RS Vfgh 1992/6/25 G245/91, V189/91

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Veröffentlicht am 25.06.1992
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Index

66 Sozialversicherung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Satzung der Oö Gebietskrankenkasse §32 Abs1 litb
Satzung der Oö Gebietskrankenkasse §34 Abs1 und Abs3
ASVG §121 Abs3
ASVG §133 Abs2
ASVG §153
ASVG §153 Abs1 erster Satz

Leitsatz

Hinreichende Determinierung der im ASVG enthaltenen Ermächtigung des Satzungsgebers zur Regelung der zu gewährenden Leistungen bei Zahnbehandlungen durch Verordnung; keine Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen in der Satzung der Oö Gebietskrankenkasse mangels gesetzlicher Deckung; keine dynamische Verweisung auf die jeweils mit den Zahnbehandlern abgeschlossenen Verträge

Rechtssatz

Der Gesetzesprüfungsantrag ist nicht zu eng gestellt. Durch einen allfälligen Wegfall des ersten Satzes des §153 Abs1 ASVG würde bloß die - ganz allgemein gehaltene - Ermächtigung des Satzungsgebers entfallen, die zu gewährenden Leistungen der Zahnbehandlung durch Verordnung zu regeln. Die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des zweiten Satzes des §153 Abs1 ASVG, deren Gegenstand die Festlegung ist, welche Leistungen als Leistungen der Zahnbehandlung "in Betracht" kommen, bleibt von einer allfälligen Aufhebung des ersten Satzes ebenso unberührt wie die Regelung des dritten und vierten Satzes dieser Gesetzesstelle.

Auch den Bestimmungen des §153 Abs3, Abs4 und Abs5 ASVG kommt ein von der Regelung des ersten Satzes des §153 Abs1 ASVG trennbarer, eigenständiger Inhalt zu.

Den Anträgen, §153 Abs1 erster Satz ASVG als verfassungswidrig sowie §32 Abs1 litb und §34 Abs1 und Abs3 der Satzung der Oö Gebietskrankenkasse als gesetzwidrig aufzuheben, wird keine Folge gegeben.

Der erste Satz des §153 Abs1 ASVG behält die Bestimmung der Ansprüche, die beim Versicherungsfall der Zahnbehandlung zustehen, der Satzung vor.

Die Berücksichtigung der Bestimmungen des gesamten Zweiten Teiles des ASVG (Leistungen der Krankenversicherung) erscheint schon deshalb geboten, weil es sich bei der Zahnbehandlung und dem Zahnersatz eigentlich um ein Konglomerat bestehend aus dem Versicherungsfall der Gesundheitserhaltung, dem Versicherungsfall der Krankenbehandlung und dem Versicherungsfall der Hilfe bei körperlichen Gebrechen handelt.

Der Gesetzgeber geht bei der Regelung des §153 Abs1 erster und zweiter Satz ASVG nach dem gleichen Grundsatz vor, der in §133 Abs2 ASVG für die Krankenbehandlung allgemein festgelegt wurde, nämlich, daß sich die Zahnbehandlung (ausgenommen der Fall der Kieferregulierungen) am "Notwendigen" zu orientieren hat.

Während §121 ASVG den Satzungsgeber auch ermächtigt, in der Satzung freiwillige Leistungen vorzusehen, ermächtigt §153 Abs1 erster Satz ASVG den Satzungsgeber nur zur Festlegung von Pflichtleistungen.

§153 Abs1 Sätze 2 bis 4 und Abs2 ASVG sowie (insbesondere)

§121 Abs3, §133 Abs2 und §135 Abs2 ASVG bewirken eine im

Sinne des Art18 B-VG hinreichende Determinierung der angefochtenen Regelung, an der das Vollzugsgeschehen gemessen werden kann.

§153 Abs1 erster Satz ASVG ist daher nicht Verfassungswidrigkeit wegen formalgesetzlicher Delegation anzulasten.

Soweit der Verordnungsprüfungsantrag die Gesetzwidrigkeit des §32 Abs1 litb sowie des §34 Abs1 und Abs3 der Satzung der Oö Gebietskrankenkasse deshalb geltend macht, weil mit einer Aufhebung des §153 Abs1 erster Satz ASVG die angefochtenen Bestimmungen der Satzung einer gesetzlichen Deckung entbehrten, genügt es festzuhalten, daß §153 Abs1 erster Satz ASVG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wurde.

Auch dem Vorwurf, §34 Abs3 der in Rede stehenden Satzung enthalte eine dynamische Verweisung, kommt aus folgendem Grund keine Berechtigung zu: §34 Abs3 muß - was der Wortlaut des §34 Abs3 iVm §37 Abs4 lita leg.cit. nahe legt - dahin verstanden werden, daß die Kosten für die notwendige Zahnbehandlung dem Versicherten selbst dann zu ersetzen sind, wenn sie aufgrund der jeweils geltenden Verträge mit den Zahnbehandlern nicht für die Rechnung der Kasse zu gewähren sind; gleiches gilt für die Verwendung eines Materials, welches in den Verträgen nicht vorgesehen ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Prüfungsumfang, Sozialversicherung, Krankenversicherung, Zahnbehandlung, Verweisung dynamische, Delegation formalgesetzliche, Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G245.1991

Dokumentnummer

JFR_10079375_91G00245_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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