TE Vfgh Erkenntnis 2004/10/15 V4/04 ua

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Veröffentlicht am 15.10.2004
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Index

L3 Finanzrecht
L3703 Lustbarkeitsabgabe, Vergnügungssteuer

Norm

B-VG Art18 Abs2
F-VG 1948 §6 Abs2, §7 Abs5, §8 Abs1, Abs2
FAG 1997 §6 Abs1 Z3, §12, §14 Abs1 Z9, §15 Abs3 Z1
FAG 2001 §8 Z3, §14, §15 Abs1 Z8, §16 Abs3 Z1
Krnt VeranstaltungsG 1997 §1 Abs3 litd
Krnt VergnügungssteuerG 1982 §2 Abs4
VergnügungssteuerV 1996 der Stadt Villach vom 17.04.96 §2 Abs1 litd
VergnügungssteuerV 1997 der Stadt Villach vom 15.10.97 §2 Abs1 litd
VergnügungssteuerV 2001 der Stadt Villach vom 30.11.01 §2 Abs1 litd

Leitsatz

Keine finanzausgleichsrechtliche Ermächtigung der Gemeinde zur Besteuerung von Sportwetten in dem freien Beschlussrecht der Gemeinden unterliegenden Vergnügungssteuerverordnungen; Abgaben auf Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen vom Finanzausgleichsgesetzgeber abschließend dem Typus der Zuschlagsabgabe zugeordnet; keine Ermächtigung der Gemeinden zur Besteuerung von Steuergegenständen außerhalb der Zuschlagsabgabe

Spruch

§2 Abs1 litd der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 17. April 1996, mit der Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden, §2 Abs1 litd der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 15. Oktober 1997, mit der Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden, sowie §2 Abs1 litd der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 30. November 2001, mit der Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden, werden als gesetzwidrig aufgehoben.

Die als gesetzwidrig erkannten Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

Die Kärntner Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist Buchmacher im Sinne des Kärntner Totalisateur- und Buchmacherwettengesetzes, LGBl. 68/1996. Von der Stadt Villach wurden die bei ihr getätigten Wetteinsätze der Vergnügungssteuer unterzogen. Gegen den (Vorstellungs)bescheid der Kärntner Landesregierung vom 26. Juni 2002 betreffend Vergnügungssteuer für den Zeitraum Oktober 1997 bis Juli 2001 hat die beschwerdeführende Gesellschaft die beim Verfassungsgerichtshof zu Zl. B1239/02 protokollierte Beschwerde erhoben.

2. Aus Anlass der Beratung dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 29. November 2003, von Amts wegen ein Verfahren gemäß Art139 Abs1 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §2 Abs1 litd der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 17. April 1996, mit der Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden (im Folgenden: VergnügungssteuerVO 1996), sowie der Gesetzmäßigkeit des §2 Abs1 litd der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 15. Oktober 1997, mit der Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden (im Folgenden: VergnügungssteuerVO 1997), einzuleiten.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken gegen die in Prüfung genommenen Verordnungsbestimmungen im Einleitungsbeschluss folgendermaßen dar:

"3.1. Nach den im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des §15 Abs3 Z1 FAG 1997, BGBl. 201/1996, bzw. des §16 Abs3 Z1 FAG 2001, BGBl. I 3, sind die Gemeinden u.a. ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates, vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung, die folgenden Abgaben auszuschreiben:

'Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) gemäß §14 Abs1 Z9 [FAG 1997 bzw. gemäß §15 Abs1 Z8 FAG 2001], die in Hundertteilen des Eintrittsgeldes erhoben werden, allgemein bis zum Ausmaß von 25 vH, bei Filmvorführungen bis zum Ausmaß von 10 vH des Eintrittsgeldes mit Ausschluß[ss] der Abgabe. Ausgenommen sind Lustbarkeitsabgaben für Veranstaltungen von Theatern, die aus Mitteln des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde regelmäßige Zuschüsse erhalten;'

Gemäß §14 Abs1 Z9 FAG 1997 bzw. §15 Abs1 Z8 FAG 2001 sind ausschließliche Landes-(Gemeinde)abgaben u.a.:

'Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) ohne Zweckwidmung des Ertrages;'

Bei der von der Stadt Villach ausgeschriebenen Vergnügungssteuer handelt es sich um eine Abgabe, die nach §14 Abs1 Z9 FAG 1997 bzw. §15 Abs1 Z8 FAG 2001 vom Bundesgesetzgeber als Landes- bzw. Gemeindeabgabe qualifiziert ist und nach §15 Abs3 Z1 FAG 1997 bzw. §16 Abs3 Z1 FAG 2001 in das freie Beschlußrecht der Gemeinden fällt. Es handelt sich somit um eine Gemeindeabgabe kraft freien Beschlußrechtes, die auf einer bundesgesetzlichen Ermächtigung gemäß §7 Abs5 F-VG 1948 beruht.

