RS Vfgh 1992/10/13 B1144/91

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.10.1992
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Index

32 Steuerrecht
32/07 Stempel- und Rechtsgebühren, Stempelmarken

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
GebührenG 1957 §15 Abs1
GebührenG 1957 §16 Abs1 Z2 lita
GebührenG 1957 §28 Abs1 Z2
GebührenG 1957 §33 TP7

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht und im Eigentumsrecht durch Vorschreibung einer Gebühr nach dem GebührenG 1957 für eine Bürgschaftserklärung; Entstehen der Gebührenschuld nicht bereits durch bloße Aushändigung der Bürgschaftserklärung an den Gläubiger

Rechtssatz

Zwar nennt §33 TP7 GebührenG 1957 "Bürgschaftserklärungen" als gebührenpflichtige Rechtsgeschäfte, doch kann darunter schon deshalb nicht die bloße Erklärung des Bürgen ohne Annahme durch den Gläubiger verstanden werden, weil dann der Gläubiger (gemäß §28 Abs1 Z2 GebührenG 1957) ohne sein Zutun für Akte eines Dritten gebührenpflichtig würde, wofür es keinen vernünftigen Grund gibt.

Die These der Behörde, die Aushändigung (Übersendung) einer vom Bürgen unterzeichneten Urkunde stelle bereits die Beurkundung des Bürgschaftsvertrages dar, ist offenkundig verfehlt. Auf §16 Abs1 Z2 lita GebührenG 1957 kann sie nicht gestützt werden, weil es dort nur um den Zeitpunkt der Entstehung der Gebührenschuld, nicht hingegen um die Frage geht, ob überhaupt eine Gebührenschuld besteht.

Es kann keineswegs allgemein und von vornherein gesagt werden, daß die schlichte Aushändigung (Übersendung) einer Bürgschaftserklärung deren Annahme bedeute. Im vorliegenden Fall spricht gegen diese Deutung vollends der Umstand, daß weder das Bürgschaftsanbot noch die Bürgschaftserklärung an der für die Annahmeerklärung frei gelassenen Stelle von der beschwerdeführenden Gesellschaft unterfertigt ist.

Die Behörde verwendet die These von der Annahme durch Aushändigung (Übersendung) dergestalt, daß sie den Besitz der vom Bürgen unterfertigten Erklärung für die Gebührenpflicht genügen läßt. Damit unterstellt sie aber dem Gesetz fälschlich einen Inhalt, der es, hätte es ihn, verfassungswidrig erscheinen ließe.

Der angefochtene Bescheid verletzt die beschwerdeführende Gesellschaft daher in ihren Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Gebühr (GebG), Bürgschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B1144.1991

Dokumentnummer

JFR_10078987_91B01144_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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