TE Vfgh Erkenntnis 2004/10/9 WI-1/04

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Veröffentlicht am 09.10.2004
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0350 Gemeindewahl

Norm

B-VG Art141 Abs1 dritter Satz
B-VG Art141 Abs1 lita
Tir GdWO 1994 §55, §56, §62, §72 Abs6
VfGG §68 Abs1
VfGG §70 Abs1
VfGG §71a Abs5

Leitsatz

Stattgabe der Anfechtung einer Gemeinderatswahl; Wertung eines Stimmzettels zu Unrecht als gültig; Einfluss dieser Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis; kein Kostenzuspruch

Spruch

I. Der Wahlanfechtung wird stattgegeben.

Das Verfahren zur Wahl des Gemeinderates der Gemeinde Fügen am 7. März 2004 wird insoweit aufgehoben, als es der Stimmabgabe (Wahlhandlung) im Wahlsprengel I - Fügen/Gagering nachfolgte.

II. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Am 7. März 2004 fanden die von der Tiroler Landesregierung mit Kundmachung vom 18. November 2003, LGBl. 2003/102, ausgeschriebenen Wahlen zum Gemeinderat der Gemeinden des Landes Tirol, darunter auch der Gemeinde Fügen, statt.

1.2. Dieser Wahl lagen die von den folgenden wahlwerbenden Parteien eingebrachten, gemäß §45 Tiroler Gemeindewahlordnung 1994, LGBl. 88 idF LGBl. 2003/127, (im Folgenden: TGWO) abgeschlossenen und veröffentlichten Wahlvorschläge zu Grunde:

        Liste 1: Gemeinschaftsliste von Fügen, Kapfing,

                  Kleinboden und Gagering,

        Liste 2: Fügener Wahlgemeinschaft - Liste für Ordnung

                  und Fortschritt (FWG),

        Liste 3: Die Junge Liste Aktiv für Fügen, Kapfing,

                  Kleinboden und Gagering (JuLiA),

        Liste 4: SPÖ Fügen (SPÖ),

        Liste 5: Parteiunabhängige Liste der Gem. Fügen mit

                  Fraktionen Kapfing, Kleinboden und Gagering,

        Liste 6: Für unser Dorf,

        Liste 7: Team für Fügen (TFF),

        Liste 8: Zukunft für Fügen - Egon Baumann.

[Dabei waren die Wahlvorschläge der Gemeinschaftsliste von Fügen, Kapfing, Kleinboden und Gagering und der Parteiunabhängigen Liste der Gem. Fügen mit Fraktionen Kapfing, Kleinboden und Gagering miteinander gekoppelt (§37 TGWO).]

1.3. Laut Kundmachung der Gemeindewahlbehörde der Gemeinde Fügen vom 8. März 2004 wurden bei dieser Wahl insgesamt 1.815 gültige Stimmen abgegeben, 87 Stimmzettel wurden als ungültig gewertet; es gelangten 15 Mandate zur Vergabe. Davon entfielen auf die

        Gemeinschaftsliste

        von Fügen, Kapfing,

        Kleinboden und Gagering ........ 254 Stimmen, 2 Mandate,

        Fügener Wahlgemeinschaft

        - Liste für Ordnung und

        Fortschritt (FWG) .............. 504 Stimmen, 5 Mandate,

        Die Junge Liste Aktiv für

        Fügen, Kapfing, Kleinboden

        und Gagering (JuLiA) ........... 227 Stimmen, 2 Mandate,

        SPÖ Fügen (SPÖ) ................ 234 Stimmen, 2 Mandate,

        Parteiunabhängige Liste

        der Gem. Fügen mit

        Fraktionen Kapfing,

        Kleinboden und Gagering ........ 149 Stimmen, 1 Mandat,

        Für unser Dorf ................. 164 Stimmen, 1 Mandat

        Team für Fügen (TFF) ............ 78 Stimmen, 0 Mandate,

        Zukunft für Fügen -

        Egon Baumann ................... 205 Stimmen, 2 Mandate.

2.1. Mit ihrer am 25. März 2004 zur Post gegebenen, an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und auf Art141 Abs1 lita B-VG gestützten Wahlanfechtungsschrift begehrt die Gemeinschaftsliste von Fügen, Kapfing, Kleinboden und Gagering (im Folgenden: Gemeinschaftsliste),

"[d]er VfGH wolle das Wahlverfahren für die Wahl des Gemeinderates am 7.3.2004 in der Gemeinde Fügen vom Ermittlungsverfahren der Sprengelwahlbehörden an als rechtswidrig aufheben."

Begründend wird ua. Folgendes vorgebracht:

"Nach Schließung des Wahllokales [der Sprengelwahlbehörde des Wahlsprengels I - Fügen/Gagering] wurde mit der Auszählung der Stimmen begonnen. In weiterer Folge traten hinsichtlich der unter Pkt. III. B) [genannten] Stimmzettel Ungereimtheiten hinsichtlich deren Gültigkeit auf, worauf der Leiter des Gemeindeamtes im Auftrag des Bürgermeisters Hermann Wetscher die Bezirkswahlbehörde um Auskunft gebeten hatte. Nachdem diese ad hoc keine Antwort geben konnte, wurde um Rückruf ersucht. Dieser erfolgte infolge [wohl: in der Folge] tatsächlich, und war die Bezirkswahlbehörde der Meinung, daß hinsichtlich der unter Pkt. III. B) [genannten] Stimmen eine Ungültigkeit vorliege ... Daraufhin wurde in der Gemeindewahlbehörde beschlossen, diese Stimmen als ungültig zu erklären.