Zu dieser Vorschrift hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß sie die Gemeinden ohne Erfordernis einer landesgesetzlichen Regelung zur Schaffung materiellen Steuerrechts ermächtige, die Gemeinden also befugt seien, die für die Abgabenerhebung erforderlichen materiellrechtlichen Grundlagen selbst im Wege von (selbständigen) Verordnungen zu schaffen (VfSlg. 5359/1966, 5559/1967, 7227/1973, 10.738/1985, 14.642/1996, 15.583/1999 u.a.) und daß eine allfällige landesgesetzliche Regelung die bundesgesetzlich erteilte Ermächtigung nur konkretisieren oder erweitern, nicht aber einschränken dürfe (VfSlg. 2170/1951, 8099/1977, 11.273/1987, 11.294/1987, 15.583/1999 u. a.).

3.2. Maßgebend für die Beurteilung des Beschwerdevorbringens dürfte somit nicht sein, daß das Kärntner VergnügungssteuerG 1982 die Vergnügungssteuerbarkeit grundsätzlich an den Begriff der Veranstaltung knüpft, weil die dort in §2 Abs4 den Gemeinden eröffnete Möglichkeit, andere Veranstaltungen in die Steuerpflicht einzubeziehen, in verfassungskonformer Weise anscheinend so gelesen werden kann, daß die Gemeinde damit jedenfalls nicht gehindert ist, die in §15 FAG 1997 bzw. §16 FAG 2001 erteilte Ermächtigung auszuschöpfen (vgl. schon VfSlg. 16.388/2001). Der Gerichtshof muß sich daher anscheinend nicht abschließend mit der Frage befassen, ob die gewerbsmäßige Vermittlung bzw. der gewerbsmäßige Abschluß von Sportwetten unter den Begriff der Veranstaltung im Sinn des Kärntner Veranstaltungsgesetzes 1994 bzw. des Kärntner Veranstaltungsgesetzes 1997 subsumiert werden kann. Selbst wenn dies nämlich nicht zutreffen sollte (wogegen freilich die ausdrückliche Ausnahme in §1 Abs3 litd leg.cit. spricht), dürften die Gemeinden bereits unmittelbar auf Grund des §15 FAG 1997 bzw. des §16 FAG 2001 berechtigt sein, Lustbarkeiten zu besteuern, auch wenn sie keine Veranstaltungen nach dem Kärntner Veranstaltungsgesetz 1994 bzw. 1997 darstellen.

Der Gerichtshof muß sich anscheinend auch nicht abschließend mit der Frage befassen, ob die den Gemeinden durch §15 iVm §14 FAG 1997 bzw. §16 iVm §15 FAG 2001 auf dem Gebiet der Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) erteilte bundesgesetzliche Ermächtigung auch Abgaben auf die gewerbsmäßige Vermittlung bzw. den gewerbsmäßigen Abschluß von Sportwetten umfaßt, weil - zumindest nach der vorläufigen Annahme des Gerichtshofes - §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 einer Einbeziehung von Sportwetten in die Vergnügungssteuerpflicht entgegenzustehen scheint:

Gemäß §6 Abs1 Z3 FAG 1997 bzw. §8 Z3 FAG 2001 zählen zu den ausschließlichen Bundesabgaben (u.a.) 'die Stempel- und Rechtsgebühren mit Ausnahme der Gebühren von Wetten anläßlich sportlicher Veranstaltungen im Gebiete nur eines Bundeslandes (einer Gemeinde) ...'. Nach §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 sind Zuschlagsabgaben die Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten und die Zuschläge zu diesen Abgaben. Das Ausmaß der Zuschläge darf 90 vH zur Totalisateur- und Buchmachereinsatzgebühr und 30 vH zur Totalisateur- und Buchmachergewinstgebühr nicht übersteigen.

Zuschlagsabgaben bestehen nach §6 Abs1 Z2 litb F-VG 1948 aus einer Stammabgabe des Bundes und Zuschlägen der Länder (Gemeinden). Hinsichtlich der Stammabgabe liegt die Gesetzgebungskompetenz beim Bund (§7 Abs1 F-VG 1948), die Zuschläge werden durch die Landesgesetzgebung geregelt (§8 Abs1 F-VG 1948). Der Landesgesetzgebung kommt außerdem die Kompetenz zu, die Zuschläge dem Land vorzubehalten, zwischen dem Land und den Gemeinden zu teilen oder den Gemeinden zu überlassen (§8 Abs2 F-VG 1948).

Die bundesgesetzliche Regelung der Gebühren von Wetten, einschließlich der Totalisateur- und Buchmacherwetten, findet sich in §33 TP17 GebG.

