RS Vfgh 1992/6/11 G2/92

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Veröffentlicht am 11.06.1992
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/04 Apotheken, Arzneimittel

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
ApothekenG §3 Abs2
ApothekenG §3 Abs3 und Abs4

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung im ApothekenG betreffend die vom Konzessionswerber für die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke in Orten mit bereits einer bestehenden Apotheke geforderte fachliche Tätigkeit von zehn Jahren wegen Widerspruchs zur Erwerbsausübungsfreiheit und zum Gleichheitsgrundsatz; unsachliche Differenzierung zwischen Konzessionswerbern hinsichtlich der geforderten fünf- bzw zehnjährigen fachlichen Tätigkeit

Rechtssatz

Der Prüfungsumfang wurde nicht zu eng gefaßt: §3 Abs3 und Abs4 ApothekenG wurde von der belangten Behörde bei der Erlassung des im Beschwerdeverfahren angefochtenen Bescheides nicht angewendet.

Diese Bestimmungen beziehen sich ihrem Wortlaut und Sinngehalt zufolge ausschließlich auf die in Prüfung gezogene Wortfolge in §3 Abs2 ApothekenG, also das sogenannte "Dezennium". Im Fall der Aufhebung dieser Wortfolge gehören die Absätze 3 und 4 des §3 ApothekenG weiterhin dem Rechtsbestand an; sie werden jedoch unanwendbar.

Die Wortfolge ", wenn es sich aber um die Erlangung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden Apotheke in Orten handelt, in denen bereits eine Apotheke besteht, zehn Jahre" im §3 Abs2 zweiter Satz ApothekenG wird wegen Widerspruchs zu Art6 StGG und Art7 B-VG als verfassungswidrig aufgehoben.

Der Gesetzgeber ging davon aus, daß eine fünfjährige fachliche Tätigkeit als zum selbständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke erforderliche Qualifikation hinreiche. Das Kennenlernen von Wettbewerbsregeln erfordert keine doppelt so lange Dauer an fachlicher Tätigkeit.

Der Verfassungsgerichtshof meint zwar, daß das mit der ApothekenG-Novelle 1965 primär verfolgte Ziel, die Neueröffnung öffentlicher Apotheken im dünner besiedelten ländlichen Raum zu fördern, vernünftig ist. Das zur Zielerreichung eingesetzte Mittel (nämlich die Normierung einer zehnjährigen - statt der sonst vorgesehenen fünfjährigen - Dauer der fachlichen Tätigkeit für Bewerber um eine neue Apothekenkonzession in Orten, in denen bereits eine Apotheke besteht) führt aber zu einer unsachlichen Differenzierung zwischen Konzessionswerbern. In Wahrheit läuft die Regelung auf einen unzulässigen Konkurrenzschutz hinaus.

(Anlaßfall B754/91, E v 26.06.92, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

  • G 2/92
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 11.06.1992 G 2/92

Schlagworte

VfGH / Prüfungsumfang, Apotheken, Berufsrecht Apotheken, Konzessionserteilung (Apotheken), Erwerbsausübungsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G2.1992

Dokumentnummer

JFR_10079389_92G00002_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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