Hinsichtlich des unter Pkt. III. A) angeführten Stimmzettels wurde gleichermaßen von der Gemeindewahlbehörde beschlosen, daß diese Stimme der Liste 2 zuzuordnen sei.

Erst ein Gespräch des Vertreters der anfechtenden Wählergruppe in der Landeswahlbehörde ergab, daß hinsichtlich der oben erwähnten Stimmzettel möglicherweise falsch vorgegangen worden sei.

In Anbetracht dessen, daß der Vertreter der anfechtenden Wählergruppe erstmals in der Wahlbehörde stimmberechtigt war, hatte er sich auf die entsprechenden Auskünfte sowohl der Bezirkswahlbehörde als auch des Leiters der Gemeindewahlbehörde verlassen, daher den Beschluß wider besseren Wissens mitgetragen.

III. Zur inhaltlichen Begründung der Wahlanfechtung:

A) Gemäß §55 (1) TGWO ist der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates dann gültig ausgefüllt, wenn aus ihm eindeutig zu erkennen ist, welche Wählergruppe der Wähler wählen wollte. Dies ist der Fall, wenn der Wähler in einem der links neben den Bezeichnungen der Wählergruppen vorgedruckten Kreise ein liegendes Kreuz oder ein anderes Zeichen mit Tinte, Kugelschreiber, Filzstift, Farbstift, Bleistift udgl. anbringt, aus dem eindeutig hervorgeht, daß er die in der selben Zeile angeführte Wählergruppe wählen wollte.

Gemäß Abs2 leg. cit. ist der amtliche Stimmzettel auch dann gültig ausgefüllt, wenn der Wille des Wählers auf andere Weise, zB durch Anhaken, Unterstreichen, sonstige entsprechende Kennzeichnung einer Wählergruppe oder durch Durchstreichen der übrigen Wählergruppen eindeutig zu erkennen ist.

Gemäß Abs4 leg. cit. gilt ein amtlicher Stimmzettel, der nur die Eintragung eines Wahlwerbers aufweist, als gültige Stimme für die Wählergruppe des vom Wähler eingetragenen Wahlwerbers, wenn der Name des Wahlwerbers in der gleichen Zeile in dem dafür vorgesehenen Raum eingetragen ist, die die Bezeichnung der Wählergruppe des Wahlwerbers enthält.

Gemäß §62 (1) litd TGWO ist der Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates ungültig, wenn zwei oder mehrere Wählergruppen bezeichnet wurden, deren Wahlvorschläge nicht gekoppelt sind.

Aus dem gegenständlichen Stimmzettel ist eindeutig ersichtlich, daß der Wähler - gemäß §55 (1) bzw. (2) TGWO an sich gültig - sowohl die Liste 1 als auch die Liste 2 'gewählt' hat.

Im Kreis der Liste 1 ist nämlich ein hakenförmiger Strich angebracht, was an sich gemäß §55 (2) TGWO eine gültige Bezeichnung des Willens des Wählers darstellt.

Das liegende Kreuz im Kreis der Liste 2 gilt gemäß §55 (1) leg. cit. gleichermaßen als Ausdruck des Willens des Wählers.

Da nunmehr beide Zeichen als an sich gültig anzusehen sind, muß die Rechtsfolge des §62 (1) litd TGWO eintreten. Der Wähler hat nämlich zwei Wählergruppen bezeichnet, deren Wahlvorschläge nicht gekoppelt sind.

Aus diesem Grunde ist dieser Stimmzettel als ungültig zu erklären. Es kann daher diesbezüglich weder der Liste 1 noch der Liste 2 eine Stimme zugezählt werden.

B) Die Wahlbehörde hat jedoch auch drei Stimmzettel für ungültig erklärt, die nachstehende Bezeichnung aufgewiesen haben:

Bei der Liste 1 war zwar in dem links der Bezeichnung der Wählergruppe angebrachten Kreis kein Zeichen angebracht, dafür wurde jedoch in dem rechts der Wählergruppe befindlichen Feld, das an sich für die Vorzugsstimmen vorgesehen wäre, ein liegendes Kreuz angebracht.

Gemäß §55 (1) leg. cit. ist eben ein Stimmzettel dann gültig ausgefüllt, wenn aus ihm eindeutig zu erkennen ist, welche Wählergruppe der Wähler wählen wollte.

Aus §55 (4) leg. cit. folgt, daß eine Stimme etwa dann für die entsprechende Wählergruppe zählt, wenn ein Wahlwerber in der gleichen Zeile jener Wählergruppe eingetragen wird, für welche er aufgestellt ist. Dies bedeutet, daß für den Fall, daß zwar links der [Wähler]gruppe kein Kreuz in den entsprechenden Kreis eingesetzt wurde, rechts jedoch einer der Wahlwerber der jeweiligen Wählergruppe eingetragen ist, diese Stimme für die jeweilige Wählergruppe zählt.

Bei sachgerechter Interpretation de[s] §55 (1) und (4) leg. cit. muß dies jedoch bedeuten, daß ein Stimmzettel auch dann als gültig anzusehen ist, wenn der Wähler ein den Erfordernissen des §55 (1) bzw. (2) genügendes Zeichen in [dem] für die Vorzugsstimmen vorgesehen Kästchen anbringt, da damit sein Wille bekundet wird, eben für die jeweilige Wählergruppe zu stimmen, auch wenn namentlich kein Wahlwerber eingetragen wird.

Dies ergibt sich e contrario auch aus §62 (1) und (3) leg. cit., wonach ein Stimmzettel, der eine Kennzeichnung iSd. §55 (1) und

(2) aufweist, nicht als ungültig anzusehen ist.