Finanzausgleichsrechtlich ergibt sich daraus, daß die nach §33 TP17 GebG (auf 'Glücksverträge') zu erhebenden Gebühren ausschließliche Bundesabgaben sind, ausgenommen die Gebühren von Wetten anläßlich sportlicher Veranstaltungen im Gebiete nur eines Bundeslandes (einer Gemeinde). Diese Gebühren sind nach §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 als Zuschlagsabgaben anzusehen (vgl. auch Züger/Standfest, ÖStZ 2001, 421 ff., 444 [448]), wobei die Regelung der Stammabgabe in die Kompetenz der Bundesgesetzgebung fällt, die genauere finanzausgleichsrechtliche Regelung der Zuschläge im Verhältnis Land - Gemeinden, aber auch allfällige materiellrechtliche Regelungen hingegen der Landesgesetzgebung obliegen. In die Kompetenz der Landesgesetzgebung fällt bei diesem Abgabentypus insbesondere auch die Entscheidung, ob im betreffenden Land ein solcher Zuschlag überhaupt erhoben wird bzw. ob er von den Gemeinden erhoben werden darf.

Wenn der Finanzausgleichsgesetzgeber Wetten anläßlich sportlicher Veranstaltungen zum Gegenstand einer eigenen kompetenzrechtlichen Regelung gemacht und sie dem finanzverfassungsrechtlichen Typus der Zuschlagsabgabe zugeordnet hat, dürfte er damit den Ländern die nach §8 Abs3 F-VG 1948 erforderliche Ermächtigung zur Regelung bzw. Erhebung der Zuschläge erteilt haben. Der Gerichtshof nimmt jedenfalls vorläufig an, daß der Finanzausgleichsgesetzgeber damit - mangels eines explizit in die andere Richtung weisenden Gesichtspunktes - eine abschließende kompetenzrechtliche Regelung der Abgaben auf Sportwetten getroffen hat, so daß anscheinend nicht davon ausgegangen werden kann, daß er die Ermächtigung erteilen wollte, diese Wetten zusätzlich oder alternativ im Rahmen einer (umfassenderen) ausschließlichen Landes- bzw. Gemeindeabgabe zu besteuern.

Es ist aber vorläufig auch kein Anhaltspunkt dafür zu sehen, daß der Kärntner Landesgesetzgeber die ihm durch §12 FAG 1997 (bzw. §14 FAG 2001) eingeräumte Kompetenz zur finanzausgleichsrechtlichen Regelung der Zuschläge zu den einschlägigen Rechtsgeschäftsgebühren des Bundes nach §33 TP17 GebG im Rahmen des VergnügungssteuerG 1982 ausgeübt und diese Zuschläge den Gemeinden überlassen hätte. Dagegen spricht zum einen, daß diesem Gesetz kein Hinweis zu entnehmen ist, daß die fraglichen Zuschläge den Gemeinden zur Ausschreibung überlassen werden, zum anderen lassen sich die dort getroffenen Regelungen auch inhaltlich nicht als Konkretisierungen des §12 FAG 1997 (bzw. §14 FAG 2001) deuten (vgl. etwa zum Steuerausmaß §5 Kärntner VergnügungssteuerG 1982, der keinerlei Bezugnahme auf die im FAG vorgesehenen Grenzen enthält).

Schließlich dürfte auch die Deutung ausgeschlossen sein, daß §12 FAG 1997 (bzw. §14 FAG 2001) die Gemeinden unmittelbar ermächtigt, die dort vorgesehenen Zuschläge zu den Wettgebühren des Bundes auszuschreiben. Eine solche Anordnung bedürfte einer expliziten bundesgesetzlichen Ermächtigung, die anscheinend weder im FAG noch an anderer Stelle zu finden ist. Es gibt im übrigen auch keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Stadt Villach mit der in ihren VergnügungssteuerVO 1996 und 1997 vorgesehenen Besteuerung von Sportwetten die Absicht verfolgt hätte, unmittelbar auf das FAG gestützt einen Zuschlag zu den einschlägigen Rechtsgeschäftsgebühren des Bundes zu erheben.

Die Stadt Villach dürfte somit - zusammengefaßt - keine Zuständigkeit besitzen, die gewerbsmäßige Vermittlung bzw. den gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen der Vergnügungssteuer zu unterwerfen."

4. Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 3. September 2003 wurde die Vorstellung derselben beschwerdeführenden Gesellschaft gegen die Vorschreibung von Vergnügungssteuer für Wetteinsätze im Zeitraum August 2001 bis August 2002 als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde eine weitere Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG erhoben, die zu Zl. B1200/03 anhängig ist.

5. Mit Beschluss vom 23. Februar 2004 hat der Verfassungsgerichtshof aus Anlass dieser Beschwerde aus denselben Bedenken, die ihn bereits zur Prüfung der genannten Bestimmungen der VergnügungssteuerVO 1996 und 1997 bewogen hatten, von Amts wegen ein Verfahren gemäß Art139 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des §2 Abs1 litd der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Villach vom 30. November 2001, mit der Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden (künftig: VergnügungssteuerVO 2001), eingeleitet.

