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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)Norm
ABGB §1294;Rechtssatz
Die Nichtveranlassung eines medizinisch möglichen Eingriffs zum Zwecke der Diagnose im Interesse des Versicherten kann nicht ohne weiteres der Behörde als Verschulden iSd § 69 Abs 1 Z 2 AVG zu Last gelegt werden. Dies ist zunächst dann zu verneinen, wenn dem Versicherten der Eingriff nicht zugemutet werden konnte. Dessen Zumutbarkeit hängt vom Grad der Erforderlichkeit im Licht der Beweislage und der Rechtserheblichkeit der mit einem solchen Eingriff erreichbaren Differenzierung des Krankheitsbildes einerseits und vom Grad der Belastung des Versicherten andererseits, dh von den Risken des Eingriffs und von den damit allenfalls verbundenen Schmerzen, ab. Wenn daher nach der Sachlage im Zeitpunkt der Zuerkennung einer Leistung die rechtserheblichen Umstände des Leidenszustandes (im Beschwerdefall: der Kausalzusammenhang mit der Berufstätigkeit) hinreichend aufgeklärt erscheinen und die konkrete Möglichkeit eines anderen - Grund und Ausmaß der Leistung berührenden - Sachverhaltes nicht erkennbar ist oder nach Maßgabe der erhobenen Befunde als unwahrscheinlich erscheinen muß, so wird man dem Versicherten nicht zumuten können, einen belastenden, unter Umständen riskanten oder schmerzhaften Eingriff nur zu diagnostischen Zwecken (und in Wahrheit nur im Dienste eines Erkundungsbeweises des Versicherungsträgers) zu dulden.
Schlagworte
SachverständigengutachtenSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitVerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994080290.X04Im RIS seit
27.11.2000Zuletzt aktualisiert am
27.12.2012