ihnen gerade nicht um Schiedsgerichte im eigentlichen Sinne (vgl. insbesondere OGH SZ 51/154).

Daß aber die in den vorgelegten Statuten vorgesehene Art der Bestellung des Schlichtungsorganes - dem Vorstand kommt die Befugnis zu, drei der insgesamt fünf Mitglieder des Streitschlichtungsorganes zu bestellen - dazu führte, daß dieses die ihm zukommende Funktion nicht zu erfüllen vermöchte, konnte die belangte Behörde nicht mit gutem Grund dartun. Dabei ist nämlich zu berücksichtigen, daß das VereinsG 1951 im Sinne der Vereinsfreiheit auszulegen ist und dieses verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nur die aus der Sicht der öffentlichen Interessen notwendigen Eingriffe in die Vereinsfreiheit zuläßt (vgl. Art11 Abs2 EMRK).

Die vorgelegten Statuten sind mangels Widerspruchs zu §4 Abs2 litj VereinsG 1951 nicht gesetzwidrig, zumal durch keine wie immer geartete Gestaltung der Statuten ausgeschlossen werden kann, daß sich der im vereinsinternen Streitbeilegungsverfahren unterlegene Teil an Instanzen außerhalb des Vereins wendet.

Die Beschwerdeführer wurden deshalb durch den angefochtenen Bescheid in ihrem durch Art12 StGG und Art11 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereinsfreiheit verletzt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Vereinsrecht, Verein Untersagung, Schiedsgerichte, Statuten Verein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B696.1991

Dokumentnummer

JFR_10079690_91B00696_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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