Jene drei Stimmzettel, die sohin ein liegendes Kreuz im rechts der Bezeichnung der Wählergruppe vorgesehenen Kästchen für die Vorzugsstimme aufweisen, sind als gültige Stimme für die Liste 1 zu werten."

Was den Einfluss dieser - behaupteten - Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens auf das Wahlergebnis anlangt, so wird in der Anfechtungsschrift Folgendes vorgebracht:

"Der Gemeinderat der Gemeinde Fügen besteht aus 15 Mitgliedern (§22 (1) litd TGWO 2001). Auf der Basis der in der Niederschrift vom 7.3.2004 festgehaltenen Parteisummen berechnete die Gemeindewahlbehörde die Wahlzahl gemäß §67 (1) und (2) TGWO. Als Wahlzahl galt demnach die Zahl 100,8. Danach entfielen von den 15 zu vergebenden Gemeinderatsmandaten auf die gekoppelten Listen 1 und 5 - für deren 403 Stimmen - drei Mandate, während die Liste 2, die Fügener Wahlgemeinschaft - Liste für Ordnung und Fortschrift (FWG), für deren 504 Stimmen fünf Mandate bekam.

Nimmt man nun den unter A) bezeichneten Fall an, so ergebe sich weiterhin für die Liste 1 eine Stimmenanzahl von 403, für die Liste 2 allerdings eine solche von 503, was unter Berücksichtigung der Wahlzahl von 100,8 dazu führen würde, daß die Liste 1 ein viertes Mandat dazu bekäme, dafür die Liste 2 ein Mandat verlöre und daher auch bei vier Mandaten stünde.

Bei Zugrundelegung des unter B) geschilderten Falles würde sich für die Liste 1 eine Stimmenanzahl von 406 ergeben, womit jedenfalls das vierte Mandat erreicht wäre, die Liste 2 gleichermaßen dann ein Mandat verlieren würde."

2.2. Die Gemeindewahlbehörde Fügen legte die Wahlakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt,

"der Wahlanfechtung keine Folge zu geben, in eventu den Antrag der Anfechtungswerberin mangels Legitimation zurückzuweisen."

Begründend wird dazu ua. das Folgende ausgeführt:

"Der Sachverhalt wird von der Anfechtungswerberin sowohl unter deren Punkt III. A) als auch deren Punkt III. B) unrichtig wieder gegeben, wozu von der Gemeindewahlbehörde ausgeführt wird:

Unrichtig erscheint insbesondere die Darstellung, wonach es nach dem Wortlaut der Anfechtungswerberin 'Ungereimtheiten' hinsichtlich der Gültigkeit einzelner Stimmzettel gegeben habe, zumal die Prüfung und Zuordnung der Stimmzettel - anders als in Fügen sechs Jahre zuvor beim Verfassungsgerichtshof zu WI-3/98 - klar, einvernehmlich und ohne Meinungsverschiedenheiten erfolgte.

Die Prüfung der Stimmzettel und die Zählung der Stimmen erfolgten daher ohne 'Ungereimtheiten', der klare und völlig unbedenkliche Wahlvorgang wurde in der Niederschrift vielmehr ordnungsgemäß beurkundet.

Es gibt gemäß den unbedenklichen Feststellungen in der Niederschrift (§65 TGWO) in Wahrheit keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Gemeindewahlbehörde einen Beschluss gefasst hätte, der einen ungültig ausgefüllten Stimmzettel etwa rechtswidrig als gültig wertete oder umgekehrt einen gültig ausgefüllten Stimmzettel etwa rechtswidrig als ungültig.

Nach §65 TGWO hatte die Wahlbehörde sofort nach der Prüfung der Stimmzettel und der Zählung der Stimmen den Wahlvorgang in der Niederschrift ordnungsgemäß beurkundet. Darin finden sich auch die Feststellungen der Wahlbehörde nach §61 Abs1 und 2 TGWO, wobei es keine 'Strittigkeit' oder 'Ungereimtheit' zur Überprüfung der Gültigkeit von Stimmzetteln (§61 Abs1 TGWO) gegeben hatte.

Vor sechs Jahren anfechtungsgegenständlich und ganz anders zu WI-3/98 des Verfassungsgerichtshofes gab es hingegen einen Beschluss, womit mit einer Mehrheit von sechs : drei Stimmen der Wahlbehörde ein ungültig ausgefüllter Stimmzettel rechtswidrig als gültig gewertet wurde. Damals war die Liste 2 Anfechtungswerberin.

...

Tatsächlich richtig ist lediglich, dass der frühere Bürgermeister Hermann Wetscher (wohl auch im Interesse seiner Nachfolgeliste, die sich nicht sicher war, ob ein bloßes 'kleines x' in dem für die Vorzugsstimmen vorgesehenen Kästchen des amtlichen Stimmzettels als gültige Stimme für die Liste 1 oder die Liste 2 zu werten sei) am 7. März 2004 bei der Bezirkswahlbehörde in Schwaz um telefonische Auskunft/Rückversicherung fragen ließ. Daraufhin hatte die Bezirkswahlbehörde sogleich zurückgerufen und war - ebenso wie die Gemeindewahlbehörde bei der Prüfung der Gültigkeit dieses Stimmzettels - der Ansicht, dass ein bloßes kleines x in der Vorzugsstimmenrubrik, also auf dem amtlichen Stimmzettel äußerst rechts, als ungültig gewertet werden muss.

