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41 Innere AngelegenheitenNorm
EMRK Art5 Abs1 litbLeitsatz
Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des AsylG über die als Freiheitsentziehung zu wertende Verpflichtung eines Asylwerbers zum Aufenthalt in der Überprüfungsstation des Flüchtlingslagers Traiskirchen; keine Rechtfertigung dieser der bloßen Sachverhaltsfeststellung dienenden Maßnahme durch einen der im PersFrSchG und in der EMRK angeführten GründeRechtssatz
§6 des Bundesgesetzes vom 07.03.68, BGBl. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 55/1955, (AsylG) war verfassungswidrig.
§6 Abs1 erster Halbsatz AsylG zufolge darf die (freiheitsentziehende) Verpflichtung zum Aufenthalt in der Überprüfungsstation des Flüchtlingslagers Traiskirchen ausschließlich zum Zweck der Feststellung des (für die Entscheidung über den Asylantrag) maßgebenden Sachverhaltes ausgesprochen werden, also nicht etwa dazu, um die Außerlandschaffung des Fremden für den Fall zu sichern, daß sein Asylantrag abgewiesen werden sollte.
Es ist ausgeschlossen, das Asylverfahren nach dem AsylG als Teil eines "Ausweisungsverfahrens" iS des Art5 Abs1 litf EMRK und des Art2 Abs1 Z7 PersFrSchG 1988 anzusehen.
§6 AsylG kann keineswegs eine Verpflichtung des Asylwerbers entnommen werden, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, mag eine solche Pflicht auch zweckmäßig sein.
Da die in Art2 Abs1 Z4 PersFrSchG 1988 und Art5 Abs1 litb EMRK normierte Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Freiheitsentziehung (Erzwingung der Erfüllung einer durch Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung) somit nicht erfüllt ist, kann die Anhaltung nach §6 AsylG auch nicht mit diesen Verfassungsvorschriften gerechtfertigt werden.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Mitwirkungspflicht (Ermittlungsverfahren)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:G142.1992Dokumentnummer
JFR_10078788_92G00142_01