II. 1. Die landesgesetzliche Rechtslage bietet folgendes Bild:

1.1. Die relevanten Vorschriften des (zuletzt durch die Novelle LGBl. 80/2001 geänderten) Kärntner Vergnügungssteuergesetzes 1982, LGBl. 63 (im Folgenden: Kärntner VergnügungssteuerG 1982), das eine Wiederverlautbarung des Gesetzes vom 28. Juni 1968 über die Vergnügungssteuern, LGBl. 73, idF der Gesetze LGBl. 11/1973, 59/1973 und 38/1982 darstellt, lauten:

"§1

Allgemeines

(1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für Gemeinden, die mit Verordnung des Gemeinderates Vergnügungssteuern auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung in Hundertsätzen des Eintrittsgeldes (§5 Abs1 und 2) ausschreiben.

(2) Die Gemeinden, die eine Verordnung nach Abs1 erlassen, werden ermächtigt, von den weitergehenden Ermächtigungen dieses Gesetzes Gebrauch zu machen.

(3) Die Ausschreibung und die Verwaltung der Vergnügungssteuern fallen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

§2

Steuergegenstand

(1) Der Vergnügungssteuer unterliegen Veranstaltungen, für die das Kärntner Veranstaltungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 95, in seiner jeweiligen Fassung gilt, und Filmvorführungen, die auf Grund des Kinogesetzes 1962, LGBl. Nr. 2/1963, in seiner jeweiligen Fassung einer Berechtigung bedürfen.

(2) Der öffentliche Empfang von Rundfunk- und Fernsehübertragungen und Veranstaltungen von Glücksspielen unterliegen der Vergnügungssteuer.

(3) ...

(4) Der Gemeinderat kann in der Verordnung, mit der die Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden, bestimmte Veranstaltungen ausnehmen oder Veranstaltungen einbeziehen, die vom Veranstaltungsgesetz 1997 ausgenommen sind. Dies gilt sinngemäß auch für Filmvorführungen, die einer Berechtigung nach dem Kinogesetz 1962 bedürfen oder davon ausgenommen sind.

(5) Veranstaltungen von Theatern, die aus Mitteln des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde regelmäßige Zuschüsse erhalten, unterliegen der Vergnügungssteuer nicht.

...

§5

Ausmaß

(1) In der Verordnung über die Ausschreibung der Vergnügungssteuern auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung ist ihr Ausmaß in Hundertsätzen des Eintrittsgeldes bis zum Höchstausmaß von 25 v. H. - bei Filmvorführungen bis zum Höchstausmaß von 10 v. H. - festzusetzen. ...

(2) Werden Eintrittskarten nicht ausgegeben, so gilt das für die Teilnahme an der Veranstaltung entrichtete Entgelt als Eintrittsgeld.

..."

1.2. §1 des Kärntner Veranstaltungsgesetzes 1997, LGBl. 95, (mit dem das Kärntner Veranstaltungsgesetz 1994 in der durch das Gesetz LGBl. 42/1997 kundgemachten und durch LGBl. 69/1997 novellierten Fassung wiederverlautbart wurde) hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"§1

Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für alle öffentlichen Theatervorstellungen, Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen (Veranstaltungen), sofern sie nicht ausdrücklich ausgenommen sind (Abs3).

(2) ...

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für

a) Veranstaltungen, die in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung fallen, wie etwa ... Veranstaltungen, die dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, ...

b) ...

c) ...

d) Filmvorführungen, die der Bewilligungspflicht nach dem Kinogesetz unterliegen, die Erteilung von Tanzunterricht nach dem Tanzunterrichtsgesetz 1992, die gewerbsmäßige Vermittlung und den gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen (Totalisateur- und Buchmacherwettengesetz);

..."

2.1. Die VergnügungssteuerVO 1996, die sich nach ihrer Präambel inhaltlich auf §14 des Villacher Stadtrechtes 1993, LGBl. 118, auf §15 Abs3 Z1 FAG 1993, BGBl. 30, sowie §1 Abs2 des Kärntner VergnügungssteuerG 1982, LGBl. 63, stützt, hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"§1

Ausschreibung

Für Veranstaltungen im Sinne des §2, Abs1 und 2 dieser Verordnung werden Vergnügungssteuern ausgeschrieben.

§2

Steuergegenstand

(1) Der Vergnügungssteuer unterliegen:

a) Veranstaltungen, für die das Kärntner Veranstaltungsgesetz, LGBl. Nr. 49/1994, gilt,

b) Filmvorführungen, die auf Grund des Kinogesetzes 1962, LGBl. Nr. 2/1963, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 69/1993, einer Berechtigung bedürfen, sowie Filmvorführungen, die ohne Erwerbsabsicht von Unternehmungen überwiegend zu Reklamezwecken für ihre Erzeugnisse oder zur Fremdenverkehrswerbung veranstaltet werden,

c) die Veranstaltung von Glücksspielen und erlaubten Spielen,

d) die gewerbsmäßige Vermittlung sowie der gewerbsmäßige Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen (§1 Abs1 des Gesetzes vom 28. Juli 1919, StGBl. Nr. 388, in der geltenden Fassung),

..."