Obwohl die Prüfung und Zuordnung der Stimmzettel nun völlig klar und unbedenklich erfolgte, argumentiert die Anfechtungswerberin damit, dass der Vertreter der anfechtenden Wählergruppe, Herr Stefan Mühlegger, erstmals in der Wahlbehörde gewesen sei, er sich auf entsprechende 'Auskünfte sowohl der Bezirkswahlbehörde als auch des Leiters der Gemeindewahlbehörde verlassen, daher den Beschluss wider besseren Wissens mitgetragen hatte'.

Die Gemeindewahlbehörde ist hingegen der Ansicht, dass es hier keine Unsicherheit oder Unklarheit gegeben hatte, die Gemeindewahlbehörde vielmehr sämtliche Stimmzettel klar zuordnen konnte. Wäre es anders gewesen, hätte dies zu einer Abstimmung, einem Beschluss bzw. einer anders lautenden Niederschrift geführt, was nicht der Fall ist.

Selbst die Anfechtungswerberin muss zugestehen, dass erst ein Gespräch des Vertreters der anfechtenden Wählergruppe in der Landeswahlbehörde ergeben habe, dass möglicherweise falsch vorgegangen worden sei.

Im Ergebnis wird nach Ansicht der Gemeindewahlbehörde daher die Gültigkeit oder Ungültigkeit eines Stimmzettels vermutet, wozu auch die Landeswahlbehörde gar nicht zuständig wäre.

Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Verfassungsgerichtshof sämtliche Stimmzettel neu zu zählen oder zu überprüfen hätte, und zwar letztlich auf eine bloße Vermutung hin. Die Wahlanfechtung scheint auf bloßen Gerüchten zu beruhen.

Auf die inhaltliche Begründung wird im Folgenden eingegangen, wobei es inhaltlich um die Zuordnung jenes Stimmzettels geht, bei welchem ein liegendes Kreuz in dem ausschließlich für die Vorzugsstimme vorgesehenen Kästchen angebracht war, das nur für den Namen eines bestimmten Wahlwerbers vorgesehen ist. Hier konnte - wie darzulegen sein wird - eine klare Prüfung und Zuordnung erfolgen.

Zur inhaltlichen Unbegründetheit der Wahlanfechtung:

Der mit 'Gültige Ausfüllung des amtlichen Stimmzettels für die Wahl des Gemeinderates' überschriebene §55 TGWO lautet in dessen Absatz 1, dass der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates gültig ausgefüllt ist, wenn aus ihm eindeutig zu erkennen ist, welche Wählergruppe der Wähler wählen wollte.

Dies ist der Fall, wenn der Wähler in einem der links neben den Bezeichnungen der Wählergruppen vorgedruckten Kreise ein liegendes Kreuz oder ein anderes Zeichen mit Tinte, Kugelschreiber, Filzstift, Farbstift, Bleistift und dergleichen anbringt, aus dem eindeutig hervorgeht, dass er die in derselben Zeile angeführte Wählergruppe wählen wollte.

Der Verfassungsgerichtshof hat zu WI-15/80 vom 18.3.1981 erkannt, dass dann, wenn der Wähler auf dem amtlichen Stimmzettel in dem für eine Wählergruppe vorgedruckten Kreis ein eindeutig erkennbares Kreuz angebracht und in einem anderen Kreis einen kurzen schrägen Strich angebracht hat, eindeutig erkennbar ist, dass er die Wählergruppe wählen wollte, bei deren Kreis er ein Kreuz angebracht hat. Damit ist III. A) der Wahlanfechtung bereits widerlegt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung auch ausgesprochen, dass die Wahlbehörden durch die Formvorschriften der Wahlordnungen streng gebunden sind, dass die Bestimmungen der Wahlordnung strikte nach ihrem Wortlaut ausgelegt werden müssen, dass daher ein Raum für Ermessensentscheidungen nicht gegeben ist und nicht gegeben sein darf, soll nicht widerspruchsvollen Entscheidungen und damit der Willkür Tür und Tor geöffnet werden. Dieser Standpunkt ist auch für die Beurteilung der Gültigkeit bzw. Ungültigkeit von abgegebenen Stimmzetteln maßgebend.

Wenn nun - wie von der Anfechtungswerberin ausgeführt - nur in der Rubrik 'Vorzugsstimme für' ganz rechts (anstatt bereits nach dem Wortlaut links) ein liegendes Kreuz angebracht wird, so erscheint ein derartiger Stimmzettel jedenfalls entgegen der Ansicht der Anfechtungswerberin ungültig. Dies ergibt sich insbesondere auch aus §62 TGWO 'Ungültigkeit des Stimmzettels für die Wahl des Gemeinderates'.

Das von der Anfechtungswerberin zu III. B) genannte Beispiel zeigt, dass das liegende Kreuz (ein kleines x) jedenfalls nicht in jenem Raum 'Vorzugsstimme für' gültig für eine Wählergruppe/Liste sein kann, der ausschließlich für den Namen des Wahlwerbers der entsprechenden Wählerguppe vorgesehenen ist.

Nachstehend auf Seite 6 dieser Gegenschrift abgebildet ist der als Beispiel 5 bezeichnete Stimmzettel Seite 113 des vom Tiroler Gemeindeverband ... herausgegebenen, von Herrn Dr. Helmut Ludwig verfassten Kommentar zur Tiroler Gemeindewahlordnung 1994 (Innsbruck, 2003). Dieses 'Beispiel 5' zeigt beim Wahlvorschlag bzw. bei der Liste 1 die Ziffern 1 oder 6 in der Rubrik 'Vorzugsstimme für' und ist klar ungültig. Ein anderes Ergebnis ist aufgrund der strengen Auslegung des Verfassungsgerichtshofes auch nicht vorstellbar. Der Kommentar lag am 7. März 2004 zudem vor!

