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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
BDG 1979 §124;Rechtssatz
Zweifellos ist die Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK ("Bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist") von allen österreichischen Behörden und Gerichten, auch dem Verwaltungsgerichtshof, zu beachten. Die Vermutung der strafrechtlichen Unschuld bleibt dem Beamten, insbesondere bei einem Verhandlungsbeschluß, der das Disziplinarverfahren vorbereitet, auch unbenommen. Das "disziplinäre Strafrecht" fällt grundsätzlich nicht unter den Strafbegriff des Art 6 Abs 1 MRK (Hinweis VfSlg 7366/1974, 7907/1976). Es geht im Disziplinarverfahren nicht darum, jemanden strafrechtlich zu verurteilen oder einer Straftat zu bezichtigen sondern darum, das Verhalten des Beamten (unabhängig von seiner strafrechtlichen Würdigung) auch unter disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Die Zielrichtung des Disziplinarverfahrens ist also eine andere als die des Strafverfahrens. Von der Gesellschaft unerwünschte Verhaltensweisen können gleichzeitig gegen strafrechtliche und disziplinarrechtliche Verbotsnormen oder Gebotsnormen verstoßen und sind nach den jeweiligen Kriterien zu ahnden. Daß eine zweifache Verfolgung desselben Verhaltens nicht von vornherein ausgeschlossen ist und wie in einem solchen Fall von den Disziplinarbehörden vorzugehen ist, regelt § 95 BDG 1979.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993090054.X08Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
31.10.2016