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16 MedienrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Beschränkung des Anschlagens von Druckwerken auf bestimmte Plätze zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung aus der Sicht der Pressefreiheit verfassungsrechtlich unbedenklich; Gesetzwidrigkeit einer Plakatierungsverordnung mangels umfassender Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Erlassung eines Plakatierungsverbotes auf allen in der Verordnung nicht genannten PlätzenRechtssatz
Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 23.09.82 betreffend die Regelung des Plakatierungswesens im Bereich der Stadtgemeinde Mattersburg.
Das Mediengesetz bietet ebensowenig wie die bekämpfte Verordnung eine Möglichkeit, über eine Antragstellung einen Bescheid zu provozieren, den die Antragstellerin vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes bekämpfen könnte. Vielmehr beschränkt die bekämpfte Verordnung unmittelbar und - angesichts der erteilten baubehördlichen Bewilligung ohne jeden Zweifel - aktuell die Rechtssphäre der Antragstellerin.
Eine Rechtsvorschrift, die Einschränkungen der ansonsten ohne behördliche Bewilligung zulässigen Verbreitung von Druckwerken durch Aushängen und Anschlagen an einem öffentlichen Ort nur insoweit zuläßt, als überwiegende öffentliche Interessen dagegenstehen, ist aus der Sicht der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Pressefreiheit (Art13 StGG, Art10 EMRK) verfassungsrechtlich unbedenklich.
Diese Überlegungen gelten auch für die durch den zweiten Satz des §48 MedienG eröffnete Möglichkeit, das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung einzuschränken.
Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 23.09.82, Zl. XI-M-27/1-1982, betreffend die Regelung des Plakatierungswesens im Bereich der Stadtgemeinde Mattersburg, idF der Verordnungen vom 04.10.84, Zl. XI-M-63/4-1984, 09.05.86, Zl. XI-M-42/5-1986, und 10.01.89, Zl. XI-M-85/6-1988, samt Beilage wird wegen Widerspruchs zu §48 MedienG als gesetzwidrig aufgehoben.
Nur der ursprüngliche Errichter darf nach der eingeschlagenen Vorgangsweise Plakattafeln errichten, nicht aber ein Dritter. Insbesondere aber hat die Behörde im Zuge der Verordnungserlassung keine umfassende Prüfung vorgenommen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Verbotes des Plakatierens auf allen im angeschlossenen Verzeichnis nicht genannten Plätzen im Gebiet der Stadtgemeinde Mattersburg gegeben sind.
Für die Stellungnahme der Stadtgemeinde Mattersburg waren primär Konkurrenzschutzgründe maßgeblich; sie orientierte sich vornehmlich an ihren erwerbswirtschaftlichen Interessen. Auch erweist sich die getroffene Regelung als überschießend, um die Verunstaltung des Ortsbildes durch "freies Plakatieren auf Hausmauern" hintanzuhalten; sie verbietet das Anschlagen von Druckwerken auch an allen anderen Orten.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Meinungsäußerungsfreiheit, Pressefreiheit, Verbreitungsbeschränkung (Medienrecht), Ortsbildschutz, Plakatierungsverordnung, MedienrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:V304.1991Dokumentnummer
JFR_10079376_91V00304_01