RS Vfgh 1992/3/10 G259/91

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Veröffentlicht am 10.03.1992
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Index

35 Zollrecht
35/02 Zollgesetz 1955

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
ZollG 1988 §59 Abs5 zweiter Satz

Leitsatz

Aufhebung der im ZollG 1988 normierten Zustellfiktion (Zustellung an den Anmelder gilt als Zustellung an den Empfänger) betreffend zollamtliche Bestätigungen wegen Gleichheitswidrigkeit; Unsachlichkeit der Regelung wegen nicht erkennbarer Rechtsschutzmöglichkeit zur Abwehr der Wirkung der Zustellfiktion

Rechtssatz

§59 Abs5 zweiter Satz ZollG 1988, BGBl. Nr. 644, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Verwaltungsökonomische Überlegungen, wie sie §59 Abs5 zweiter Satz ZollG 1988 zugrundeliegen, können nicht jede Regelung sachlich rechtfertigen.

Zwar erlangt der Warenempfänger von der zollamtlichen Bestätigung meist ohnehin (rechtzeitig) Kenntnis, die Zustellfiktion des §59 Abs5 zweiter Satz ZollG 1988 entfaltet jedoch nur dann Wirkung, wenn die in der zollamtlichen Bestätigung (oder in der dieser zugrundeliegenden Anmeldung) als Empfänger genannte Person auch tatsächlich der Warenempfänger ist. Eine fälschlicherweise als Warenempfänger bezeichnete Person hat aber in der Regel keine Veranlassung, sich für die Existenz einer zollamtlichen Bestätigung zu interessieren; dies wird - wie im Anlaßfall - meist die Versäumung der Berufungsfrist nach sich ziehen. Da die an diese Person gerichtete Aufforderung, die mit der zollamtlichen Bestätigung vorgeschriebenen Eingangsabgaben zu bezahlen, kein (Haftungs-)Bescheid ist und daher ein Rechtsmittel gegen die Aufforderung nicht in Frage kommt, bestünde für die Person nur die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung einzubringen, daß sie nicht der Warenempfänger und daher die Zustellfiktion für sie nicht wirksam sei; darüber hätte die Behörde bescheidmäßig abzusprechen.

Dieser für den Betroffenen einzige rechtliche Weg, die Wirkung der Zustellfiktion abzuwehren, ist jedoch weder für die Behörden, noch für den Normunterworfenen auch bei sorgfältigem Studium der Rechtsvorschriften erkennbar. Unter diesen Umständen mangelt dem fälschlicherweise als Warenempfänger Bezeichneten im Effekt jeglicher Rechtsschutz; das aber ist unsachlich.

(Anlaßfall B31/91, E v 10.03.92, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Zollrecht, Finanzverfahren, Zustellung, Rechtsschutz, Zustellfiktion

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G259.1991

Dokumentnummer

JFR_10079690_91G00259_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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