Umso mehr bzw. desgleichen ungültig ist daher ein Stimmzettel zu werten, der anstatt einer Ziffer (ungültiger Stimmzettel) nur die Eintragung eines Kreuzes ganz links in der Spalte 'Vorzugsstimme für' aufweist. Das ergibt sich auch aus dem Wortlaut des §55 Abs1 TGWO, wonach das Kreuz links, selbst bei sehr weiter Auslegung wohl zumindest im linken Bereich, angebracht sein muss.

Wenn ein derartiger Stimmzettel mit einem bloßen 'x' in der Vorzugsstimmenspalte im Bereich ganz rechts gültig sein sollte, wäre dem Gesetz der Boden entzogen und würde es zu, zum Teil willkürlichen Ermessensentscheidungen kommen. Dieser Stimmzettel war daher klar ungültig.

...

Begründet ist diese Wahlanfechtung nach Ansicht der Gemeindewahlbehörde allerdings nicht, selbst die Berufung des Vertreters (der anfechtenden Wählergruppe) Stefan Mühlegger auf seine angebliche Unerfahrenheit bzw. einen nicht gegebenen Wissensstand findet im Gesetz keine Deckung. Tatsächlich wurde die einvernehmliche Stimmenauszählung von ihm mitgetragen und kann man sich nicht darauf berufen, man habe sich auf 'Auskünfte verlassen oder einen Beschluss wider besseren Wissens mitgetragen'. Schließlich weist die Gemeindewahlbehörde nochmals ausdrücklich darauf hin, dass der oben zitierte, vom Tiroler Gemeindeverband ... herausgegebene und von Herrn Dr. Helmut Ludwig verfasste Kommentar zur Tiroler Gemeindewahlordnung 1994 am 7. März 2004 für jedes Mitglied der Wahlbehörde jederzeit griffbereit auflag und zur Verfügung stand, daher auch für den Vertreter der Liste 1, der ja auch sämtliche Auszählungsergebnisse mitgetragen hatte. Letztlich fehlte auch eine Legitimation zur Anfechtung."

3.1. §55 TGWO - übertitelt mit "Gültige Ausfüllung des amtlichen Stimmzettels für die Wahl des Gemeinderates" - hat folgenden Wortlaut:

"(1) Der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates ist gültig ausgefüllt, wenn aus ihm eindeutig zu erkennen ist, welche Wählergruppe der Wähler wählen wollte. Dies ist der Fall, wenn der Wähler in einem der links neben den Bezeichnungen der Wählergruppen vorgedruckten Kreise ein liegendes Kreuz oder ein anderes Zeichen mit Tinte, Kugelschreiber, Filzstift, Farbstift, Bleistift und dergleichen anbringt, aus dem eindeutig hervorgeht, daß er die in derselben Zeile angeführte Wählergruppe wählen wollte.

(2) Der amtliche Stimmzettel ist auch dann gültig ausgefüllt, wenn der Wille des Wählers auf andere Weise, z.B. durch Anhaken, Unterstreichen, sonstige entsprechende Kennzeichnung einer Wählergruppe oder durch Durchstreichen der übrigen Wählergruppen eindeutig zu erkennen ist.

(3) Der amtliche Stimmzettel gilt weiters als gültig ausgefüllt, wenn ihn der Wähler hinsichtlich zweier oder mehrerer Wählergruppen nach Abs1 oder 2 behandelt hat, deren Wahlvorschläge miteinander gekoppelt sind. Die Stimme gilt für jene dieser Wählergruppen als gültig abgegeben, die auf dem amtlichen Stimmzettel zuerst gereiht ist.

(4) Ein amtlicher Stimmzettel, der nur die Eintragung eines Wahlwerbers aufweist, gilt als gültige Stimme für die Wählergruppe des vom Wähler eingetragenen Wahlwerbers, wenn der Name des Wahlwerbers in der gleichen Zeile in dem dafür vorgesehenen Raum eingetragen ist, die die Bezeichnung der Wählergruppe des Wahlwerbers enthält. Dasselbe gilt, wenn zwei Wahlwerber derselben Wählergruppe auf die angeführte Weise eingetragen wurden. Wurden zwei Wahlwerber verschiedener Wählergruppen, deren Wahlvorschläge miteinander gekoppelt sind, aber jeder von ihnen auf die im ersten Satz angeführte Weise eingetragen, so gilt die Stimme als für die auf dem amtlichen Stimmzettel zuerst angeführte Wählergruppe der miteinander gekoppelten Wahlvorschläge gültig abgegeben. §56 Abs1 zweiter, dritter und sechster Satz ist anzuwenden."

3.2. Der die "Eintragung eines Wahlwerbers durch den Wähler" regelnde §56 TGWO lautet wie folgt:

"(1) Der Wähler kann in dem auf dem amtlichen Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates dafür vorgesehenen Raum die Namen von höchstens zwei Wahlwerbern der von ihm gewählten oder nach §55 Abs3 oder 4 als gewählt geltenden Wählergruppe eintragen. Die Eintragung ist gültig, wenn aus ihr eindeutig hervorgeht, welche(n) Wahlwerber der gewählten Wählergruppe der Wähler eintragen wollte. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Eintragung mindestens den Familiennamen des Wahlwerbers oder bei Wahlwerbern derselben Wählergruppe mit demselben Namen ein entsprechendes Unterscheidungsmerkmal (z.B. Angabe der Reihungsziffer in der Wahlwerberliste, des Vornamens, des Geburtsjahres, des Berufes oder der Adresse) enthält. Wurde der Name eines Wahlwerbers nicht in der Zeile der gewählten oder als gewählt geltenden Wählergruppe im dafür vorgesehenen Raum eingetragen oder wurde auf dem amtlichen Stimmzettel ein Wahlwerber eingetragen, der nicht Wahlwerber der gewählten oder als gewählt geltenden Wählergruppe ist, so gilt die Eintragung als nicht erfolgt. Wurden mehr als zwei Wahlwerber eingetragen, so gilt keiner der Wahlwerber als eingetragen. Wurde ein Wahlwerber der gewählten oder als gewählt geltenden Wählergruppe in dem dafür vorgesehenen Raum mehrmals eingetragen, so gilt er als nur einmal gültig eingetragen.

