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55 WirtschaftslenkungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen der 106. Öffentlichen Bekanntmachung für den Import von Speck der Vieh- und Fleischkommission 1990 wegen ausschließlichen Abstellens auf die Reihenfolge des Einlangens der Bewilligungsanträge für die Verteilung des Einfuhrkontingents; Ausschluß des der Behörde zustehenden Auswahlermessens; Gesetzwidrigkeit der Anordnung des sofortigen Inkrafttretens der Verordnung infolge gleichheitswidriger und dem Rechtsstaatsprinzip widersprechender Bevorzugung der bereits vor der Kundmachung vom Inhalt der Norm informierten AntragstellerRechtssatz
Die Z 1.2. und der Punkt 13) der 106. Öffentlichen Bekanntmachung für den Import von Speck der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Z 37.224/01-III/B/7/1990, kundgemacht im Verlautbarungsblatt dieser Kommission vom 28.08.90, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Gemäß §5 Abs2 ViehwirtschaftsG 1983 ist ein allgemeines Einfuhrverfahren durch öffentliche Bekanntmachung vorzusehen, "soweit es die Stabilität der Preise ... und die Bedarfslage erfordern". Da die Vieh- und Fleischkommission die gemäß §5 Abs3 ViehwirtschaftsG 1983, idF BGBl. 424/1990, in der öffentlichen Bekanntmachung zu regelnden "Grundsätze der Bewilligungserteilung" auf die Berücksichtigung der Reihenfolge des Einlangens von Einfuhranträgen beschränkte, trug sie weder der Preisstabilität noch der Bedarfslage in zureichendem Maße Rechnung.
Entgegen §5 Abs3 ViehwirtschaftsG 1983 schließt die Z 1.2. der
106. Öffentlichen Bekanntmachung auch das Auswahlermessen, das der Behörde zwangsläufig zusteht, wenn der Umfang eines Importkontingents geringer ist als die Summe der darauf gerichteten Einfuhranträge, völlig aus.
Wenn §21 ViehwirtschaftsG 1983 Verordnungen der Vieh- und Fleischkommission mit dem "dritten Tag nach ihrer Kundmachung" in Kraft treten läßt, "sofern nicht in der Verordnung ein anderer Zeitpunkt des Inkrafttretens festgesetzt ist", darf diese gesetzliche Ermächtigung zur Festsetzung eines abweichenden Geltungsbeginns - verfassungskonform im Sinne des Art18 Abs2 B-VG ausgelegt - nur dahin verstanden werden, daß mit einem "anderen Zeitpunkt des Inkrafttretens" bei der Ausschreibung eines Importkontingents den Zielen des §2 Abs1 und §5 Abs2 ViehwirtschaftsG 1983 Rechnung getragen werden muß, weil anders die Ermächtigung des §21 ViehwirtschaftsG 1983 völlig unbestimmt wäre.
Unzulässig ist demnach aber das sofortige Inkrafttreten einer Einfuhrkontingentverordnung, wenn Anträge nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens zu bewilligen sind.
Es widerspricht dem Gleichheitssatz ebenso wie dem Rechtsstaatsprinzip, den Inhalt einer Norm und ihr Inkrafttreten so zu formulieren, daß nur jene Personen in den Genuß der durch eine solche Norm eingeräumten Rechtsvorteile gelangen, die den Inhalt der betreffenden Norm bereits vor deren Kundmachung kannten.
(Anlaßfälle B 1261-1263/91, E v 10.03.93, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Wirtschaftslenkung, Viehwirtschaft, Ermessen, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Verordnung Kundmachung, Rechtsstaatsprinzip, Kundmachung Verordnung, Fleischimport, Import (Fleisch), Kontingentverteilung (für Fleischimport)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:V47.1992Dokumentnummer
JFR_10069690_92V00047_01