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72 Wissenschaft, HochschulenNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Beschwerdelegitimation der Universität Wien gegen einen Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung betreffend Aufhebung eines Beschlusses des Akademischen Senates über die zinsbringende Veranlagung von Hochschultaxen gegeben; keine Beschwerdelegitimation des Rektors und des Akademischen Senates in ihrer Eigenschaft als Organe; willkürliche Aufhebung dieses Beschlusses durch die Aufsichtsbehörde; Zuordnung der Verwendung der Eingänge aus den Studienbeiträgen zum selbständigen (autonomen) Wirkungsbereich der Universitäten verfassungsrechtlich unbedenklich; neben Verwendung auch Veranlagung dieser Gelder den Organen der Universitäten überlassen; Behandlung der an den Universitäten "verbleibenden" Eingänge aus den Studienbeiträgen gleich allen anderen Bundesmitteln im Sinne des BundeshaushaltsG nicht gebotenRechtssatz
Der Rektor und der Akademische Senat der Universität Wien sind in ihrer Eigenschaft als Organe zur Erhebung einer auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht legitimiert.
Es besteht keine Verfassungsnorm, die dem Organ eines Rechtsträgers unmittelbar die Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einräumt oder dem einfachen (Materien-)Gesetzgeber hiezu die Ermächtigung erteilt, wie dies etwa, was die Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof anlangt, durch Art131 Abs2 B-VG geschehen ist; eine Ermächtigung, von der der Bundesgesetzgeber in Bezug auf Organe der Universitäten in §5 Abs7 UOG Gebrauch gemacht hat.
Die Beschwerdelegitimation der Universität Wien gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, mit dem ein Beschluß des Akademischen Senates der Universität Wien über die zinsbringende Veranlagung der Reserven aus den Hochschultaxen aufgehoben wurde, ist gegeben.
Die Universitäten als solche sind zur Anfechtung eines Bescheides des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, mit dem ein in einer Angelegenheit des selbständigen (autonomen) Wirkungsbereiches ergangener Beschluß eines ihrer Organe in Ausübung des Aufsichtsrechtes iS des §5 Abs4 UOG iVm §5 Abs5 UOG aufgehoben wurde, beim Verfassungsgerichtshof legitimiert.
Aus §2 Abs2 UOG ist nicht abzuleiten, daß die Legitimation der Universitäten zur Beschwerdeführung nach Art144 Abs1 B-VG nur im Umfang ihrer Privatrechtsfähigkeit gegeben ist.
Die mit §10 Abs5 Hochschul-TaxenG 1972 vorgenommene Zuordnung der Verwendung der Eingänge aus den Studienbeiträgen zum selbständigen (autonomen) Wirkungsbereich der Universitäten bedeutet der Sache nach keine Erweiterung, sondern nur eine Fortentwicklung des verfassungsrechtlich zulässigen autonomen Wirkungsbereiches und ist schon deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich.
§5 Abs4 und Abs5 UOG überträgt der Aufsichtsbehörde lediglich eine - auf die bloße Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkte - Befugnis, die durchaus zu den typischen Mitteln der staatlichen Aufsicht über Selbstverwaltungskörper zählt. Diese Regelung greift nicht in unzulässiger Weise in den selbständigen (autonomen) Wirkungsbereich der Universitäten ein.
Der angefochtene Bescheid beruht auf einer verfehlten Auslegung des §10 Abs5 Hochschul-TaxenG 1972. Wenngleich es sich bei den Eingängen aus den Studienbeiträgen nach §10 Hochschul-TaxenG 1972 um Bundesmittel handelt, so ändert dies nichts daran, daß sie bereits nach dem Wortlaut des Abs5 dieser Bestimmung nicht nur im selbständigen (autonomen) Wirkungsbereich der Universitäten "zu verwenden" sind, sondern daß sie auch an den Universitäten "verbleiben". Das aber kann nur bedeuten, daß den Universitäten außer der Verwendung dieser Gelder auch deren Veranlagung obliegt. Dabei sind die Organe der Universität zwar verpflichtet, iS der verfassungsrechtlichen Gebote der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit bei der Vermögensveranlagung vorzugehen. Die Entscheidung jedoch, in welcher Weise sie dieser Verpflichtung nachkommen, ist den (zuständigen) Organen der Universitäten überlassen.
Die Anwendung des §71 Abs2 BundeshaushaltsG über die Konzentration der Geldmittel des Bundes bei der Österreichischen Postsparkasse ist damit durch die spezielle Vorschrift des §10 Abs5 Hochschul-TaxenG 1972 ausgeschlossen.
Dadurch, daß die belangte Behörde den Sinn des §10 Abs5 Hochschul-TaxenG 1972 mißachtet und ihren Bescheid auf §71 Abs2 BundeshaushaltsG gestützt hat, hat sie die Rechtslage völlig verkannt und dadurch Willkür geübt.
Schlagworte
Hochschulen, Hochschulautonomie, VfGH / Legitimation, Selbstverwaltungsrecht, Finanzverfassung, Kreditwesen, Haushaltsrecht, Hochschultaxen, Wirkungsbereich eigener, Organwalter, AufsichtsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B1392.1990Dokumentnummer
JFR_10069385_90B01392_01