(2) Wurden zwei Wahlwerber verschiedener Wählergruppen, deren Wahlvorschläge miteinander gekoppelt sind, jeweils hinsichtlich ihrer Wählergruppe im Sinne des Abs1 eingetragen, so gilt die Eintragung nur bezüglich jenes Wahlwerbers als gültig erfolgt, dessen Wählergruppe vom Wähler gewählt wurde bzw. nach §55 Abs3 oder 4 als gewählt gilt. Abs1 sechster Satz ist anzuwenden."

3.3. §62 TGWO - übertitelt mit "Ungültigkeit des Stimmzettels für die Wahl des Gemeinderates" - bestimmt:

"(1) Der Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates ist ungültig, wenn

a) ein anderer als der amtliche Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates zur Stimmabgabe verwendet wurde,

b) der Stimmzettel durch Abreißen eines Teiles derart beschädigt wurde, daß nicht eindeutig hervorgeht, für welche Wählergruppe der Wähler seine Stimme abgeben wollte,

c) der Stimmzettel entgegen dem §55 Abs1 und 2, etwa durch Durchstreichen aller Wählergruppen und dergleichen, behandelt wurde,

d) zwei oder mehrere Wählergruppen bezeichnet wurden, deren Wahlvorschläge nicht gekoppelt sind,

e) nur Namen von Wahlwerbern eingetragen wurden und die Eintragung nicht nach §55 Abs4 erfolgt ist,

f) aus den vom Wähler angebrachten Zeichen oder der sonstigen Kennzeichnung des Stimmzettels nicht eindeutig hervorgeht, für welche Wählergruppe er seine Stimme abgeben wollte.

(2) Wahlkuverts, die keinen Stimmzettel für die Wahl des Gemeinderates enthalten, gelten als ungültige Stimmen.

(3) Wörter, Bemerkungen oder Zeichen, die auf dem Stimmzettel außer zur Kennzeichnung einer Wählergruppe oder zur Bezeichnung von Wahlwerbern angebracht wurden, beeinträchtigen die Gültigkeit des Stimmzettels nicht, sofern sich hiedurch nicht

einer der angeführten Ungültigkeitsgründe ergibt. Im Wahlkuvert befindliche Beilagen aller Art beeinträchtigen die Gültigkeit des Stimmzettels nicht."

II. Über die Wahlanfechtung wurde erwogen:

1.1. Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch über die Anfechtung einer Gemeinderatswahl (zB VfSlg. 8973/1980, 10.610/1985, 13.018/1992). Nach Art141 Abs1 zweiter Satz B-VG kann eine solche Anfechtung auf die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens gegründet werden.

1.2. Nach §68 Abs1 VfGG muss die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheids eingebracht werden.

Nun sieht zwar §72 Abs6 TGWO administrative Einsprüche - iS eines Instanzenzugs nach §68 Abs1 VfGG - vor, doch nur gegen die ziffernmäßige Ermittlung des Wahlergebnisses durch die Gemeindewahlbehörde.

Zur Geltendmachung aller anderen (also aller nicht die ziffernmäßige Ermittlung des Wahlergebnisses betreffenden) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens steht - weil insoweit ein zunächst zu durchlaufender Instanzenzug iS des §68 Abs1 VfGG nicht eingerichtet ist - die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des §68 Abs1 VfGG) offen (vgl. zB VfSlg. 13.018/1992 mwH).

1.3. Im vorliegenden Fall strebt die anfechtende Partei in ihrer Anfechtungsschrift nicht die - dem Einspruchsverfahren nach §72 Abs6 TGWO vorbehaltene - Nachprüfung der ziffernmäßigen Ermittlung des Wahlergebnisses durch eine Wahlbehörde an; sie rügt vielmehr sonstige Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist.

Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufs der vierwöchigen Frist zur Anfechtung ist in diesem Fall die Beendigung des Wahlverfahrens (s. VfSlg. 13.018/1992 mwH), d.i. bei Gemeinderatswahlen nach der TGWO die der jeweiligen Gemeindewahlbehörde obliegende Kundmachung des Wahlergebnisses.

Im vorliegenden Fall erfolgte die Kundmachung des Wahlergebnisses durch die Gemeindewahlbehörde am 8. März 2004.

Die am 25. März 2004 zur Post gegebene Wahlanfechtungsschrift (s. Pkt. I.2.1.) wurde daher rechtzeitig eingebracht.

1.4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist die Wahlanfechtung zulässig.

2.1.1. Die Anfechtungswerberin begründet ihre Wahlanfechtung zum einen damit, dass "die Wahlbehörde drei Stimmzettel für ungültig erklärt" habe, obwohl diese im Abschnitt der Gemeinschaftsliste "in dem rechts der [Bezeichnung der] Wählergruppe befindlichen Feld, das an sich für Vorzugsstimmen vorgesehen wäre," mit einem liegenden Kreuz - gemäß §55 Abs1 und 2 TGWO gültig - gekennzeichnet worden seien.

