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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art10 Abs1 Z6Leitsatz
Keine schrankenlose Ermächtigung des Bundesverfassungsgesetzgebers an den einfachen Bundesgesetzgeber zur Erlassung näherer Bestimmungen zur Amtshaftung; kein Widerspruch der durch die Wertgrenzen-Nov zusätzlich begründeten Haftung zur ungeteilten Hand desjenigen Rechtsträgers, als dessen Organ die handelnde Person gewählt, ernannt oder bestellt wurde, zum verfassungsrechtlichen Prinzip der Amtshaftung jenes Rechtsträgers, für den das Organ handelte; zusätzliche Haftung ausschließlich im Interesse des GeschädigtenRechtssatz
Den Anträgen auf Aufhebung des §1 Abs3 AHG, BGBl 20/1949 idF der Erweiterten Wertgrenzen-Nov 1989, BGBl 343, wird keine Folge gegeben.
Keine schrankenlose Ermächtigung zur Erlassung näherer Bestimmungen zur Amtshaftung.
Amtshaftung kein Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z6 B-VG ("Zivilrechtswesen").
Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß Art23 Abs1 B-VG die Haftung jenes Rechtsträgers für rechtswidrig schuldhaftes Verhalten der als seine Organe in Vollziehung der Gesetze handelnden Personen verfassungsrechtlich verbindlich anordnet, in dessen Vollzugsbereich die Organe tätig waren, gleichgültig, ob die als Organe handelnden Personen auch von jenem Rechtsträger zum Organ bestellt wurden oder nicht.
Eine gesetzliche Regelung, welche eine Amtshaftung eines Rechtsträgers für die in seinem Vollzugsbereich von welchem Organ auch immer gesetzten rechtswidrig schuldhaften Verhaltensweisen ausschließt, würde dem Art23 Abs1 B-VG widersprechen und wäre daher verfassungswidrig.
Mit der durch §1 Abs3 AHG idF der Wertgrenzen-Nov 1989 neben der Haftung des Rechtsträgers, dessen Vollzugsbereich im Sinne des Art23 Abs1 B-VG sowie des §1 Abs1 AHG betroffen ist, zusätzlich begründeten Haftung "zur ungeteilten Hand" desjenigen Rechtsträgers, "als dessen Organ die handelnde Person gewählt, ernannt oder sonstwie bestellt worden ist", wird gleichwohl Art23 Abs1 B-VG nicht verletzt.
Der Gesetzgeber trug mit der Haftung zur ungeteilten Hand desjenigen Rechtsträgers, als dessen Organ die den Amtshaftungsanspruch verursachende Person bestellt wurde, ausschließlich dem Interesse des Geschädigten Rechnung, für den es schwierig sein mag, den funktionell zuständigen Rechtsträger zu erkennen, und berücksichtigte mit diesem Regreßrecht im Rahmen des Amtshaftungsrechtes gleichwohl das - im Verhältnis der Gebietskörperschaften für die Wahrung ihrer Zuständigkeiten sowie der daraus fließenden Kostentragungspflichten untereinander bedeutsame - verfassungsrechtliche Gebot des Art23 Abs1 B-VG hinlänglich: Gemäß Art23 Abs1 B-VG hat letztlich der Rechtsträger den Schaden zu tragen, zu dessen Vollzugsbereich das Verhalten eines Organs von Rechts wegen zählt, also der Rechtsträger, der jenes Verhalten im Wege der Weisung zu beeinflussen vermag und der deshalb auch dafür und den daraus entstehenden Schaden einzustehen hat.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Amtshaftung, Ausführungsbestimmungen (Grundrechte), Kompetenz Bund - Länder Zivilrechtswesen, Haftung, SchadenersatzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:G191.1992Dokumentnummer
JFR_10069376_92G00191_01