RS Vfgh 1992/12/17 G308/91, G319/91

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Veröffentlicht am 17.12.1992
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Index

50 Gewerberecht
50/02 Sonstiges Gewerberecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
ÖffnungszeitenG 1991 §2
ÖffnungszeitenG 1991 §6
Frauen-NachtarbeitsG §3
Frauen-NachtarbeitsG §4 Abs6

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des ÖffnungszeitenG 1991 über die allgemeinen Öffnungszeiten an Werktagen (Bestimmung von Zeiten für das Offenhalten von Verkaufsstellen und einer Gesamtoffenhaltezeit) unter dem Blickwinkel der Erwerbsausübungsfreiheit; keine Verletzung des Gleichheitssatzes angesichts der wettbewerbsordnenden Funktion der Ladenschlußregelungen; Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung der Bestimmungen über die Ermächtigung an den Landeshauptmann zur Anordnung eines späteren Ladenschlusses mangels unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre der Antragsteller

Rechtssatz

Zurückweisung der Individualanträge auf teilweise Aufhebung des §6 ÖffnungszeitenG 1991.

Bestimmungen, die sich in der Ermächtigung an den Landeshauptmann erschöpfen, für bestimmte Orte oder Ortsteile einen späteren Ladenschluß anzuordnen, können für die daran interessierten Handelsbetriebe niemals unmittelbar wirksam werden und daher die Rechtsstellung ihrer Inhaber nicht berühren.

Abweisung der Anträge auf Aufhebung des §2 Abs1 und (Teilen des) §2 Abs5 ÖffnungszeitenG 1991.

Nach der in Prüfung stehenden Regelung des ÖffnungszeitenG 1991 steht bei einer Gesamtoffenhaltezeit von 60 Stunden ein Rahmen von 6 Uhr bis 19.30 Uhr offen. Dem Handelsgewerbetreibenden ist damit die Möglichkeit gegeben, die Geschäftstätigkeit weitgehend der Marktsituation anzupassen und insbesondere seine Ware zu Zeiten anzubieten, zu denen eine nicht unbeachtliche Nachfrage vorhanden ist, wie etwa auch an Standorten, wo die berufstätige Bevölkerung nach der Heimfahrt von der Arbeitsstätte erst gegen Abend Gelegenheit zum Einkaufen findet (VfSlg. 12094/1989).

Einer solchen Regelung kann unter dem Blickwinkel der Erwerbsfreiheit nicht entgegengetreten werden.

Aus dem Frauen-NachtarbeitsG ist gegen die Abendsperre von 19.30 Uhr nichts zu gewinnen. Den durch die Festsetzung der regelmäßigen Nachtruhe ab 20 Uhr eröffneten Spielraum schöpft die angegriffene Regelung im praktischen Ergebnis - wenn man die Fertigbedienung und allfällige Abschlußarbeiten nach 19.30 Uhr mit einbezieht - ohnedies aus. Die Sonderbestimmung des §4 Abs6 Frauen-NachtarbeitsG sorgt nur dafür, daß in den wenigen Fällen, in denen das Ladenschlußrecht von der Regel aus besonderen Gründen so weit abweicht, daß die Beschäftigung von Arbeitnehmern nach 20 Uhr in Betracht kommt, auch Frauen noch beschäftigt werden können.

Was den Vorwurf der Gleichheitsverletzung betrifft, weil nicht zwischen Unternehmen unterschieden wird, die Arbeitnehmer beschäftigen, und solchen, die das nicht tun, ist auf die wettbewerbsordnende Funktion der Ladenschlußregelungen zu verweisen. Rechtfertigt oder erfordert der Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmern, Gewerbetreibenden und Verbrauchern eine Regelung von der Art, wie der Gesetzgeber sie getroffen hat, so ist es nicht unsachlich, wenn er eine Benachteiligung von Betrieben zu vermeiden trachtet, die Arbeitnehmer beschäftigen (müssen). Das Streben nach Ordnung des Wettbewerbs kann zwar einen übermäßigen Eingriff in die Erwerbsfreiheit allein nicht rechtfertigen (VfSlg. 11558/1987); eine Regelung, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Erwerbsfreiheit standhält, wird aber auch nicht allein deswegen unsachlich, weil sie möglichst wettbewerbsneutral gestaltet ist.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Gewerberecht, Ladenschluß, Erwerbsausübungsfreiheit, Arbeitnehmerschutz, Nachtarbeit, Frauennachtarbeitsverbot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G308.1991

Dokumentnummer

JFR_10078783_91G00308_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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