RS Vfgh 1992/6/17 B1216/90

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Veröffentlicht am 17.06.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/10 Grundrechte, Datenschutz, Auskunftspflicht

Norm

StGG Art4
StGG Art8
VStG §35 litc
EGVG ArtIX Abs1 Z1
EGVG ArtVIII zweiter Tatbestand

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit bzw auf Freizügigkeit der Person durch Festnahme und Anhaltung; vertretbare Annahme der Lärmerregung; Dauer der Anhaltung gerechtfertigt

Rechtssatz

Angesichts der Verfahrensergebnisse vermag der Verfassungsgerichtshof der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die Auffassung verficht, daß die einschreitenden Sicherheitswachebeamte mit gutem Grund annehmen durften, die Beschwerdeführer hätten durch das beschriebene Verhalten (mehrfaches Schreien beider Beschwerdeführer) die Verwaltungsübertretung nach ArtVIII zweiter Tatbestand EGVG begangen. Da die Qualifikation des Verhaltens der Beschwerdeführer als Verwaltungsübertretung immerhin vertretbar war, die Beschwerdeführer auf frischer Tat betreten wurden und die Tat trotz förmlicher Abmahnung (wobei es unerheblich ist, ob die der Festnahme vorausgegangene Abmahnung die Androhung der Festnahme enthielt) wiederholten, war der - von der Behörde herangezogene - Festnahmegrund des §35 litc VStG gegeben. Die bekämpften Festnahmen entsprachen somit dem Gesetz.

Erwähnt sei, daß der Verwaltungsstraftatbestand gemäß ArtVIII zweiter Tatbestand EGVG entgegen der Beschwerdeannahme nicht auf einen öffentlichen Ort abstellt; im übrigen aber stellt ein Polizeiwachzimmer einen öffentlichen Ort gemäß ArtIX Abs1 Z1 EGVG dar.

Dem Verfassungsgerichtshof ist nicht ersichtlich, warum das Eintreffen des Rechtsfreundes der Beschwerdeführer den Wegfall des Haftgrundes hätte bewirken können; eine derartiges anordnende Rechtsnorm besteht nicht.

Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß die Anhaltung der beiden Beschwerdeführer über das zulässige zeitliche Maß hinaus aufrechterhalten wurde, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Beschwerdeführer - was sie auch gar nicht bestreiten - unrichtige Angaben über ihre Wohnadresse machten, was zu - frustrierten - Überprüfungen Anlaß gab.

Der Schutz des Art4 StGG ist kein schrankenloser, die Schranken liegen in der gesamten Rechtsordnung. Daraus ergibt sich, daß Art4 StGG von vornherein nur eine Freizügigkeit im Rahmen der Rechtsordnung garantiert.

Da die Verhaftung und Anhaltung der Beschwerdeführer durch das Gesetz gedeckt war, ist es ausgeschlossen, daß sie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit der Person verletzt wurden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Festnehmung, Freizügigkeit, Lärmerregung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1216.1990

Dokumentnummer

JFR_10079383_90B01216_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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