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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art140 Abs3 erster SatzLeitsatz
Kein Verstoß der Bestimmung des KFG 1967 über die Bewilligungspflicht für das Abhalten von Fahrschulkursen außerhalb des Standortes der Fahrschule gegen das Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit; qualifizierte Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern im öffentlichen Interesse gelegen; behördliches Bewilligungsverfahren für Fahrschul(außen)kurse zur Zielerreichung geeignet und adäquat; Aufhebung der Regelung betreffend die Nichterteilung der Bewilligung für die Abhaltung eines Fahrschulaußenkurses bei Bestehen einer leicht erreichbaren Fahrschule am in Aussicht genommenen Ort wegen Widerspruchs zur Erwerbsausübungsfreiheit infolge unzulässigen KonkurrenzschutzesRechtssatz
Dem (einfachen) Gesetzgeber steht zwar bei Regelung der Erwerbsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Vorschriften, die den Erwerbsantritt beschränken, weil und insoweit der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre durch Ausübungsregelungen weniger gravierend ist; dennoch müssen auch Ausübungsregelungen bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein.
§114 Abs5 erster Satz KFG 1967 wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.
Eine qualifizierte Ausbildung künftiger Kraftfahrzeuglenker liegt im besonderen öffentlichen Interesse (nämlich in jenem der Verkehrssicherheit). Wenn das Gesetz ein behördliches Verfahren zur Bewilligung von Fahrschulkursen - etwa zur Prüfung der Eignung der Ausbildungsstätte - vorsieht, ist dies ein zur Erreichung des erwähnten Zieles geeignetes und adäquates Instrument, und zwar auch dann, wenn die Ausbildungslehrgänge als Außenkurse veranstaltet werden, also von Personen, die an einem anderen Standort bereits eine Fahrschulkonzession besitzen.
§114 Abs5 litd KFG 1967 idF der 12. KFG-Novelle, BGBl. 375/1988, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die neue Fassung des §114 Abs5 litd KFG 1967 bewirkt gegenüber der zuvor geltenden Regelung einen noch weitergehenden Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit (vgl. VfSlg. 11276/1987), weil selbst dann, wenn ein Bedarf nach einem Außenkurs vorhanden ist, dessen Abhaltung nicht zu bewilligen ist, sofern in der Nähe eine Fahrschule besteht. Das einzig erkennbare Ziel des §114 Abs5 litd leg.cit. liegt darin, Fahrschulen, die ihren Standort dort haben, wo der Außenkurs veranstaltet werden soll, Schutz vor dieser Konkurrenz zu bieten. Ein solcher Konkurrenzschutz ist aber nicht durch öffentliche Interessen geboten. §114 Abs5 litd leg.cit. steht also im Widerspruch zu Art6 StGG.
Die Einbeziehung der lita bis litc des §114 Abs5 KFG 1967 in den Prüfungsbeschluß war ausschließlich dadurch bedingt, daß im Fall einer Aufhebung des §114 Abs5 erster Satz auch der (gesamte) verbleibende Teil dieses Paragraphen aus der Rechtsordnung zu eliminieren gewesen wäre.
Zur Beseitigung der festgestellten Verfassungswidrigkeit genügt es, die litd des §114 Abs5 KFG 1967 idF der 12. Novelle aufzuheben.
Einstellung der Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich lita bis litc des §114 Abs5 KFG 1967.
(Anlaßfälle B646-648/92, E v 13.03.93, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Erwerbsausübungsfreiheit, öffentliches Interesse, Bedarfsprüfung, Kraftfahrrecht, Ausbildung von Kfz-Lenkern, Fahrschulen, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:G219.1992Dokumentnummer
JFR_10069689_92G00219_01