2.2. Die VergnügungssteuerVO 1997 enthält in ihrer Präambel ebenfalls eine Bezugnahme auf §14 des Villacher Stadtrechtes 1993, LGBl. 118, sowie auf §15 Abs3 Z1 FAG 1997, BGBl. 201/1996, und auf §1 Abs2 des Kärntner VergnügungssteuerG 1982, LGBl. 63. Wieder unterliegen gemäß §2 Abs1 litd der Vergnügungssteuer:

"die gewerbsmäßige Vermittlung sowie der gewerbsmäßige Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen (§1 Abs1 des Gesetzes vom 28. Juli 1919, StGBl. Nr. 388, in der geltenden Fassung),"

2.3. Am 1. Jänner 2002 ist die VergnügungssteuerVO 2001 in Kraft getreten. Gestützt auf §14 des Villacher Stadtrechtes 1998, LGBl. 69, §16 Abs3 Z1 FAG 2001, BGBl. I 3, sowie auf §1 Abs2 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 sieht §2 Abs1 litd als Steuergegenstand vor:

"d) die gewerbsmäßige Vermittlung sowie der gewerbsmäßige Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen"

3. Die Kärntner Landesregierung erstattete auf Grund ihres Beschlusses vom 4. Mai 2004 eine Äußerung, in der sie den vorläufigen Bedenken des Gerichtshofes entgegentritt und den Antrag stellt, die jeweils in Prüfung gezogene Bestimmung der VergnügungssteuerVO 1996, 1997 und 2001 nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

Nach Darstellung der Rechtslage nach dem F-VG 1948 und dem FAG 1997 bzw. FAG 2001 tritt die Kärntner Landesregierung zunächst den Annahmen des Verfassungsgerichtshofes bei, dass es sich bei der von der Stadt Villach ausgeschriebenen Vergnügungssteuer um eine Abgabe handle, die vom Finanzausgleichsgesetzgeber als Landes- bzw. Gemeindeabgabe qualifiziert sei und nach §15 Abs3 Z1 FAG 1997 bzw. §16 Abs3 Z1 FAG 2001 in das freie Beschlussrecht der Gemeinde falle. Der Kärntner Landesgesetzgeber habe weder die ihm durch §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 eingeräumte Kompetenz zur finanzausgleichsrechtlichen Regelung der Zuschläge zu den einschlägigen Rechtsgeschäftsgebühren des Bundes nach §33 TP17 GebG 1957 im Rahmen des Kärntner VergnügungssteuerG 1982 ausgeübt noch diese Zuschläge den Gemeinden überlassen. Die verordnungserlassende Behörde habe auch in §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 keine unmittelbare Ermächtigung gesehen, die dort vorgesehenen Zuschläge zu den Wettgebühren des Bundes auszuschreiben.

Weiters folge die Kärntner Landesregierung auch der vom Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss dargelegte Ansicht, dass das Kärntner VergnügungssteuerG 1982 die Vergnügungssteuerbarkeit nicht ausschließlich an den Begriff der Veranstaltung iSd Kärntner Veranstaltungsgesetzes 1994 bzw. 1997 knüpfe, weil die in §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 den Gemeinden eröffnete Möglichkeit, andere Veranstaltungen in die Steuerpflicht einzubeziehen, in verfassungskonformer Weise so gelesen werden könne, dass die Gemeinde nicht gehindert sei, die in §15 FAG 1997 bzw. §16 FAG 2001 erteilte Ermächtigung auszuschöpfen und Lustbarkeiten zu besteuern, auch wenn sie keine Veranstaltungen iSd Kärntner Veranstaltungsgesetzes 1994 bzw. 1997 darstellten; es sei also für den vorliegenden Fall nicht maßgebend, ob die gewerbsmäßige Vermittlung bzw. der gewerbsmäßige Abschluss von Sportwetten unter den Begriff der Veranstaltung iSd Kärntner Veranstaltungsgesetzes 1994 bzw. 1997 subsumiert werden könne.

