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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit einer eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 bzw 60 km/h für alle Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten in Tirol verfügenden Verordnung; keine Ermächtigung durch §43 StVO 1960 zur Erlassung einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme global für die Straßen eines größeren Gebietes ohne Abstellen auf die spezifische Verkehrs- und Gefahrensituation auf den von der Verordnung im einzelnen erfaßten StraßenRechtssatz
Die pauschal, für "alle Bundes- und Landesstraßen außerhalb von Ortsgebieten in Tirol" mit Ausnahme einiger Straßenstrecken durch die in Prüfung gezogene Verordnung der Tiroler Landesregierung vom 13.02.90, LGBl. 8 idF LGBl. 20/1992, verfügte Geschwindigkeitsbeschränkung widerspricht §43 Abs1 litb und §43 Abs2 StVO 1960 und ist demgemäß als gesetzwidrig aufzuheben.
Es ist dem Verordnungsgeber verwehrt, gestützt auf §43 StVO 1960 eine verkehrsbeschränkende Maßnahme global für die Straßen eines größeren Gebietes, wie hier eines gesamten Landesgebietes, zu erlassen, ohne auf die spezifische Verkehrs- und Gefahrensituation auf den von der Verordnung im einzelnen erfaßten Straßen abzustellen. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung gemäß §43 Abs1 litb und §43 Abs2 lita StVO 1960 ist nur auf "bestimmten", - soll heißen: diesbezüglich von anderen Gebieten oder Straßen deutlich abgehobenen -, Gebieten, Straßen oder Straßenstrecken zulässig, "wenn und insoweit" eine besondere Gefahrensituation (sei es hinsichtlich der Verkehrssicherheit, sei es hinsichtlich der Umwelt) auf einer diesbezüglich bestimmten, - und somit von anderen deutlich unterschiedenen -, Straße oder Straßenstrecke oder Straße innerhalb eines bestimmten Gebietes vorliegt.
Aus einer Vorschrift, welche wie §44 Abs2a StVO 1960 lediglich die Form der Kundmachung einer Verordnung zum Gegenstand hat, darf nicht auf den von Gesetzes wegen zulässigen Inhalt der Verordnung rückgeschlossen werden. Der ausdrückliche Hinweis auf §43 StVO 1960 in der für die Kundmachung von Verordnungen einer Landesregierung, die sich auf das ganze Landesgebiet beziehen, geltenden Bestimmung des §44 Abs2a StVO 1960 ist nämlich nicht dahin zu verstehen, daß Verordnungen gemäß §43 StVO 1960 schlechthin für das ganze Landesgebiet erlassen werden können.
Daß ein Bundesland im Vergleich zu anderen eine überproportional hohe Unfalldichte aufweist, rechtfertigt und gebietet zwar zweifelsohne eine im Vergleich zu den anderen Bundesländern größere Zahl verkehrssichernder und -beschränkender Maßnahmen auf jenen Straßen und Straßenstrecken, die eine besonders hohe Unfallhäufigkeit aufweisen. §43 StVO 1960 ermächtigt die Behörde aber nicht, die vom Gesetzgeber festgelegte Höchstgeschwindigkeit (vgl. §20 Abs2 StVO 1960) undifferenziert für das gesamte Bundesland herabzusetzen.
(Anlaßfälle B1055/91, B1056/91, B1328/91, alle E v 17.06.93, Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Straßenpolizei, GeschwindigkeitsbeschränkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:V117.1992Dokumentnummer
JFR_10069383_92V00117_01