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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §85 Abs2 / Post- und FernmelderechtSpruch
Dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß §85 Abs2 VfGG keine Folge gegeben.
Begründung
Begründung:
1. Mit Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 30. Juli 2004 wurde auf Antrag der (im Verwaltungsverfahren mitbeteiligten Partei) Hutchison 3G Austria GmbH eine Zusammenschaltungsanordnung gemäß §48 Abs1, §50 Abs1 iVm. §117 Z7 Telekommunikationsgesetz (TKG) für die Übertragung von mobilen Rufnummern ("Mobile Number Portability") zwischen den Mobilnetzbetreibern Hutchison 3G Austria GmbH und der Mobilkom Austria AG & Co KG (der Antragstellerin im verfassungsgerichtlichen Verfahren) erlassen. Laut der Präambel dieser Anordnung soll damit die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass "die Übertragung mobiler Rufnummern rasch und zu einem einheitlichen Zeitpunkt ermöglicht wird". In diesem Bescheid wurden unter anderem unter Punkt 1 des Spruches folgende (verschuldensunabhängige) Pönalien (die auf Verlangen der jeweils anderen Partei fällig werden) für den Fall festgelegt, dass eine Partei (den im Bescheid näher bestimmten) Verpflichtungen aus dieser Anordnung ab dem 16. Oktober 2004 nicht nachkommt und dies eine Nichtdurchführbarkeit oder eine wesentliche Verzögerung von Rufnummernportierungen zur Folge hat:
"Das Pönale beträgt erstmalig € 20.000,-
Ist binnen eines Monats nach erstmaliger, rechtmäßiger Geltendmachung von Pönalien weiterhin die Durchführbarkeit von Portierungen nicht gegeben oder eine wesentliche Verzögerung von Portierungen im Sinne des §6 NÜV [Nummernübertragungsverordnung] gegeben, ist zusätzlich ein Pönale in Höhe von einmalig € 30.000,- zu leisten.
Ist binnen eines weiteren Monats nach erstmaliger, rechtmäßiger Geltendmachung von Pönalien weiterhin die Durchführbarkeit von Portierungen nicht gegeben oder eine wesentliche Verzögerung von Portierungen im Sinne des §6 NÜV gegeben, ist zusätzlich ein Pönale in Höhe von einmalig € 40.000,- zu leisten.
Für jeden weiteren Monat verdoppelt sich der zuletzt rechtmäßig geltend gemachte Pönalbetrag, wobei der so berechnete monatliche Pönalbetrag jeweils ein Zwölftel von 10% des Vorjahresumsatzes des verpflichteten Unternehmens nicht übersteigen darf.
Für weitere Verletzungen von Verpflichtungen aus dieser Anordnung, die eine Nichtdurchführbarkeit oder eine wesentliche Verzögerung von Portierungen im Sinne des §6 NÜV zur Folge haben, wird der jeweils nächst höhere, nach den obigen Bestimmungen zu errechnende Pönalbetrag, nach dem zuletzt rechtmäßig geltend gemachten Pönalbetrag für weitere rechtmäßige Geltendmachungen von Pönalbeträgen herangezogen."
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Mobilkom Austria AG & Co KG. Darin wird die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaft stehen der Gewährung der aufschiebenden Wirkung keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegen, weil der Bescheid lediglich die Übertragung mobiler Rufnummern der Kunden eines Mobiltelefonbetreibers an einen anderen, also ausschließlich Rechtsverhältnisse zwischen Privaten regle. Der einzige Nachteil der entstehen könnte, wenn der Beschwerde eine aufschiebende Wirkung zuerkannt werde, wäre, dass Kunden von Mobiltelefonbetreibern, wenn sie ihren Betreiber wechseln, eine neue Handyrufnummer bekommen und ihre alte Handyrufnummer nicht behalten würden. Dies sei aber auch bisher seit Einführung der Mobiltelefonie so gewesen. Praktische Erfahrungen in anderen Ländern würden zeigen, dass maximal 1,41 % aller Handynutzer diese Rufnummernübertragung in Anspruch nehmen würden.
