RS Vfgh 1992/12/15 V93/91, V94/91

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Veröffentlicht am 15.12.1992
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Index

L3 Finanzrecht
L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art116 Abs2
KanalabgabenO der Stadtgemeinde Gleisdorf vom 26.11.85 und 24.11.88
F-VG 1948 §7 Abs5
FAG 1985 §15 Abs3 Z5

Leitsatz

Aufhebung von Bestimmungen der KanalabgabenO der Stadtgemeinde Gleisdorf betreffend einheitliche Festlegung der Kanalbenützungsgebühr für die an die Kanalanlage des Abwasserverbandes Gleisdorfer Becken angeschlossenen Liegenschaften wegen Verstoß gegen den Gleichheitssatz mangels Bedachtnahme auf eine zwischen dem Abwasserverband und einem Benützer der Kanalisationsanlage geschlossene privatrechtliche Vereinbarung über die Kostentragung

Rechtssatz

§6 lita der KanalabgabenO der Stadtgemeinde Gleisdorf vom 26.11.85 idF der Verordnung vom 22.12.86 sowie §6 lita der KanalabgabenO der Stadtgemeinde Gleisdorf vom 24.11.88 werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen beruhen auf der Ermächtigung des §7 Abs5 F-VG 1948. Kanalisationsanlagen von Gemeinden wurden seit jeher als öffentliche Gemeindeeinrichtung im Sinn des §15 Abs3 Z5 FAG 1985 verstanden. An dieser Qualifikation ändert sich nichts, wenn die Gemeinde mit einzelnen Benützern wegen deren unverhältnismäßig hoher Inanspruchnahme der Gemeindeeinrichtung neben der Erhebung öffentlich-rechtlicher Gebühren auch privatrechtlich eine zusätzliche Entgeltzahlung vereinbart.

Im Sinne der aus Art116 Abs2 B-VG erfließenden weitgehenden Rechts- und Handlungsfähigkeit der Gemeinde ist es verfassungsrechtlich zulässig, besondere Belastungen einer Gemeindeeinrichtung durch einzelne Benützer auch in Form einer privatrechtlichen Vereinbarung (sei es durch die Gemeinde selbst, sei es - wie hier - über einen Wasserverband) abzugelten.

Wenn eine solche Vereinbarung zu einer Verringerung der Kosten für die Gemeinde führt, erfordert es das auch hier zu beachtende, dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot, daß diesem Umstand unmittelbar in der Gebührenordnung Rechnung getragen wird.

In den angefochtenen Verordnungsbestimmungen wird die Höhe der Benützungsgebühr für die an die Kanalanlage des Abwasserverbandes Gleisdorfer Becken angeschlossenen Liegenschaften ohne weitere Differenzierung einheitlich festgelegt. Den festgelegten Benützungsgebühren liegen auch Betriebskosten für die Verbandsanlage zugrunde, für welche eine Abgeltung durch die zwischen der S AG und dem Abwasserverband Gleisdorfer Becken am 25.07.85 geschlossene privatrechtliche Vereinbarung vorgesehen ist.

Daraus ergibt sich zwar nicht, daß es der Stadtgemeinde Gleisdorf verwehrt wäre, von der S AG an sich Gebühren für eine allfällige Benützung der Kanalanlage der Stadtgemeinde Gleisdorf oder für andere Kostenelemente (auch betreffend die Verbandskläranlage) in dem Ausmaß einzuheben, in welchem sie von der Vereinbarung vom 25.07.85 nicht erfaßt sind. Da die bekämpften Verordnungsbestimmungen darauf aber überhaupt nicht Bedacht nehmen, verstoßen diese Vorschriften gegen das Gleichheitsgebot und sind daher aufzuheben.

Entscheidungstexte

  • V 93,94/91
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 15.12.1992 V 93,94/91

Schlagworte

Finanzverfassung, Abgabenwesen, Kanalisation, Abgaben Kanalisation, Abgaben Gemeinde-, Gemeinderecht, Wirtschaftsverwaltung (Gemeinde)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:V93.1991

Dokumentnummer

JFR_10078785_91V00093_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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