Index
94 SchiffahrtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Bedenken gegen eine die Erwerbsausübungsfreiheit einschränkende, doch im öffentlichen Interesse gelegene Bestimmung des SchiffahrtsG 1990 betreffend die Erteilung von Schiffahrtskonzessionen; Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch zu Unrecht erfolgte Verweigerung der Sachentscheidung infolge verfehlter Annahme eines Formgebrechens (Unterlassen der Beibringung von Belegen zur Stützung eines Antrags auf Erteilung einer Schiffahrtskonzession)Rechtssatz
Der Verfassungsgerichtshof hat gegen §79 Abs2 Z2 SchiffahrtsG 1990 weder das Bedenken, daß er dem Art6 StGG (vgl. hiezu zB VfSlg. 11749/1988) widerspricht, noch daß er sonst im Gegensatz zur Bundesverfassung steht. Diese Vorschrift liegt schon deswegen im öffentlichen Interesse, weil sie das - nicht bloß für die Schiffahrtsbehörde - aufwendige Verfahren zur Feststellung des volkswirtschaftlichen Interesses iS des §79 Abs2 Z5 SchiffahrtsG 1990 für den Fall erspart, daß der Bewerber voraussichtlich ohnehin nicht über die erforderlichen Fahrzeuge oder Schwimmkörper wird verfügen können. Sie vermag auch von vornherein zu hindern, daß gleichsam auf Vorrat Schiffahrtskonzessionen gehortet werden, deren Ausübung zumindest vorerst gar nicht beabsichtigt ist, wodurch allenfalls ernsthafte Bewerber von einem Konzessionserwerb unnötig lang ausgeschlossen würden. Eine Abwägung der mit der erwähnten Vorschrift für den Bewerber verbundenen Mühen mit den für die Allgemeinheit und sonstige Interessenten verbundenen Vorteilen ergibt, daß dem Bewerber mit gutem Grund zugemutet werden kann, die in Rede stehende Einschränkung der Erwerbsfreiheit in Kauf zu nehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft eine Sachentscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Schiffahrtskonzession dadurch verweigert, daß dieser mit der Begründung, daß der behördliche Auftrag, formelle Mängel zu beheben, nicht befolgt worden sei, gemäß §13 AVG zurückgewiesen wurde.
Das Unterlassen der Beibringung von Belegen, die dem Nachweis einer bestimmten Befähigung zum Antritt eines Gewerbes dienen, stellt jedoch kein bloßes Formgebrechen dar. Werden einem Anbringen Belege nicht angeschlossen, so kann ein solcher Fehler nur dann ein Formgebrechen darstellen, wenn das Gesetz (ausdrücklich) vorschreibt, daß der Eingabe bestimmte Unterlagen anzuschließen sind.
Entgegen der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Meinung schreibt nun §79 Abs2 Z2 SchiffahrtsG 1990 nicht vor, daß dem Konzessionsantrag bestimmte Unterlagen beizufügen sind, sondern verlangt eine behördliche Prognoseentscheidung (daß nämlich der Konzessionswerber über die erforderlichen Fahrzeuge oder Schwimmkörper wird verfügen können), zu der der Antragsteller qualifiziert beizutragen hat. Mißlingt ihm die vom Gesetz geforderte Glaubhaftmachung, so wirkt sich das (für ihn negativ) auf die inhaltliche Beurteilung des Anbringens aus.
Schlagworte
Schiffahrt, Erwerbsausübungsfreiheit, Bescheidbegründung, Verwaltungsverfahren, Formgebrechen, öffentliches InteresseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B672.1991Dokumentnummer
JFR_10079391_91B00672_01