RS Vfgh 1993/3/13 G76/92

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Veröffentlicht am 13.03.1993
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Index

L1 Gemeinderecht
L1010 Stadtrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art117 Abs1
B-VG Art117 Abs5
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
VfGG §62 Abs1
Wr Stadtverfassung §8
Wr Stadtverfassung §36 ff
Wr Stadtverfassung §91 Abs3
Wr Stadtverfassung §131a

Leitsatz

Abweisung des von einem Drittel der Mitglieder des Wiener Landtags gestellten Antrags auf Aufhebung von Bestimmungen der Wr Stadtverfassung über amtsführende Stadträte; amtsführende Stadträte als eigene, vom Organ Stadtsenat mit seinen Stadträten verschiedene Gemeindeorgane; Bestellung dieser zusätzlichen Gemeindeorgane nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verfassungsgesetzlich nicht geboten; Geltung der Proporzregel nur für den Gemeindevorstand (Stadtsenat); keine Verletzung des Gleichheitsgebotes

Rechtssatz

Zulässigkeit des von 41 Mitgliedern des Wiener Landtags gestellten Antrags auf teilweise Aufhebung des §8, §9, §15, §15c, §19, §22, §29, §36 ua der Wr Stadtverfassung.

Entfiele nach den verfassungsrechtlichen Vorstellungen der Antragsteller die Differenzierung zwischen amtsführenden und nicht amtsführenden Stadträten, müßte nach dem so gedachten System die Anzahl der Stadträte mit der Anzahl der Geschäfts- bzw. Verwaltungsgruppen notwendig übereinstimmen.

Soweit darüber hinaus beantragt wird, "alle Bestimmungen der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien ..., all jene Bestimmungen, in denen von 'Amtsführenden Stadträten' die Rede ist, das Wort 'amtsführende' als verfassungswidrig aufzuheben", erweist sich der Antrag als unzulässig, weil er entgegen §62 Abs1 Satz 1 VfGG jene Vorschriften, deren Aufhebung beantragt wird, nicht bestimmt bezeichnet; der Verfassungsgerichtshof ist nämlich nicht befugt, Gesetzesvorschriften aufgrund bloßer Vermutungen darüber, welche Normen die Antragsteller ins Auge gefaßt haben könnten, in Prüfung zu ziehen.

Die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs beschränkt sich nach ständiger Rechtsprechung auf die konkret angefochtenen gesetzlichen Vorschriften und die hiezu in der Anfechtungsschrift vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit sie hinlänglich substantiiert dargelegt wurden.

Aus §8 Abs1 Z2 und Z4 (iVm §36, §78, §91 Abs3, §106 Abs3) Wr Stadtverfassung ergibt sich, daß die amtsführenden Stadträte ungeachtet der personellen Verbindung mit dem Stadtsenat landesgesetzlich vorgesehene besondere Organe der Gemeinde sind, die - verfassungsgesetzlich zulässig - zu jenen (Gemeinde-)Organen hinzutreten, die Art117 Abs1 B-VG (arg. "jedenfalls") als organisatorischen Mindestbestand vorschreibt (Gemeinderat, Gemeindevorstand und Bürgermeister). Die amtsführenden Stadträte - die zum "Magistrat" gehören und seine Aufgaben (mit-)besorgen (§67 Abs1 Wr Stadtverfassung) - sind nach der ausdrücklichen Vorschrift des §91 Abs3 Wr Stadtverfassung dem Bürgermeister "untergeordnet"; sie haben seine Weisungen zu befolgen.

Art117 Abs5 B-VG ordnet nicht an, daß die landesgesetzlich als besondere (Gemeinde-)Organe eingeführten sogenannten amtsführenden Stadträte, die zu den bereits bundes-verfassungsgesetzlich vorgeschriebenen (Gemeinde-)Organen hinzukommen, nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bestellt werden müssen. Der Meinung, daß auch bei der Bestellung solcher sonstiger Organe der Gemeinde die im Proporzregime (des Art117 Abs5 B-VG) zum Ausdruck kommende Pluralität notwendig zu verwirklichen sei, vermag sich der Verfassungsgerichtshof nicht anzuschließen, weil Art117 B-VG insgesamt zeigt, daß die Proporzregel nicht für alle Gemeindeorgane gilt: Nach dem klaren Wortlaut der besonderen Vorschrift des Art117 Abs5 B-VG müssen die im Gemeinderat vertretenen Parteien nur im Gemeindevorstand (Stadtsenat) proportional repräsentiert sein.

Soweit die Antragsteller in der Unterscheidung zwischen Stadträten und amtsführenden Stadträten einen Verstoß gegen Art7 Abs1 B-VG erblicken, lassen sie außer Acht, daß alle Mitglieder des Stadtsenats in dieser Funktion die gleiche Rechtsstellung haben.

Die Anfechtungsschrift enthält keine Darlegung der gegen die Verfassungsmäßigkeit der Normen über die Aufgabenzuweisung an den Stadtsenat, den Bürgermeister und die amtsführenden Stadträte sprechenden Bedenken "im einzelnen".

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Bundeshauptstadt Wien, Stadträte amtsführende, VfGH / Prüfungsumfang, Gemeinderecht, Gemeindevorstand, Proporz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:G76.1992

Dokumentnummer

JFR_10069687_92G00076_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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