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50 GewerberechtNorm
StGG Art6 Abs1 / ErwerbsausübungLeitsatz
Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch die Erforderlichkeit eines Befähigungsnachweises für die Verleihung einer Konzession zur weiteren Ausübung des vormals freien Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften; Weiterführung des Gewerbes bei rechtzeitigem Ansuchen um Konzessionserteilung möglich; Entscheidung über Konzessionsansuchen erst nach Gelegenheit zur Ablegung der KonzessionsprüfungRechtssatz
Die Wortfolge "b) selbst oder durch einen Geschäftsführer (§39) oder Pächter (§40) den Befähigungsnachweis (§323b Abs1 Z1) erbringen," in §376 Z36 Abs1 GewO 1973 idF BGBl. 196/1988 wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
§10 Abs3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 17.06.88 über den Befähigungsnachweis für das konzessionierte Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften, BGBl. 324/1988, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.
Ein vom Gesetzgeber verfügter nachträglicher Eingriff in die grundrechtlich geschützte Erwerbsausübung durch deren Verbot bei Fehlen bestimmter neu normierter Berufszugangsvoraussetzungen ist vom Gesetzesvorbehalt des Art6 Abs1 StGG nur dann gedeckt, wenn das öffentliche Interesse an der vom Gesetzgeber nachträglich aufgestellten Berufszugangsvoraussetzung schwerer wiegt, als das - an sich bereits verfassungsrechtlich geschützte - Interesse an der weiteren Ausübung der grundrechtlich geschützten Erwerbstätigkeit.
Die Ziele, denen ua. die Konzessionierung des vordem freien Gewerbes der Arbeitskräfteüberlassung zu dienen bestimmt ist, liegen im öffentlichen Interesse. Die durch einen entsprechenden Nachweis sichergestellte fachliche Befähigung bildet ein geeignetes und adäquates rechtliches Instrument, den bei der Arbeitskräfteüberlassung angestrebten arbeits- und sozialrechtlichen Schutz der Leiharbeit sicherzustellen.
Angesichts der besonderen sozialpolitischen Problematik des Gewerbes der Überlassung von Arbeitskräften liegt es auch im öffentlichen Interesse, Personen von der weiteren Ausübung dieses Gewerbes auszuschließen, die bereits vor Einführung der Konzessionspflicht durch ArtV des ArbeitskräfteüberlassungsG, BGBl. 196/1988, das Gewerbe auf Grund einer entsprechenden Gewerbeberechtigung ausgeübt hatten, ohne die im öffentlichen Interesse erforderliche fachliche Befähigung zur Ausübung des Gewerbes zu besitzen.
Man darf §376 Z36 Abs1 GewO 1973 nicht unterstellen, daß die Voraussetzungen für die Konzessionserteilung schon am 01.07.88 (Einführung der Konzessionspflicht) vorliegen mußten. Für die am 30.06.88 zur Überlassung von Arbeitskräften Berechtigten hat der Gesetzgeber einen allmählichen Übergang in das neue Regime angeordnet. Ab 01.07.88 mußten sich diese Personen auf die Notwendigkeit einer Konzession einstellen, sie hatten aber bis 30.09.88 Zeit, um die Konzessionserteilung anzusuchen (§376 Z36 Abs1 litd GewO 1973) und verlängerten mit diesem Ansuchen die ihnen bis dahin schon zugestandene Berechtigung zur vorläufigen Weiterführung des Gewerbes (§376 Z36 Abs2 GewO 1973).
Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung ist nicht verletzt, wenn der Ausschluß vom Gewerbe durch Abweisung auch rechtzeitig gestellter Konzessionsansuchen mangels Befähigungsnachweises erst dann erfolgt, wenn der Bewerber ausreichend Gelegenheit hatte, seine Befähigung unter Beweis zu stellen. Unter den gegebenen Umständen waren die Behörden aber nach Sinn und Zweck der Übergangsregelung verpflichtet, erst nach Ablauf dieser Zeit über die Konzessionsansuchen abzusprechen.
Das Gesetz ist auch von den maßgeblichen Behörden im dargelegten Sinn verstanden und angewendet worden.
(Anlaßfälle B1392/89, B1300/90, E v 01.10.92, Abweisung der Beschwerden).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Erwerbsausübungsfreiheit, Vertrauensschutz, Gewerberecht, Gewerbeberechtigung, Leiharbeit, Arbeitskräfteüberlassung, Konzessionserteilung (Leiharbeit), ÜbergangsbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:G326.1991Dokumentnummer
JFR_10078999_91G00326_01