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37 Geld-, Währungs-und KreditrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Abweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des KWG über die Verpflichtung der einem Zentralinstitut angeschlossenen Banken zur Haltung einer Liquiditätsreserve bestimmten Ausmaßes bei diesem Institut; kein Verstoß gegen das Determinierungsgebot; keine Verletzung des Gleichheitsrechts, des Eigentumsrechts und des Rechts auf Erwerbsausübungsfreiheit; Sicherung einer entsprechenden Liquidität der Banken und Stärkung des (sektoralen) Verbundes im öffentlichen Interesse gelegenRechtssatz
Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung des §14 Abs11 KWG.
§14 Abs11 KWG verpflichtet unmittelbar die einem Zentralinstitut angeschlossenen Banken zur Haltung einer Liquiditätsreserve bei diesem. Die Regelung beeinträchtigt die Antragstellerin als ein dem Raiffeisenverband Kärnten angeschlossenes Institut auch aktuell in ihrer Rechtssphäre, weil sie ihre Vertragsfreiheit beschränkt. Schließlich steht der Antragstellerin auch kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des behaupteten rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung.
Bei einem sogenannten (sektoralen) Verbund iS des §14 Abs11 KWG handelt es sich um Zusammenschlüsse auf freiwilliger Basis; jede Genossenschaft, die diesem Verbund beitritt, hat abzuwägen, ob ein Eintritt in den Verbund, gleicherweise aber auch ein Verbleib in diesem, letztlich von Vorteil ist und die allenfalls auf sich zu nehmenden Nachteile überwiegt; dabei ist auch die bekämpfte Regelung ins Kalkül zu ziehen. Ob und wenn ja in welcher Höhe Zinsen für die Veranlagung flüssiger Mittel ersten Grades zu bezahlen sind, unterliegt dem Privatrechtsregime.
§14 Abs11 KWG zielt darauf ab, die rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit der Primärbanken zu erhalten, hingegen die Nachteile, die mit dem Wirtschaften kleinerer und kleinster wirtschaftlicher Einheiten verbunden sind, zu minimieren.
So gesehen ist §14 Abs11 KWG unter dem Aspekt des Art18 Abs1 B-VG nicht zu beanstanden; die Bestimmung ist hinreichend determiniert. Es ist aus der Sicht des Legalitätsgebotes unbedenklich, wenn der Gesetzgeber die Festlegung der Verzinsung für die Hingabe der Liquiditätsreserve entsprechend den wirtschaftlichen Verhältnissen im jeweiligen Verbund den Beteiligten überläßt.
§14 Abs11 KWG verstößt aber auch nicht gegen den Gleichheitssatz.
Im Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten eines Verbundes ist ein wesentlicher Unterschied zwischen den darin zusammengeschlossenen und den außerhalb eines solchen agierenden Banken gelegen.
Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die bekämpfte Regelung in sich unsachlich wäre. Die Bestimmung verfolgt das Ziel der Realisierung einer ausreichenden Liquiditätsvorsorge; hinzu tritt die gesetzliche Sicherung des sektoralen Verbundes über das Zentralinstitut. Beide, miteinander verzahnten Ziele sind offenkundig im öffentlichen Interesse gelegen und rechtfertigen die bekämpfte Regelung.
Die Verpflichtung der Primärinstitute zur Haltung von Liquiditätsreserven beim Zentralinstitut gemäß §14 Abs11 KWG stellt eine Eigentumsbeschränkung dar, die im öffentlichen Interesse an einer entsprechenden Liquiditätssicherung und an einem unerläßlichen Gläubigerschutz, dh. der Gewährleistung der Zahlungsfähigkeit von Banken und damit der Absicherung des gesamten Bankenbereiches gelegen ist. Die angegriffene Regelung berührt aber nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums.
Das öffentliche Interesse an der Erhaltung einer funktionierenden Wirtschaft insgesamt, namentlich an einem auch besondere wirtschaftliche Schwierigkeiten verkraftenden Bankensektor, gebietet die Erlassung einschränkender Regelungen zur Sicherung einer entsprechenden Liquidität der Banken. §14 Abs11 KWG ist zur Erreichung dieses Zieles - Sicherung einer entsprechenden Liquidität und Stärkung des (sektoralen) Verbundes - geeignet, aber auch zur Zielerreichung adäquat und insgesamt sachlich gerechtfertigt. Auch die aus der Sicht des Art6 StGG gegen die angefochtene Bestimmung vorgebrachten Bedenken treffen sohin nicht zu.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Kreditwesen, Erwerbsausübungsfreiheit, Liquiditätsreserve, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:G250.1992Dokumentnummer
JFR_10069377_92G00250_01