2.1.2. Nach der Aktenlage sind drei im Wahlsprengel I abgegebene Stimmzettel, deren Bewertung als ungültig die Anfechtungswerberin rügt, in keinem der links von den Parteibezeichnungen vorgedruckten Kreisen angezeichnet. Diese Stimmzettel zeigen ein (liegendes) Kreuz in der Rubrik "Vorzugsstimme für:" im Abschnitt der Gemeinschaftsliste, das jeweils das erste für die Eintragung von Bewerbern vorgesehene Zeilenband umfasst.

2.1.3. §55 Abs1 TGWO legt zunächst im ersten Satz fest, dass ein Stimmzettel gültig ausgefüllt ist, "wenn aus ihm eindeutig zu erkennen ist, welche Wählergruppe der Wähler wählen wollte", und nennt anschließend im zweiten Satz bestimmte - hier nicht in Betracht kommende - Fallkonstellationen, bei denen diese Voraussetzung jedenfalls zutrifft. Ein Stimmzettel ist aber - nach §55 Abs2 TGWO - auch dann gültig ausgefüllt, wenn der Wille des Wählers auf andere Weise ... eindeutig zu erkennen ist", so zum Beispiel "durch Anhaken, Unterstreichen [oder durch] sonstige Kennzeichnung einer Wählergruppe". Weist ein Stimmzettel nur die Eintragung eines Wahlwerbers auf, so gilt er kraft §55 Abs4 TGWO dann "als gültige Stimme für die Wählergruppe des vom Wähler eingetragenen Wahlwerbers, wenn der Name des Wahlwerbers in der gleichen Zeile in dem dafür vorgesehenen Raum eingetragen ist, die die Bezeichnung der Wählergruppe des Wahlwerbers enthält." Zu Folge §56 Abs1 erster und zweiter Satz TGWO ist die Eintragung "in dem auf dem amtlichen Stimmzettel ... dafür vorgesehenen Raum" jedoch nur "gültig, wenn aus ihr eindeutig hervorgeht, welche(n) Wahlwerber der gewählten Wählergruppe der Wähler eintragen wollte".

2.1.4. Ein Wähler, der nun auf der für die Vergabe von Vorzugsstimmen vorgesehenen Stelle des amtlichen Stimmzettels nur ein (liegendes) Kreuz anbringt, bezeichnet damit keinen bestimmten "Wahlwerber". Eine Auslegung aber, dass die bloße Ankreuzung des Stimmzettels in der Rubrik "Vorzugsstimme für:" den Willen, jene Partei zu wählen, der diese Stimmzettelrubrik entspricht, als eine "sonstige Kennzeichnung einer Wählergruppe" eindeutig erkennen lasse (§55 Abs2 TGWO), scheitert an §55 Abs4 iVm. §56 Abs1 TGWO. Denn nach diesen Vorschriften ist ein Stimmzettel, der allein eine Eintragung in der Vorzugsstimmenrubrik aufweist, jedenfalls nur dann gültig

ausgefüllt, wenn der Wähler "die N a m e n von höchstens zwei

Wahlwerbern der ... als gewählt geltenden ählergruppe" [Hervorhebung

durch den VfGH] einträgt; das Anbringen eines (liegenden) Kreuzes in dieser ausschließlich für die Vergabe von Vorzugsstimmen vorgesehenen Rubrik erfüllt diese Voraussetzung jedoch nicht; mangels gültiger Ausfüllung der Vorzugsstimmenrubrik kann aber auch keine der Wählergruppen als iSd. §55 Abs4 TGWO gewählt gelten (vgl. auch VfSlg. 13.018/1992, 13.031/1992, 13.075/1992; VfGH 27.2.2004 WI-2/03).

Die in Rede stehenden Stimmzettel wurden darum von der Sprengelwahlbehörde des Wahlsprengels I zu Recht als ungültig abgegebene Stimmen (§62 Abs1 TGWO) gewertet.

2.2.1. Die anfechtende Partei bringt weiters vor, dass ein Stimmzettel entgegen §62 Abs1 litd TGWO als gültig für die FWG abgegeben gewertet worden sei, obwohl zwei Wählergruppen, nämlich die Gemeinschaftsliste sowie die FWG, einerseits durch einen "hakenförmigen Strich" im Kreis für die Gemeinschaftsliste und andererseits durch ein "liegendes Kreuz" im Kreis für die FWG bezeichnet worden seien.

2.2.2. Bei einer Durchsicht der für die FWG als gültig gewerteten - entgegen §65 Abs3 lite TGWO nicht getrennt nach Stimmzetteln mit und ohne Bezeichnung eines Wahlwerbers in Umschlägen mit entsprechenden Aufschriften verpackten - (405) Stimmzettel im Wahlsprengel I durch den Verfassungsgerichtshof wurde ein Stimmzettel gefunden, der dieser Sachverhaltsbehauptung der Anfechtungswerberin entspricht.

Der Stimmzettel zeigt folgendes Bild:

STIMMZETTEL NICHT DARGSTELLBAR !!

Der Verfassungsgerichtshof geht (auf Grund der Aktenlage) davon aus, dass der streitverfangene Stimmzettel in den Kreisen links neben zwei Parteibezeichnungen Eintragungen aufweist, und zwar im Kreis neben der Parteibezeichnung der Gemeinschaftsliste einen Haken, dessen längerer Balken vom linken unteren Kreisrand bis knapp über die Kreismitte hinaus verläuft, und im Kreis neben der Parteibezeichnung der FWG sowie im ersten Zeilenband der Rubrik "Vorzugsstimme für:" im Abschnitt der FWG jeweils ein (liegendes) Kreuz.