Die Kärntner Landesregierung könne hingegen die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in seinem Prüfungsbeschluss nicht teilen, dass §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 einer Einbeziehung von Sportwetten in die Vergnügungssteuerpflicht entgegen stehe. Auch wenn §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 als Zuschlagsabgaben die Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten und die Zuschläge zu diesen Abgaben definiere, heiße dies nicht zwingend, dass neben dieser Zuschlagsabgabe kein Raum mehr für eine Gemeindeabgabe kraft freien Beschlussrechtes gemäß §7 Abs5 F-VG 1948 bleibe. Vielmehr erlaube §6 Abs2 F-VG 1948 die Einhebung von zwei oder mehreren (auch gleichartigen) Abgaben in den in §6 Abs1 F-VG 1948 genannten Haupt- und Unterformen von demselben Besteuerungsgegenstand nebeneinander. Dazu werde in der einschlägigen Literatur ausgeführt, dass eine gleichartige Landesabgabe neben einer ausschließlichen Gemeindeabgabe erhoben werden könne, weshalb wohl auch Gleiches für die Einhebung einer Zuschlagsabgabe neben einer ausschließlichen Gemeindeabgabe gelten müsse. Außerdem ermächtige §7 Abs2 F-VG 1948 den Bundesgesetzgeber, Abgaben zu ausschließlichen Bundesabgaben oder zwischen Bund und Ländern (Gemeinden) geteilten Abgaben zu erklären und Abgaben oder deren Ertrag ausschließlich den Ländern (Gemeinden) zu überlassen. Dem Bundesgesetzgeber stehe also ein umfassendes Abgabenerfindungsrecht zu (vgl. auch §3 F-VG 1948).

Genau von dieser Zuständigkeit habe der Bundesgesetzgeber im vorliegenden Fall für die Besteuerung von Sportwetten Gebrauch gemacht: Er sehe 1. als ausschließliche Bundesabgabe Stempel- und Rechtsgebühren für Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen, die sich nicht auf das Gebiet nur eines Bundeslandes (einer Gemeinde) beziehen würden, und 2. eine Zuschlagsabgabe für die Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen, die sich auf das Gebiet nur eines Bundeslandes (einer Gemeinde) beziehen würden, vor. Parallel dazu ermächtige er die Gemeinden zur Einhebung von Vergnügungssteuern, soweit die Vergnügung, worunter auch die Wette zu zählen sei, im territorialen Einzugsgebiet einer Gemeinde stattfinde. Nehme die Gemeinde dieses ihr zuerkannte freie Beschlussrecht in Anspruch, so verfüge sie über erhebliche Gestaltungsspielräume, insbesondere bei Gemeindeabgaben, für die eine bundesgesetzliche Ermächtigung erteilt worden sei. Es obliege der Gemeinde, die Abgabe im Rahmen der konkretisierenden landesgesetzlichen Bestimmungen zu regeln und sie übe dabei eine materiell rechtsetzende Tätigkeit aus.

Dass Wetten unter den Begriff der Lustbarkeit fielen, scheine auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzweifelhaft, die als steuerpflichtige Veranstaltung jede qualifiziere, die bei den Teilnehmern in irgendeiner Art Lustgefühle dadurch auszulösen geeignet sei, dass sie entweder den eigentlichen Vergnügungstrieb oder die Schaulust oder aber die Wissbegierde oder höhere Bedürfnisse der Teilnehmer befriedige.

Nur nebenbei solle erwähnt werden, dass §8 Abs3 F-VG 1948 in diesem Zusammenhang nicht zu beachten sei, da es sich bei den angeführten Normen um keine Abgabenerfindung der Länder handle, die denselben Besteuerungsgegenstand beträfen, sondern um von vornherein vom Bund den Ländern bzw. der Gemeinde zugewiesene Abgaben gemäß §7 Abs2 F-VG 1948.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass bezüglich des Umfangs des Steuergegenstandes erhebliche Unterschiede zwischen der Zuschlagsabgabe zu Totalisateur- und Buchmacherwetten und der Vergnügungssteuer bestünden, da die Zuschlagsabgabe ausschließlich eine Besteuerung von Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen im Gebiet des jeweiligen Bundeslandes (bzw. der Gemeinde) erlaube. Dies sei hingegen bei der Einhebung von Vergnügungssteuer unter Beachtung des territorialen Bezuges wesentlich weiter zu sehen: Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis zur "Wiener AnkündigungsabgabeV" (VfSlg. 15.395/1998) ausgesprochen, dass die Zuweisungen von Besteuerungsrechten an Länder oder Gemeinden im Rahmen der Finanzverfassung stets so zu verstehen sei, dass "die betreffende Gebietskörperschaft bei der Inanspruchnahme der erteilten Ermächtigung, das heißt bei der Formulierung des Steuertatbestandes, einen hinreichenden inhaltlichen Bezug zum räumlichen Geltungsbereich der Abgabe zu wahren hat. (...) Welcher Art der hinreichende Bezug zu sein hat, hängt von dem Charakter der Abgabe und ihrem Besteuerungsgegenstand ab. Für den Bereich der Verbrauchssteuern (der Länder und Gemeinden) ordnet §8 Abs4 F-VG selbst an, daß Verbrauchsabgaben dieser Gebietskörperschaften unzulässig sind, die auch den Verbrauch außerhalb des Geltungsgebietes der Abgabe treffen oder nicht grundsätzlich den gesamten Verbrauch in diesem Geltungsgebiet erfassen." Der Verfassungsgerichtshof habe in diesem Erkenntnis explizit ausgesprochen, dass kein hinreichender Grund ersichtlich sei, der die Gemeinde berechtigen könnte, Ankündigungen schlechthin nur deswegen zu besteuern, weil sie vom Gebiet der betreffenden Gemeinde ihren Ausgang nehmen würden, ohne Rücksicht darauf, wo sich der mit der Ankündigung verbundene Reklamewert bilde. Bezogen auf die Einhebung von Vergnügungssteuer auf Sportwetten werde man annehmen müssen, dass der territoriale Anknüpfungspunkt der Ort der Vermittlung der Sportwette bzw. der Ort des Abschlusses des Wettvertrages sei und nicht jener Ort, an dem die sportliche Veranstaltung, die Gegenstand der Wette sei, stattfinde, da dies nur der Ort sei, an dem die Wette "ihren Ausgang" nehme. Daher seien von der Vergnügungssteuer im vorliegenden Fall alle gewerbsmäßigen Vermittlungen und Abschlüsse von Wetten, die im Gebiet der Stadt Villach abgeschlossen würden, umfasst und nicht nur jene, deren sportliche Veranstaltung in diesem Gebiet stattfinde. Schließlich werde die Vergnügung der Wette nicht auf dem "Spielfeld der sportlichen Veranstaltung" genossen, sondern am Ort, an dem sich die Spieler, die eine Wette eingegangen seien, befänden. Es entspreche auch dem Sinn des §8 Abs4 F-VG 1948, die Erhebung regionaler oder lokaler Steuern auf die Einkommensverwendung der im Erhebungsgebiet ansässigen Verbraucher zu beschränken.

