RS Vfgh 1993/6/24 V2/93, V3/93, V4/93, V12/93, V17/93, V18/93

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Veröffentlicht am 24.06.1993
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
FahrverbotsVen der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 20.02.91 und 15.03.91, mit denen auf der Drautal Straße B 100, der Mölltal Straße B 106 und der Großglockner Straße B 107 ein Fahrverbot für LKW ab einer bestimmten Tonnage verfügt wurde
StVO 1960 §43 Abs2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit von ein Fahrverbot für LKW ab einer bestimmten Tonnage auf der Drautal, der Mölltal und der Großglockner Straße verfügenden Verordnungen mangels hinreichender Ermittlung der sachlichen Entscheidungsgrundlagen für die vor Erlassung der Verordnungen gebotene Interessenabwägung und mangels Berücksichtigung landesübergreifender Verkehrszusammenhänge sowie wegen Verstoß gegen den Gleichheitssatz infolge Ausnahme für LKW mit bestimmten Standorten

Rechtssatz

Die FahrverbotsV der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 20.02.91, mit der auf der Drautal Straße B 100, der Mölltal Straße B 106 und der Großglockner Straße B 107 ein Fahrverbot für LKW ab einer bestimmten Tonnage verfügt wurde, war gesetzwidrig.

Die FahrverbotsV der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 15.03.91, mit der auf der Drautal Straße B 100, der Mölltal Straße B 106 und der Großglockner Straße B 107 ein Fahrverbot für LKW ab einer bestimmten Tonnage verfügt wurde, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die sachlichen Entscheidungsgrundlagen für die vor Erlassung der verkehrsbeschränkenden Fahrverbotsverordnung gemäß §43 Abs2 StVO 1960 gebotene Interessenabwägung sind nicht hinreichend ermittelt worden. Es fehlt sowohl an der im Zuge der Entscheidungsfindung gebotenen, inhaltlichen Auseinandersetzung mit den anläßlich des Anhörungsverfahrens abgegebenen Äußerungen vor Erlassung der Verordnung als auch an der notwendigen Untersuchung der Gefahren oder Belästigungen, denen die Anrainer der vom Fahrverbot erfaßten Straßen durch den Schwerverkehr ausgesetzt sind, sowie schließlich an einer Analyse der Bedeutung dieser Straßen für die Verkehrsbeziehungen und die Verkehrserfordernisse. Auch durch eine Weisung, zu deren Befolgung das nachgeordnete Organ verpflichtet ist, wird die im Sinne des Art18 Abs2 B-VG erforderliche gesetzliche Grundlage einer Verordnung nicht substituiert.

Rechtswidrig sind die in Prüfung gezogenen Verordnungen aber auch deshalb, weil die durch sie angestrebte Verlagerung des Schwerverkehrs auf andere gleichartige Straßenzüge und die damit bewirkte Beeinträchtigung eines anderen Personenkreises als die Benützer und Anrainer der vom Fahrverbot erfaßten Straßen nicht näher in Erwägung gezogen wurde. Die Verkehrsbeschränkung ist ohne Berücksichtigung landesübergreifender Verkehrszusammenhänge verfügt worden. Sie widerspricht somit der Abwägungsklausel des §43 Abs2 letzter Satz StVO 1960 auch deshalb, weil sie in keiner Weise auf den Verkehr jenseits der Landesgrenzen in Osttirol, wo die Verkehrsbeschränkung nicht gilt, Rücksicht nimmt.

Die zusätzlich zum Anrainer- und Zustellverkehr in den Bezirken Spittal an der Drau und Lienz verfügte Ausnahme für Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen, "die in den Bezirken Spittal an der Drau, Lienz und Hermagor ihren Standort haben", widerstreitet schließlich dem Gleichheitssatz. Lastkraftfahrzeuge, die ihren Standort in den Bezirken Spittal an der Drau, Lienz und Hermagor haben, von der Geltung der Fahrverbotsverordnung auszunehmen, bedeutet, daß diese Lastkraftfahrzeuge die vom Fahrverbot betroffenen Straßen für den Transitverkehr benützen dürfen, der Lastkraftwagen mit einem anderen Standort verwehrt ist. Dafür vermag der Verfassungsgerichtshof keine sachliche Rechtfertigung zu erkennen.

(Anlaßfälle B634/91 ua, E v 24.06.93, Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenpolizei, Fahrverbot, Weisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:V2.1993

Dokumentnummer

JFR_10069376_93V00002_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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