2.2.3. Die gültige Ausfüllung eines Stimmzettels erfordert nach §55 Abs1 erster Satz TGWO, dass "aus ihm eindeutig zu erkennen ist, welche Wählergruppe der Wähler wählen wollte". Dies ist zu Folge §55 Abs1 zweiter Satz TGWO dann der Fall, "wenn der Wähler in e i n e m der links neben den Bezeichnungen der Wählergruppen vorgedruckten Kreise ein liegendes Kreuz oder ein anderes Zeichen ... anbringt, aus dem eindeutig hervorgeht, dass er die in derselben Zeile angeführte Wählergruppe wählen wollte" [Hervorhebung durch den VfGH]. Der Stimmzettel ist kraft Abs2 leg. cit. auch dann "gültig

ausgefüllt, wenn der Wille des Wählers auf andere Weise ... eindeutig

zu erkennen ist", so "z.B. durch Anhaken ... einer Wählergruppe".

Ungültig ist ein Stimmzettel aber gemäß §62 Abs1 litd TGWO dann, wenn "zwei oder mehrere Wählergruppen bezeichnet wurden, deren Wahlvorschläge nicht gekoppelt sind".

2.2.4. Ein Stimmzettel, der - wie hier - in den vorgedruckten Kreisen links neben den Bezeichnungen zweier Wählergruppen, deren Wahlvorschläge nicht gekoppelt sind, mit Kreuzen oder Haken versehen ist, wodurch - in strikter Wortinterpretation (s. VfSlg. 14.375/1998 mwH) des §62 Abs1 litd TGWO - zwei Wählergruppen "bezeichnet" wurden, ist nach der zwingenden Vorschrift des §62 Abs1 litd TGWO in jedem Fall ungültig; Raum für Überlegungen, welcher der bezeichneten Parteien der Wähler den Vorzug gegeben haben könnte, bleibt unter solchen Voraussetzungen nicht mehr [vgl. VfSlg. 13.017/1992, 13.031/1992, 14.556/1996 (insb. S 739 f.), 15.678/1999, 15.695/1999; anders als die Gemeindewahlbehörde in ihrer Gegenschrift meint, weist letztlich bereits auch VfSlg. 9086/1981 in diese Richtung (arg. "andere Zeichen", sohin zB - wie hier - ein Haken)]. Das in der Vorzugsstimmenrubrik der FWG angebrachte (liegende) Kreuz ändert an diesem Ergebnis schon deshalb nichts, weil damit - wie oben unter Pkt. II.2.1.4. dargelegt wurde - keine Wählergruppe als gewählt gelten kann.

Die Sprengelwahlbehörde des Wahlsprengels I hat darum den strittigen Stimmzettel zu Unrecht als gültig ausgefüllt (und für die FWG abgegeben) gewertet.

2.3.1. Einer Wahlanfechtung ist - wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darlegte (VfSlg. 15.695/1999 mwH) - nicht schon dann stattzugeben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erwiesen wurde; sie muss darüber hinaus auch auf das Wahlergebnis von Einfluss gewesen sein (Art141 Abs1 dritter Satz B-VG, §70 Abs1 VfGG).

2.3.2. Dies trifft hier auf Grund der folgenden Erwägungen zu:

Der Gemeinderat der Gemeinde Fügen besteht aus 15 Mitgliedern (§18 Tiroler GemeindeO 1966). Auf der Basis der in der Niederschrift vom 7. März 2004 fest gehaltenen Parteisummen berechnete die Gemeindewahlbehörde die Wahlzahl gemäß §67 Abs1 und 2 TGWO. Als Wahlzahl galt demnach die Zahl 100,80. Demnach entfiel von den 15 zu vergebenden Gemeinderatsmandaten auf die einzelnen Listen die unter Punkt I.1.3. wiedergegebene Anzahl an Mandaten.

Legt man der Wahlzahlberechnung jedoch das entsprechend den Ausführungen unter Punkt II.2.2. korrigierte Wahlergebnis zu Grunde, nämlich (eine Stimme weniger, das sind) 503 Stimmen für die Liste 2, so ergibt sich als richtige Wahlzahl die Zahl 100,75. Die genannte Zahl entspricht nun (als fünfzehntgrößte Zahl der gemäß §67 Abs2 TGWO angeschriebenen Zahlen) dem 1/4 der Parteisumme der gekoppelten Listen 1 und 5, weshalb - im Hinblick auf die die Aufteilung der Mandate auf die Wählergruppen gekoppelter Wahlvorschläge regelnde Bestimmung des §68 TGWO - der Gemeinschaftsliste 3 (bisher 2) und der FWG 4 (bisher 5) Mandate zukämen.

3. Der Wahlanfechtung war daher stattzugeben und das Verfahren zur Wahl des Gemeinderates der Gemeinde Fügen am 7. März 2004 insoweit aufzuheben, als es der Stimmabgabe (Wahlhandlung) im Wahlsprengel I - Fügen/Gagering nachfolgte.

4. Kosten konnten nicht zugesprochen werden, weil ein Kostenersatz im Verfahren nach Art141 B-VG nur in §71a Abs5 VfGG (vgl. dazu auch §27 VfGG) vorgesehen ist, welche Bestimmung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt (vgl. etwa VfSlg. 15.357/1998).

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Kosten, VfGH / Wahlanfechtung, Wahlen, Stimmzettel, Wahlanfechtung administrative

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:WI1.2004

Dokumentnummer

JFT_09958991_04W00I01_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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