Hingegen befürchtet die antragstellende Gesellschaft durch den sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides unverhältnismäßige Nachteile: So könnten Kunden, die dadurch abgeworben werden, dass der Bescheid den abgebenden Betreiber in rechtswidriger Weise verpflichtet, die Kundendaten und die Vertragsdaten direkt elektronisch an seinen Konkurrenten, den aufnehmenden Betreiber, zu übermitteln, sodass dieser "maßgeschneiderte" Abwerbeangebote erstellen kann, nicht oder nur mit erheblichem Aufwand wieder rückgewonnen werden. Erschwerend komme hinzu, dass laut Spruchpunkt 7.2. (Seite 22 des angefochtenen Bescheides) der bisherige Mobiltelefonbetreiber dem Kunden lediglich einen Betrag von maximal € 4,- (inkl. USt) für den Wechsel zu einem anderen Mobiltelefonbetreiber in Rechnung stellen darf. Der Betrag von € 4,- sei gänzlich willkürlich berechnet worden, nämlich ausgehend von der Annahme, dass 30 % der wechselnden Teilnehmer die Portierung nützen. Der sofortige Vollzug des Bescheides - insbesondere die auf Verlangen der mitbeteiligten Partei zu leistenden Pönalien für die Nichtumsetzung des Bescheides bis 16. Oktober 2004 - wäre zudem mit einem unverhältnismäßigen Nachteil für die antragstellende Gesellschaft verbunden.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat die mitbeteiligte Hutchison 3G Austria GmbH und die belangte Behörde eingeladen, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Sowohl die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Partei haben sich in ihren Äußerungen jeweils gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen.
4.1.1. Gemäß §85 VfGG hat der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit dem Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4.2. Im vorliegenden Fall kann die Frage, ob im gegebenen Zusammenhang das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen durch Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbes tatsächlich - wie die belangte Behörde unter Berufung auf die Ziele des TKG und die Rechtslage nach dem Gemeinschaftsrecht vermeint - ein zwingendes öffentliches Interesse iS des §85 Abs2 VfGG darstellt (die Annahme eines zwingenden öffentlichen Interesses im Fall einer Portierung von "geographischen Rufnummern" begründet der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 3.7.2000, AW 2000/03/0037) dahingestellt bleiben. Jedenfalls entspricht die Sicherstellung der Nummernportabilität bei Mobilnetzbetreibern einer vom Gemeinschaftsrecht und dem TKG intendierten Zielsetzung der Herstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs, weil damit bestehende Barrieren im Wechsel zwischen den einzelnen Mobilnetzbetreibern abgebaut werden. Es wird damit ein gewichtiges öffentliches Interesse verfolgt (vgl. ebenso VfGH 21.1.2002, B1707/01).
Wenn die antragstellende Gesellschaft Nachteile durch eine Abwerbung von Kunden durch die mitbeteiligte Partei behauptet, trifft sie ein Risiko, mit dem jedes in einem funktionierenden Wettbewerb stehende Unternehmen konfrontiert ist. Es trifft damit nicht nur die antragstellende Gesellschaft, sondern im gleichen Ausmaß auch die mitbeteiligte Partei. Insoweit sich die antragstellende Gesellschaft in diesem Zusammenhang auf die Unzulässigkeit der Verpflichtung zur Weitergabe von Kundendaten beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Verfassungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen hat (vgl. VfGH 8.4.1998, B696/98; 8.8.2000, B1273/00).
Die antragstellende Gesellschaft verkennt überdies, dass Punkt 7.2. des Spruches des angefochtenen Bescheides nur die Kosten für die Bereitstellung der für die Nummernübertragung relevanten Informationen und der darüber zu ergehenden Bestätigung (iS des §3 Abs2 Nummernübertragungsverordnung) mit € 4,- begrenzt, wobei dieses Entgelt - auch nach Auffassung der belangten Behörde - aber keine Kosten für die Portierung selbst beinhaltet.
Die Nachteile im Vermögen der antragstellenden Gesellschaft, die sie im Fall der Verpflichtung, Pönalezahlungen zu leisten, treffen, vermögen das an der unverzüglichen Sicherstellung der Nummernportabilität gelegene öffentliche Interesse nicht aufzuwiegen, zumal einer Rückabwicklung der Zahlungen im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Gerichtshof nichts entgegensteht.
4.3. Da sohin mit einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides für die antragstellende Gesellschaft ein unverhältnismäßiger Nachteil nicht verbunden ist, war dem Antrag keine Folge zu geben.
Schlagworte
VfGH / Wirkung aufschiebendeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B1179.2004Dokumentnummer
JFT_09958992_04B01179_00