RS Vfgh 1993/6/19 B1084/92

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Veröffentlicht am 19.06.1993
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
FremdenpolizeiG §5 Abs1
FremdenpolizeiG §5a Abs1
FremdenpolizeiG §13a

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter mangels Prüfung der Zulässigkeit der in Aussicht genommenen Abschiebung als Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Schubhaft durch den angerufenen unabhängigen Verwaltungssenat

Rechtssatz

Die Schubhaft "zur Sicherung der Abschiebung" gemäß §5 Abs1 FremdenpolizeiG durfte (unter weiteren Voraussetzungen) nur so lange fortdauern, als sie zur Sicherung einer nach diesem Gesetz zulässigen Abschiebung erforderlich war. Standen einer Abschiebung etwa die Gründe (Abschiebungsverbote) des §13a Abs2 iVm Abs1 FremdenpolizeiG entgegen, entfiel der Sicherungszweck der Schubhaft.

Die Rechtmäßigkeit der Abschiebung war eine wesentliche Bedingung für die Rechtmäßigkeit der Schubhaft selbst. Folglich war die Schubhaft nicht erst dann rechtswidrig, wenn im Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides bereits mit Sicherheit feststand, daß eine Abschiebung in alle in Betracht kommenden Staaten unzulässig sei. Vielmehr hatte die Behörde im Administrativverfahren jedenfalls der Frage nachzugehen, ob einer Abschiebung in das in Aussicht genommene Zielland das Refoulement-Verbot des §13a FremdenpolizeiG entgegenstand.

Der gemäß §5a FremdenpolizeiG angerufene unabhängige Verwaltungssenat hatte in Wahrnehmung seiner umfassenden Haftprüfungskompetenz auch darüber zu befinden, ob im konkreten Fall ein gesetzliches Abschiebungsverbot bestehe. Hatte die Fremdenpolizeibehörde das Zielland bereits festgelegt, so war der Verwaltungssenat daher gehalten, sich mit dem Einwand eines Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, daß eine Abschiebung in dieses Land nicht zulässig sei.

Dessenungeachtet ging der belangte Senat im angefochtenen Bescheid auf die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers mit keinem Wort ein, er entzog sich also einem Abspruch über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft und verletzte den Beschwerdeführer dadurch im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

(Ebenso: B977/92 ua, B1358/92, B1536/92, B2078/92, alle E v 30.06.93, B1529/92, E v 27.09.93, B1540/92, E v 28.02.94).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Fremdenpolizei, Schubhaft, Unabhängiger Verwaltungssenat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1084.1992

Dokumentnummer

JFR_10069381_92B01084_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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