Index
62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Verfassungswidrigkeit der Vorschrift über die Versagung einer Bewilligung zur Beschäftigung eines Ausländers allein wegen einer Übertretung des Beschäftigungsverbotes vor Bewilligungserteilung; keine teleologische Reduktion des - überschießenden - Gesetzeswortlautes auf Fälle ordnungsgemäßer Antragsbehandlung möglichRechtssatz
§4 Abs3 Z11 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, war bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 verfassungswidrig.
Nach dieser Regelung ist die Bewilligung zur Beschäftigung eines Ausländers allein deshalb zu versagen, weil die Beschäftigung bereits vor Erteilung der Bewilligung begonnen hat.
Die schwerwiegende Folge der Abweisung eines in der Sache begründeten Antrages läßt sich nur dann rechtfertigen, wenn die Behörde den Antrag auch ordnungsgemäß behandelt hat, nicht aber für die Zeit, deren Verstreichen auf eine von der Behörde selbst verursachte oder doch ihr zuzurechnenden Verzögerung zurückzuführen ist.
Ein Arbeitgeber darf seinen Antrag in der berechtigten Erwartung stellen, daß über ihn nach Durchführung des vorgesehenen Verfahrens ohne unnötigen Aufschub entschieden wird (§73 Abs1 AVG), und sein Verhalten nach den Erfahrungswerten einrichten, die der Behörde aus ihrer ständigen Praxis selbst hinreichend bekannt sind. Für ihn gilt das Beschäftigungsverbot als Ordnungsvorschrift bis zur Bewilligung weiter. Vor diesem Zeitpunkt beschäftigt er den Ausländer - was die spätere Bewilligung anlangt - immer auf eigenes Risiko.
Es wäre unsachlich, wenn die Behörde die Beschäftigungsbewilligung immer versagen könnte, wenn dieser Ordnungsvorschrift zuwidergehandelt wurde. Es kann nicht gleichgültig sein, warum und wie lange die Entscheidung über den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung ausbleibt. Ein Gesetz, das eine Bedachtnahme auf diese Frage unter keinen Umständen zuläßt, schießt über das Ziel.
Der vorläufigen Annahme, daß die Behörde nach dem Stande der Rechtsordnung vor der Novelle 1990 nicht ermächtigt sein sollte, im Wege einer teleologischen Reduktion des Gesetzeswortlautes die einschneidende Rechtsfolge der Versagung der Beschäftigungsbewilligung allein wegen Übertretung des Beschäftigungsverbots vor Bewilligungserteilung von sich aus auf Fälle ordnungsgemäßer Behandlung von Anträgen zu beschränken, ist im Verfahren niemand entgegengetreten.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, AuslegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:G330.1991Dokumentnummer
JFR_10079377_91G00330_01