Hätte der Bundesgesetzgeber die Möglichkeit einer Besteuerung sowohl der in einer Gemeinde gewerblich vermittelten oder abgeschlossenen Wetten in Form der Vergnügungssteuer als auch eine Besteuerung der Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen im Land/in der Gemeinde als Zuschlagsabgabe verhindern wollen, so wäre er dazu auf Grund der Bestimmung des §7 Abs3 F-VG 1948 wohl in der Lage gewesen. Jedenfalls könnten, wie in der Literatur ausgeführt, Doppelbesteuerungen durchaus aus Tatbestandsüberschneidungen oder aus konkurrierenden Definitionen von Tatbestandsmerkmalen resultieren.

4. Der Gemeinderat der Stadt Villach hat von der Erstattung einer eigenen Äußerung Abstand genommen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat die Verordnungsprüfungsverfahren gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §187 ZPO zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

1. Die Verordnungsprüfungsverfahren sind zulässig.

Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes über die Zulässigkeit der Beschwerden zu Zl. B1239/02 und B1200/03 und die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen sprechen würden.

2. Das Prüfungsverfahren hat die im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken nicht zerstreut:

Der Gerichtshof übersieht nicht, dass §6 Abs2 F-VG 1948 es auf verfassungsrechtlicher Ebene für zulässig erklärt, zwei oder mehrere (auch gleichartige) Abgaben in den verschiedenen, von §6 Abs1 leg.cit. genannten Formen von demselben Besteuerungsgegenstand zu erheben. Diese Ermächtigung richtet sich jedoch an den jeweiligen Finanzausgleichsgesetzgeber. Im vorliegenden Fall geht es hingegen um die Frage, ob die maßgeblichen Regelungen des (jeweiligen) Finanzausgleichsgesetzes so zu interpretieren sind, dass sie die Besteuerung von Sportwetten nicht nur im Wege einer (speziellen) Zuschlagsabgabe, sondern darüber hinaus allgemein im Wege von Vergnügungssteuern zulassen. Der Gerichtshof hat im Prüfungsbeschluss die Auffassung vertreten, dass der Finanzausgleichsgesetzgeber, indem er Abgaben auf Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen speziell geregelt und sie dem finanzverfassungsrechtlichen Typus der Zuschlagsabgabe zugeordnet hat, eine abschließende kompetenzrechtliche Regelung der Abgaben auf Sportwetten getroffen hat. Es könne daher anscheinend nicht davon ausgegangen werden, daß er die Ermächtigung erteilen wollte, diese Wetten zusätzlich oder alternativ im Rahmen einer (umfassenderen) ausschließlichen Landes- bzw. Gemeindeabgabe zu besteuern.

Die Äußerung der Kärntner Landesregierung hat diese Beurteilung nicht widerlegt:

Nach §6 Abs1 Z3 FAG 1997 bzw. §8 Z3 FAG 2001 gehören zu den ausschließlichen Bundesabgaben die Stempel- und Rechtsgebühren mit Ausnahme der Gebühren von Wetten anlässlich sportlicher Veranstaltungen im Gebiete nur eines Bundeslandes (einer Gemeinde). Offensichtlich an diese Ausnahme anschließend qualifiziert §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 die Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten und die Zuschläge zu diesen Abgaben als "Zuschlagsabgaben". Das Ausmaß der Zuschläge darf 90 vH zur Totalisateur- und Buchmachereinsatzgebühr und 30 vH zur Totalisateur- und Buchmachergewinstgebühr nicht übersteigen. Diese Zuschläge werden durch die Landesgesetzgebung geregelt (§8 Abs1 F-VG 1948). Der Landesgesetzgebung kommt außerdem die (finanzausgleichsrechtliche) Kompetenz zu, zu entscheiden, ob von der Zuschlagsberechtigung Gebrauch gemacht wird und - bejahendenfalls - ob die Zuschläge dem Land vorbehalten, zwischen dem Land und den Gemeinden geteilt oder den Gemeinden überlassen werden (§8 Abs2 F-VG 1948).

Bei dieser Rechtslage kann nicht angenommen werden, dass der Finanzausgleichsgesetzgeber, der den Ländern eine Berechtigung zur Erhebung von Zuschlägen auf eine Stammabgabe des Bundes einräumt (wobei sie die Zuschlagsberechtigung sich vorbehalten, mit den Gemeinden teilen oder auch diesen zur Gänze übertragen können), unabhängig davon den Gemeinden im Wege einer ganz allgemein gehaltenen Ermächtigung zur Erhebung von Lustbarkeitsabgaben noch einmal die implizite Ermächtigung zur Besteuerung von Sportwetten erteilen wollte. Eine solche Annahme käme zunächst mit der vom Bundesgesetzgeber verfügten Begrenzung der Zuschlagshöhe in Konflikt, durch die offenbar die Belastung der Steuerpflichtigen limitiert werden soll und die ihren Zweck nicht erfüllen könnte, dürften die Gemeinden unabhängig von den Zuschlägen die Sportwetten autonom der Vergnügungssteuer unterwerfen. Auf der Basis dieser Interpretation könnte es dazu kommen, dass das Land die Zuschlagsberechtigung für sich in vollem Umfang ausschöpft und die Gemeinden ohne Rücksicht darauf auf den Abschluss von Sportwetten Vergnügungssteuer erheben. Es könnte auch dazu kommen, dass das Land den Gemeinden die Zuschlagsberechtigung ohnehin in vollem Umfang überträgt und diese daneben Vergnügungssteuern erheben. Gegen die Auffassung der Kärntner Landesregierung spricht aber auch, dass mit der Einordnung als Zuschlagsabgabe der Finanzausgleichsgesetzgeber offensichtlich dem Landesgesetzgeber die Ermächtigung erteilen wollte zu entscheiden, ob ein solcher Zuschlag in dem betreffenden Bundesland überhaupt eingehoben werden soll, ob er dem Land vorbehalten, mit den Gemeinden geteilt oder diesen zur Gänze überlassen werden soll. Wenn der Finanzausgleichsgesetzgeber auf diese Weise dem Landesgesetzgeber Steuerhoheit und finanzausgleichsrechtliche Kompetenzen überträgt, kann vernünftigerweise nicht angenommen werden, dass er - diese Befugnis gleichsam konterkarierend - sie durch eine Parallelregelung (im Bereich der Vergnügungssteuern) zugunsten der Gemeinden wieder entwerten oder untergraben wollte. Ausgehend davon kann es somit nicht von Bedeutung sein, ob die territoriale Anknüpfung von Wettgebühren und Vergnügungssteuern in Bezug auf Sportwetten unterschiedlich oder deckungsgleich wäre.

Die finanzausgleichsrechtliche Situation ist daher so zu deuten, dass die den Gemeinden erteilte Ermächtigung zur Ausschreibung von Vergnügungssteuern nicht die Ermächtigung zur Besteuerung von Steuergegenständen umfasst, die in §12 FAG 1997 bzw. §14 FAG 2001 geregelt sind, dass aber auch die Landesgesetzgebung nicht die Kompetenz besitzt, diese Besteuerungsgegenstände den Gemeinden außerhalb der Zuschlagsabgabe zur Besteuerung zu überlassen.

Die in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmungen waren daher schon aus diesem Grund als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Die Bestimmungen der VergnügungssteuerVO 1996 und 1997 stehen mit einem auf die Vergangenheit beschränkten zeitlichen Anwendungsbereich in Geltung. Es ist daher im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Abgabengesetzen mit beschränktem zeitlichen Anwendungsbereich (siehe z.B. VfSlg. 8709/1979, S 417; 12.930/1991, S 683; 13.153/1992, S 48; 13.881/1994, S 215) mit einer Aufhebung nach Abs3 des Art139 B-VG und nicht mit einem Ausspruch nach Abs4 der eben genannten Verfassungsbestimmung vorzugehen.

4. Der Ausspruch, dass die als gesetzwidrig erkannten Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind, stützt sich auf Art139 Abs6

B-VG.

5. Die Kundmachungsverpflichtung gründet sich auf Art139 Abs5 B-VG.

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

Finanzverfassung, Abgabenwesen, Abgaben Gemeinde-, Beschlußrecht, Finanzausgleich, Vergnügungssteuer, Wetten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V4.2004

Dokumentnummer

JFT_09958985_04V00004_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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